1.04.2009

Greenpeace
in Frankreich bespitzelt

Kam der Auftrag von EdF?

Das französische Greenpeace-Büro ist offenbar systematisch ausspioniert worden. Gegen zwei hochrangige Mitarbeiter des französischen Energie-Konzerns und AKW-Betreibers EdF ('Électricité de France) ermittelt die Staatsanwaltschaft in Paris. Ihnen wird vorgeworfen, illegal in Greenpeace-Computer eingedrungen zu sein und Daten ausspioniert zu haben.

Büroräume des Konzerns wurden bereits von der Staatsanwaltschaft durchsucht, bestätigte EdF gegenüber der Nachrichtenagentur afp. Das genaue Ausmaß der Spionage-Aktivitäten ist noch unklar. Es zeichnet sich laut Medienberichten ab, daß EdF im Rahmen ihrer Sicherheitsstrategien eine private Agentur damit beauftragt hatte.

"Wir sind bestürzt darüber, daß Greenpeace in Frankreich offenbar systematisch bespitzelt worden ist", sagt Thomas Breuer, Leiter des Energiebereichs von Greenpeace in Deutschland. Der Atomstrom-Konzern EdF versuche anscheinend, über illegale Methoden seine schärfsten Gegner auszuschalten. Damit trete der Konzern nicht nur Greenpeace, sondern auch demokratische Grundwerte mit Füßen.

Die Spionage-Aktivitäten waren offenbar nur durch einen Zufall aufgeflogen. Die Wochenzeitung 'Le Canard Enchaîné', die in Frankreich für investigativen Journalismus steht, war im Zusammenhang mit der Computer-Spionage beim nationalen Antidopingzentrum darauf gestoßen, daß es noch weitere Opfer der professioneller Schnüffler gab: Auch die Computer von Yannick Jadot seien von Unbekannten ausspioniert worden. Jadot war bis September 2008 sieben Jahre lang Kampagnenleiter bei Greenpeace Frankreich. Am 2. April soll Jadot seine Aussage vor Gericht zu Protokoll geben.

Der vom ehemaligen 'Le-Monde'-Chef Edwy Plenel gegründete Internet-Informationsdienst Médiapart fand heraus, daß gegen zwei Verantwortliche für Sicherheitsfragen bei EdF wegen Eindringens in Datensysteme ermittelt wird. Bereits im Februar seien deswegen auch Büros am Geschäftssitz von EdF durchsucht worden. Als Hacker soll der Konzern laut Médiapart eine auf Beschaffung von Firmenangaben und Risikoeinschätzung spezialisierte Firma namens Kargus Consulting engagiert haben. Diese weist jedoch die Vorwürfe zurück und belastet einen ihrer Angestellten, einen Informatikspezialisten, der angeblich "weiter gegangen ist, als dies vereinbart war". Der betreffende Angestellte ist bisher der einzige unter den Beschuldigten und Verdächtigten, der die Vorwürfe nicht rundweg abstreitet.

Seit Jahren arbeitet Greenpeace gegen das EdF-Vorhaben, in Flamanville (Nordfrankreich) ein neues Atomkraftwerk zu bauen. Es wäre das erste seit 18 Jahren. Die Risiken der Atomkraft, seien auch bei der Realisierung eines Atomkraftwerks vom Typ EPR nicht verantwortbar. Immer noch seien die radioaktiven Verseuchungen durch Störfälle und durch die Plutoniumfabrik von La Hague aktuell.

Einen Beleg für die Risiken des neuen EPR-Atommeilers fanden die UmweltschützerInnen bei den Betreibern selbst: 2006 deckte Greenpeace auf, daß nach einem geheimen EdF-Bericht das geplante AKW dem Terror-Angriff mit einem Flugzeug nach dem Vorbild des 11. September 2001 nicht standhalten könne.

"Statt sich demokratisch mit den Argumenten ihrer KritikerInnen wie Greenpeace auseinanderzusetzen, zieht EdF offenbar Stasi-Methoden vor", so Breuer. Es sei erschreckend, daß in unserer Industriegesellschaft Großkonzerne es offensichtlich zunehmend für normal halten, ihre Mitarbeiter und zivilgesellschaftliche Organisationen auszuspionieren. Dem müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Frankreichs "Umwelt"-Minister Jean-Louis Borloo äußerte am Mittwoch mit besorgter Miene gegenüber dem im Sender France-Info: "Wenn die Anschuldigungen stimmen sollten, in was für einer Welt leben wir dann?" Vielleicht erinnert er sich nicht daran, daß die französische Regierung nachweislich den Tod eines Menschen verursacht hatte, als deren Geheimdienst 1985 das Greenpeace-Schiff 'Rainbow Warrior' im neuseeländischen Hafen Auckland bei einem Sprengstoffanschlag versenkte. Greenpeace hatte sich damals bei der französische Regierung unbeliebt gemacht, weil die Umwelt-Organisation hartnäckig gegen die französischen Atombomben-Versuche im Pazifik und insbesondere auf Moruroa protestierte.*

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

* Siehe auch unsere Artikel:

      Frankreichs Verbrechen auf Moruroa
      188 Atom-Bomben und die Folgen (12.03.09)

      Der Anschlag auf Greenpeace
      Französischer Geheimdienst tötete 1985 einen Menschen
      beim Versenken der 'Rainbow Warrior'

 

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