4.01.2008

Endlager-Pläne in Ton
zerbröseln

Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)

Der Geologieprofessor an der Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich, Simon Löw, und eine Doktorandin haben untersucht, wie sich der Opalinuston, in dem die Schweizer Nuklear-Industrie ihre radioaktiven Abfälle lagern will, verhält, wenn man darin gräbt. Bei der Schweizer Behörde für die Endlagerung radioaktiven Mülls (NAGRA) wurde nun das Prinzip Technikglauben durch das Prinzip Hoffnung ersetzt.

Das Wissenschafts-Team der ETH fand heraus, daß Opalinuston offenbar ganz andere Eigenschaften hat, als bisher von der NAGRA angenommen wurde. Unter bestimmten Bedingungen, die bei der Einlagerung radioaktiver und stark Wärme abstrahlender Stoffe angenommen werden müssen, bilden sich im Opalinuston beträchtliche Risse. Dies wurde bereits im November-Heft des Hochschulmagazins 'ETH Globe' berichtet.

Opalinuston ist unter allen bislang untersuchten Endlager-Alternativen die einzige, die beim Auswahl-Verfahren in der Schweiz übrig blieb. Das nun beschriebene Verhalten des Tons ist weder durch die bisherigen Untersuchungen der NAGRA aufgedeckt, noch durch Modellrechnungen vorhergesehen worden. Der sicherlich nicht neutrale Geologieprofessor, der von HSK1 bei den Untersuchungen finanziert wurde, erklärte: "Wir haben nun gesehen, daß die Sache viel komplizierter ist." Und: "Das Gebirge hat auf den Stollenausbruch reagiert, und zwar nicht so, wie man das anhand der bisherigen Modelle hätte erwarten können."

Politisch brisant sind die geologischen Erkenntnisse allemal, da hiervon die Schweizer Endlager-Pläne im kleinen Ort Benken an der deutsch-schweizer Grenze betroffen sind. Noch vor Jahren verfolgte Pläne, den für Millionen Jahre strahlenden Müll in Granit einzulagern, mußten bereits wegen des nachweislich ungeeigneten Materials aufgegeben werden. Auch die französische Nuklear-Industrie setzt auf ein Endlager in einer rund 500 Meter unter der Erdoberfläche befindlichen Schicht Opalinuston. Auserkoren wurde ein Standort in Bure, einem kleinen Ort in Lothringen.2

Sowohl in Benken als auch in Bure wehren sich Bürgerinitiativen gegen die Endlagerpläne. Die von unabhängigen WissenschaftlerInnen schon bislang vorgebrachten Argumente gegen die Eignung von Opalinuston als Trägermedium eines radioaktiven Endlagers erfahren durch die aktuellen Untersuchungsergebnisse eine unerwartete Aufwertung. Die Zweifel, ob sich Benken und Bure als atomare Endlager eignen, werden sicherlich weiter verstärken.

Hans Wanner von der HSK glaubt dagegen nicht, daß die Forschungsergebnisse des ETH-Teams die Eignung von Opalinuston für ein atomares Endlager in Frage stellt. Daß es "Auflockerungen" gebe, sei bekannt gewesen. Es gebe die Hoffnung, daß der Opalinuston über "Selbstheilungskräfte" verfügt und sich Risse nach und nach wieder schließen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 HSK
Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen
im Bundesamt für Energie (Schweizer Atomaufsichtsbehörde)

2 Siehe auch unsere Artikel:

      Festival der Endlager-GegnerInnen in Bure (31.07.06)

      Benken: Schweizer Kirchenvertreter
      kritisieren geplantes Endlager für Atommüll (26.10.05)

      Schweiz: Alternativen zum Atom-Endlager Benken? (29.09.04)

      Atomares Endlager Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)

      Öko-Institut schadet Schweizer Atomkraft-GegnerInnen (3.02.04)

      ItalienerInnen erfolgreich - kein Endlager weltweit (2.12.03)

      AK End
      Nichts anderes als eine weitere Propaganda-Kommission (17.11.02)

      Die Schweiz zwischen Atom und "direkter Demokratie" (10.03.01)

      Atomare Endlagerpläne bei Schaffhausen (CH) (22.01.01)

      Hier strahlt die Schweiz:
      Atomklo Hochrhein

Siehe auch die aktuelle Folge aus unserer Info-Serie zum Thema

      Atomenergie in Frankreich

 

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