Teil 3

Opposition schafft Veränderung -
vor der Berliner Wahl 1999

Obwohl wir der Auffassung sind, daß eine gemeinsamhandelnde demokratisch-linke Opposition in der gesamten Bundesrepublik notwendig wäre, sind wir realistisch genug, uns zunächst auf das Einmischen in die Berliner Politik zubeschränken. Die Gründe für diese Selbstbeschränkung bedarf angesichts unserer noch kleinen Mitgliederzahl keiner näheren Erläuterung; zugleich ist dieser Umstand nicht nur von Nachteil. Berlin ist und bleibt sicher auf lange Sicht das Brennglas für gesellschaftliche Veränderungen im wieder zusammengenagelten Deutschland. Nirgendwo sonst in diesem Land ist die reaktionäre Spaltung in Ost und West so deutlich zu spüren, nirgendwo sonst mischen sich neudeutscher Größenwahn der politischen Klasse somit tiefster Provinzialität, ideologischer Reaktion, banalstem Korruptions- und Parteienfilz und struktureller Demokratieunfähigkeit. Dieser Krebsschaden Berliner Politik hat über Jahre hinweg rechnerisch mögliche politische Alternativen zur Großen Koalition ebenso verhindert, wie er sie von Anfang an personell und inhaltlich unglaubwürdig erscheinen ließ.

Wie aktuelle Umfragen immer wieder zeigen, sieht das eine wachsende Anzahl von BerlinerInnen ebenso. Fast die Hälfte der EinwohnerInnen der Stadt traut keiner der existierenden Parteien eine Lösung der anstehenden Probleme zu. Die in zwei Wahlperioden von einer Großen Koalition forcierte Entwicklung Berlins zu einer Dienstleistungsmetropole folgt einem Stadtentwicklungsmodell, das vor zwanzig Jahren aufgehört hat, als zeitgemäß zu gelten. Die sozialen, ökologischen und stadtstrukturellen Auswirkungen der als "Sparpolitik" getarnten neoliberalen Ausverkaufspolitik haben längst bleibende Schäden für die Zukunftsfähigkeit der Stadt und ihre Bewohnbarkeit verursacht. Die Alternative einer Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen - mit oder ohne PDS - entlarvt sich leider für alle diejenigen als Farce, die sich heute die Politik der meisten VertreterInnen dieser Parteien in den Bezirksverordnetenversammlungen und in den Bezirksverwaltungen anschauen. Wir können aus eigener Kenntnis nicht an einen Reformaufbruch mit diesen PolitikerInnen glauben, wie wir generell davon ausgehen, daß jede Regierung in dieser Stadt unter den gegebenen Rahmenbedingungen Druck von links braucht.

Wir glauben, daß der Kampf für die humane Demokratie außerparlamentarisch wie auch parlamentarisch geführt werden muß. Die DL wurde als Partei gegründet in der Erkenntnis, daß das Angebot der bestehenden Parteien nicht ausreicht, um linke Politik in der parlamentarischen Demokratie kompetent undglaubwürdig zu verwirklichen.

Aufgaben des Staates (einschließlich der Kommunen)

Im demokratisch strukturierten Staat verwirklicht sich das Prinzip von der demokratischen Entscheidung einerseits über öffentliche Aufgaben und andererseits über die öffentliche Kontrolle aller Angelegenheiten von öffentlichem Interesse. Darüber hinaus soll der Staat:
- das Recht aller auf Beteiligung an Einkommen und Erwerbsarbeit materiell sichern,
- nicht ausreichend marktfähige Leistungen pflegen und fördern (insbesondere Kunst, Kultur und Wissenschaft),
- für sozialen Ausgleich sorgen,
- Gemeinschaften und Individuen übergangsweise dabei helfen, existenzbedrohende Krisen zu bewältigen.,
- Individuen, die nicht für sich selbst sorgen können, eine würdige Existenzgrundlage geben.
Der Staat soll im Dienste aller BürgerInnen effizient arbeiten. Wir sind entschiedene Gegner von Bürokratismus, der sich selbst dient, die BürgerInnen in ihrer freien Entfaltung behindert und in parasitärer Funktion Ressourcen verschlingt. Eine "Verschlankung" des Staates im Sinne eines Rückzugs auf seine "Kernaufgaben" lehnen wir aber ab. Den Staat auf ein hochprivilegiertes Repressionsinstrument zur Absicherung der besonderen Interessen der wirtschaftlich Starken zu reduzieren, ist ein reaktionäres Konzept, das mit unserem Staatsverständnis nicht vereinbar ist.
Wettbewerb fördert effiziente Aufgabenerfüllung, setzt aber nicht notwendig "Privatisierung" voraus. Ob Aufgaben von öffentlichem Interesse in staatlicher, halbstaatlicher oder privater Organisations-/Eigentumsform erfüllt werden, ist keine Glaubensfrage sondern eine Frage:
- der betriebswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit im konkreten Einzelfall,
- der Verwirklichungserfordernisse politischer Zielsetzungen,
- der erwünschten Einheitlichkeit der Durchführung bzw. Vielfalt des Angebots sowie
- der Erfordernisse und Möglichkeiten öffentlicher Gestaltung und Kontrolle.
In Berlin lehnen wir u.a. ab:
* die Privatisierung der städtischen Eigenbetriebe und Anstaltendes öffentlichen Rechts und den Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften.
Besonders die Änderung von öffentlichen in private Rechtsformen- mit öffentlichem Eigentum bzw. in Mischform mit privater Beteiligung - führt zur Bildung von "Schattenhaushalten" außerhalb parlamentarischer Kontrolle und zur Förderung von Filz und Korruption.

Weiter mit Teil 4
In Berlin fordern wir....
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