2.11.2016

CASTOR-Behälter vom Typ TN-85 marode?
Konstruktions-Mängel nachgewiesen

CASTOR vom Typ TN-85 - Foto: R. Groß - Creative-Commons-Lizenz Nicht-Kommerziell 3.0
In der als "Zwischen"-Lager bezeichneten Halle bei Gorleben lagern 113 CASTOR-Behälter mit hochradioaktivem Müll, darunter auch solche vom Typ TN-85. CASTOR-Behälter dieses Typs sind möglicherweise marode, da bei der Herstellung Vorgaben der französischen Nuklear-Aufsicht heimlich nicht eingehalten wurden.

Hergestellt wurden die CASTOR-Behälter vom Typ TN-85 in der Areva-Schmiede Creusot Forge. Diese löste bereits im April 2015 einen Skandal aus, da Materialmängel am eben erst eingebauten Reaktordruckbehälter beim AKW-Neubau-Projekt Flamanville festgestellt wurden. In der Folge kam zutage, daß Creusot Forge nicht nur Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung von Reaktordruckbehältern nachgewiesen werden konnten, sondern daß auch Sicherheits-Zertifikate über die Materialeigenschaften gefälscht worden waren (Siehe unsere Artikel v. 8.04.15 und v. 18.10.16). Im April 2016 wurde zudem an einem Atommüll-Behälter im "Zwischen"-Lager Gorleben Rost entdeckt (Siehe unseren Artikel v. 1.04.16).

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg hat nun die Frage aufgeworfen, ob damit gerechnet werden muß, daß CASTOR-Behälter der französischen Baureihe TN-85, bei denen Mängel festgestellt wurden, nicht mehr aus Gorleben abtransportiert werden können. Denn wenn diese CASTOR-Behälter die erforderlichen Eigenschaften nicht aufweisen, kann die für einen Transport nötige verkehrsrechtliche Genehmigung nicht erteilt werden.

Das niedersächsische "Umwelt"- und Atom-Ministerium (NMU) versuchte nun diese Bedenken zu zerstreuen. Dr.-Ing. Jörg Markhöfer vom NMU erklärte: "Die im TBL Gorleben eingelagerten Behälter der Bauart TN 85 verfügen – nach wie vor – über eine verkehrsrechtliche Zulassung. Bei diesen Behältern wurden nach Mitteilung der BAM Dokumentationsmängel im nicht sicherheitsrelevanten Bereich zur Fertigung festgestellt." Die Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) sei mit dem Vorgang befaßt und nach Abschluß der Prüfungen würde die Öffentlichkeit informiert. Markhöfer betonte: "Für die im TBL Gorleben eingelagerten Behälter der Bauart TN-85 gibt es aus atomrechtlicher Sicht nach aktuellem Kenntnisstand keine Beeinträchtigung der Schutzziele und auch der Abtransport dieser Behälter könnte erfolgen."

Mittlerweile ist bekannt geworden, daß es bei mindestens 400 Bauteilen und einer unbekannten Zahl von CASTOR-Behältern, die seit 1965 in der Schmiede Creusot Forge hergestellt und zum Teil während der vergangenen 50 Jahre in Atomkraftwerken weltweit verbaut wurden, Unregelmäßigkeiten bei der Fertigungskontrolle gegeben hat. CASTOR-Behälter vom Typ TN-85 aus der Produktion von Creusot Forge wurden für den Transport von Atommüll in Glaskokillen aus der französischen Plutonium-Fabrik ("Wiederaufarbeitungsanlage") La Hague nach Gorleben verwendet. Dort könnten die Bodenplatten oder Behälterkörper von neun solcher Behälter betroffen sein, hieß es.

Unklar ist bis heute, ob es sich lediglich um Dokumentationsfehler bei Creusot Forge oder um schwerwiegende Produktionsmängel handelt. In jedem der 16 "Zwischen"-Lager in Deutschland kann es zu erheblichen Problemen kommen, wenn die CASTOR-Behälter undicht werden. Laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wird für die heutigen CASTOR-Behälter eine Mindesthaltbarkeit von nur 40 Jahren garantiert. Diese Angabe ist angesichts von CASTOR-Behältern, die sich wegen Gasbildung aufblähten und wegen aufgeplatzten Deckel-Dichtungen wenig glaubwürdig. Und bekanntlich ist eine Reparatur von CASTOR-Behältern oder gar ein Umfüllen des hochradioaktiven Inventars in neue CASTOR-Behälter in den meisten "Zwischen"-Lagern nicht möglich. Nur wenige der "Zwischen"-Lager verfügen über eine sogenannte Heiße Zelle. Im Falle der "Zwischen"-Lagers Gorleben kommt die sogenannte Pilot-Konditionierungsanlage (PKA) ins Spiel, die für ein Ent- und Beladen defekter Behälter gedacht ist.

Aus der öffentlichen Bekundung des niedersächsischen "Umwelt"- und Atom-Ministeriums zur Problematik der zu befürchtenden Materialmängel an den TN-85-CASTORen geht nicht hervor, ob bislang überhaupt Untersuchungen von deutscher Seite vorgenommen wurden oder ob diese Bekundung allein auf Aussagen von französischer Seite beruht. Die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg fordert, daß unabhängige ExpertInnen die aus Frankreich mitgelieferte Dokumentation zu den fraglichen Behältern einsehen dürfen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Seehofer gibt nach:
      CASTOR ins bayerische "Zwischenlager" (8.12.15)

      Finnisches "Endlager"-Projekt Onkalo
      von Regierung genehmigt (13.11.15)

      Explosionen in Atommüll-Deponie
      im US-Staat Nevada (26.10.15)

      Wendland steht zusammen
      Kotting-Uhl erlebt Fiasko als "Botschafterin" (1.10.15)

      Atommüll-Konferenz contra
      "simulierte Bürgerbeteiligung" (21.06.15)

      Menschenkette im lothringischen Bure
      Protest gegen Atommüll-Endlager-Projekt (8.06.15)

      Auch RWE will sich aufspalten
      Steuergelder fürs Atommüll-Desaster (7.05.15)

      Atommüll-Desaster
      Gericht erklärt Lager in Brunsbüttel
      für illegal (16.01.15)

      Doppelt so viel Atommüll wie veranschlagt
      Deutschland sitzt auf einer Zeitbombe (19.11.14)

      Kein Feigenblatt
      für Atommüll-Endlager-Kommission
      Verbände lehnen Anhörung ab (29.10.14)

      Atommüll-Endlager-Kommission steht
      Schlag gegen die Anti-AKW-Bewegung (19.05.14)

      BUND fällt um
      Teilnahme an Atommüll-Endlager-Kommission (13.04.14)

      Asse II darf absaufen
      Hendricks outet sich als Atom-Ministerin
      in der Nachfolge von Franz Josef Strauß (4.03.14)

      CASTOR-Transport nicht nach Gorleben?
      Zielbestimmung für Atommüll bis Ostern (15.02.14)

      "Das geht gar nicht"?
      Eine Antwort auf Kotting-Uhls "Einladung" (4.02.14)

      Radioakives Material aus Fukushima
      in Ukraine (3.01.14)

      Blockade gegen Uran-Transport
      Landgericht: "Eichhörnchen" darf weiter klettern (4.11.13)

      Greenpeace, BUND und Robin Wood nehmen
      an Endlager-Kommission nicht teil (19.08.13)

      China stoppt Bau einer
      Urananreicherungsanlage in Guangdong (14.07.13)

      Gericht verwirft Genehmigung
      für Zwischenlager am AKW Brunsbüttel
      Endlager-Such-Gesetz obsolet
      Stop aller 9 Atom-Reaktoren in Deutschland? (19.06.13)

      "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" einigt sich
      auf Endlager-Such-Gesetz
      Ziel bleibt Gorleben (14.06.13)

      Hamburg: Katastrophe nur
      knapp abgewendet (16.05.13)

      Niedersachsen - "Rot-Grün" bricht
      Wahlversprechen zu Gorleben (25.03.13)

      Juristischer Kampf
      um CASTOR-Prostest 2010
      Erfolg für Atomkraft-GegnerInnen vor Gericht (19.02.13)

      "Rot-Grün" in Niedersachsen
      Ist das "Nein" zu Gorleben glaubwürdig? (8.02.13)

      Atommüll-Zug in Südfrankreich entgleist
      Bestimmungsort ist möglicherweise Deutschland (22.01.13)

      "Schwarz-Gelb" schafft Grundlage für Atommüll-Export
      AtomkraftgegnerInnen kritisieren Dammbruch (4.01.13)

      Greenpeace protestiert auf der Weser
      gegen Plutonium-Transport (24.09.12)

      Gorleben: Atomarer Irrweg wird fortgesetzt
      Weitere CASTOR-Transporte angekündigt (7.06.12)

      Zu wenig CASTOR-Behälter?
      Dumme Ausreden gegen Energie-Wende (14.02.12)

      CASTOR am Sonntag
      Blockaden dehnen die Transport-Dauer
      auf über 107 Stunden (27.11.11)

      CASTOR am Samstag
      23.000 bei Demo in Dannenberg
      Über 3000 bei Schienenblockade in Harlingen (26.11.11)

      CASTOR am Freitag
      Südblockade
      und Polizeiübergriffe im Wendland (25.11.11)

      CASTOR am Donnerstag
      Der Zug steht - Kretschmann redet (24.11.11)

      CASTOR in Frankreich gestartet
      Abfahrt durch Blockaden erheblich verzögert (23.11.11)

      Schulen geschlossen und Straßen gesperrt
      Französische Behörden
      und der CASTOR-Protest (22.11.11)

      Genehmigung für CASTOR-Transport
      trotz Strahlen-Skandal (31.10.11)

      Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen
      fordern Absage
      des CASTOR-Transports nach Gorleben (17.10.11)

      CASTOR 2011
      Auftakt-Kundgebung in Dannenberg (29.07.11)

      Atommüll-Endlager in Deutschland?
      EU macht Druck (20.07.11)

      13. CASTOR nach Gorleben
      angekündigt (3.06.11)

      Protest gegen CASTOR-Transport
      Karlsruhe - Lubmin (10.02.11)

      CASTOR-Transport Mitte Februar
      "Atomsuppe" soll nach Lubmin (6.01.11)

      Atommüll-Frachter in Seenot
      nach Rußland-Fahrt (20.12.10)

      Greifswald-CASTOR rollt
      (14.12.10)

      Termin-Änderung: CASTOR nach Lubmin
      auf Mitte Dezember vorgezogen (17.11.10)

      Strahlende Weihnachten:
      CASTOR soll nach Lubmin rollen (12.11.10)

      50.000 in Dannenberg
      Auftakt zum CASTOR-Protest im Wendland (7.11.10)

      Aufruf von KünstlerInnen
      zum CASTOR-Protest ab 6. November
      Günter Grass, Petra Oelker, Bela B. und Charlotte Roche:
      "Kommt ins Wendland!" (29.10.10)

      Gorleben-CASTOR vermutlich ab 5. November
      Auftakt-Demo terminiert (16.09.10)

      Weiterer Erfolg des Gorleben-Widerstands:
      Verwaltungsgericht Lüneburg stoppt Datensammlung (4.09.10)

      CASTOR-GegnerInnen siegen
      vor Bundesverfassungsgericht (26.08.10)

      CASTOR im November
      Erste Vorbereitungen (20.07.10)

      Unsinniger CASTOR-Transport
      von Hamburg nach Südfrankreich (15.06.10)

      CASTOR nach Gorleben genehmigt
      Widerstand angekündigt (3.05.10)

      Protest gegen Atommüll-Transport nach Rußland
      Greenpeace-Aktion in der Nordsee (10.04.10)

      Atomenergie ist sicher?
      Autobahnpolizei stoppt Horror-Transport (11.03.10)

      Atommüll-Transporte
      Glaskokillen nicht stabil (5.02.10)

      Unfall in der UAA Gronau
      Arbeiter radioaktiv verstrahlt (23.01.10)

      CASTOR-Transporte ins Zwischenlager Ahaus
      Der Weg zum illegalen Endlager (14.11.09)

      Uran-Transport von "Eichhörnchen" gestoppt
      Bedeutung der Urananreicherungs-Anlage Gronau
      ins Blickfeld gerückt (29.04.09)

      Nach dem Wahljahr 2009:
      Im Jahr 2010 drei CASTOR-Transporte
      durch Deutschland? (15.04.09)

      Nachtrag zum Gorleben-CASTOR:
      Amt mußte Strahlenmeßgeräte leihen (17.02.09)

      Nachtrag zum Gorleben-CASTOR
      Strahlenrisiko beim Atommülltransport fahrlässig erhöht (27.11.08)

      2009 kein CASTOR nach Gorleben?
      Neue CASTOR-Behälter für radioaktiven Müll ohne Genehmigung
      (29.04.08)

      21.000 Tonnen Yellow Cake nach Sibirien
      ZDF: 3 Tote bei Atom-Unfällen (12.06.07)

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Folge 12 der Info-Serie Atomenergie

 

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