31.05.2005

CASTOR-Transport
Rossendorf-Ahaus

Illegale Umleitung

Trotz erheblicher Verspätung des ersten CASTOR-Transports wurde in den Mainstream-Medien - wenn überhaupt - gemeldet, der Transport sei "nahezu störungsfrei" erfolgt. Tatsächlich hatten sich die "Verantwortlichen" gezwungen gesehen, den strahlenden Müll über eine nicht genehmigte Strecke umzuleiten. Ein massenhaftes Polizeiaufgebot hatte den Konvoi begleitet.

Auch die "links-alternative" 'taz' tat sich wieder einmal damit hervor, in ihrem "Bericht" den Widerstand klein zu schreiben: Der Protest war "eben nicht erwähnenswert". Zugleich wird schulmeisterhaft versucht, der Anti-Atom-Bewegung nahe zu legen, sie solle doch endlich den "Atom-Ausstieg" als Erfolg feiern. Doch nach wie vor zieht diese unbeeindruckt von solcher "rot-grünen" Propaganda eine negative Bilanz der letzten sieben Jahre. Nick Reimer wedelt in seinem 'taz'-Bericht mit der schwarzen Kanzler-Kandidatin Merkel und droht mit dem "Verlust selbst jener Erfolge, die die Bewegung als realpolitisch zu klein kritisiert." Der Wahlkampf mit Blick auf die Bundestagswahl, die um ein Jahr auf den Herbst 2005 vorgezogen werden soll, hat offenbar bereits begonnen.

Ebenfalls nahezu durchgängig unterschlagen wird die Information, daß der CASTOR-Transport auf der illegalen Ersatzstrecke durch Wohngebiete fuhr. So leiteten ihn die "Verantwortlichen" unter Nichtbeachtung der offiziellen Genehmigung und entgegen den Zusagen an die Bevölkerung unmittelbar durch die Ortschaft Heek. Auf diese Gefahr hatte eine Bürgerinitiative bereits im Februar hingewiesen. Die Benutzung dieser Strecken-Variante wurde von den "Verantwortlichen" noch vor weniger als drei Monaten dementiert.

Ebenfalls weitgehend unterschlagen wurden Meldungen, wonach Undichtigkeiten an den CASTOR-Behältern gemessen wurden. AtomkraftgegnerInnen hatten am Sonntag auf Messungen hingewiesen, nach denen die Abstrahlung den "zulässigen" Grenzwert um das Dreifache übertraf. Das sächsische "Umwelt"-Ministerium hatte angegeben, die Strahlenbelastung sei geringer als bei einem Interkontinental-Flug. Die Fahrt der CASTOR-Container durch ein Wohngebiet wird mit Sicherheit ein juristisches Nachspiel haben.

Bereits seit dem frühen Montag Morgen wurde das Tor zum Rossendorfer Betriebsgelände mit einer Sitzblockade versperrt. Nach anfangs heiterer Stimmung wurde die Lage gegen Mittag gespannter. Die Polizei drängte oder trug die DemonstrantInnen zur Seite, immer neue AtomgegnerInnen setzten sich wieder auf die Fahrbahn. Am Montag Mittag konnte der Schwerlast-Konvoi in Rossendorf starten. Er enthielt Brennelemente aus dem dortigen stillgelegten DDR-Forschungsreaktor. Es war das erste Mal, daß ein solcher Transport ausschließlich per LkW erfolgte. Die Streckenführung des Konvois war schwer nachzuvollziehen. 'Indymedia' war zu entnehmen, daß der Konvoi im Laufe des Tages aus den Verkehrsnachrichten verschwand. Radar-Warnungen hingegen durften die Sender auch gestern durchgeben.

Um diesen Atommüll-Transport war ein langwieriges Tauziehen zwischen der sächsischen und der nordrhein-westfälischen Landesregierung veranstaltet worden. Die Regierung des "Freistaates Sachsen" wollte die Brennelemente aus Rossendorf bei Dresden ohne irgendwelche realen Sachargumenten zu benennen, wohl ausschließlich deshalb nach NRW transportieren lassen, um so die dortige - inzwischen abgewählte - "rot-grüne" Landesregierung vorführen zu können. Die Landesregierung in Düsseldorf fürchtete Negativ-Schlagzeilen und verzögerte den CASTOR-Transport Monat um Monat, indem sie einen Transport auf der Schiene forderte. Schließlich genehmigte das Bundesamt für Strahlenschutz den Transport auf LkWs - auf einen Termin nach der Wahl in NRW. Das Amt untersteht der Weisungsbefugnis von Atom-Minister Trittin.

Bis Mitte Juni sollen insgesamt 18 CASTOR-Behälter in drei Transporten nach Ahaus geschafft werden. Bei dem radioaktiven Müll handelt es sich um insgesamt 951 Brennelemente, die beim Betrieb des Zehn-Megawatt-Forschungsreaktors Rossendorf angefallen waren. Der unter DDR-Herrschaft betriebene Reaktor lief von 1957 bis 1991.

Da keine sachlichen Gründe für die Verschiebung des gefährlichen hochradioaktiven Mülls benannt werden können, müssen die völlig überflüssigen Transporte allein unter dem Aspekt politischer Machtdemonstationen gesehen werden. Die bisherige Lagerstätte, eine Halle in Rossendorf, ist moderner als das Zwischenlager in Ahaus. Offenbar soll mit diesen Transporten die weitere Verwendung des Zwischenlagers Ahaus durchgesetzt werden. Es handelt sich um den ersten Atommüll-Transport in das westfälische Zwischenlager seit 1998.

"Atommüll nach Ahaus zu schaffen, macht ihn keinen Deut ungefährlicher", sagte die Energie-Referentin von Robin Wood, Bettina Dannheim, gestern in Rossendorf. "Der Nutzen des Millionen teuren Transports fehlt. Die Risiken liegen aber auf der Hand, wenn hochradioaktiver Müll auf der Straße einmal quer durch Deutschland gefahren wird."

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Beiträge

      'CASTOR-Alarm:
      Provokative Atommüll-Verschieberei von Dresden nach Ahaus
      (23.05.05)

      'CASTOR nach Ahaus vermutlich erst im Herbst' (25.05.04)

      'CASTOR-Proteste in Dresden' (24.02.04)

Siehe auch unsere Beiträge

      'CASTOR-Behälter angeblich sicher ohne Falltests' (6.02.05)

      'sueddeutsche-online ahnungslos'
      Castor-"Information" ohne jede Sachkenntnis (4.01.05)

      'Beton-Köpfe für CASTOR-Transporte'

 

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