30.05.2014

Radioaktiver Müll in Schweizer Wohngebiet
Behörde schwieg 18 Monate lang

Radioaktivität in ehemaliger Mülldeponie von Biel
In der Schweizer Stadt Biel wurden in einer ehemaligen Mülldeponie Radium-Rückstände mit hoher Strahlung gefunden. Die Stadt und das Bundesamt für Gesundheit wußten seit 18 Monaten Bescheid, verheimlichten den Fund jedoch gegenüber der Öffentlichkeit.

Am 9. November 2012 wurde durch Zufall entdeckt, daß die ehemaligen Mülldeponie mitten in der Stadt Biel das radioaktive Element Radium enthält. Bis heute haben die lokale Behörden sowie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Fund geheim gehalten, obwohl Werte von zwei Millionen Becquerel pro Kilogramm gemessen wurden. Die extrem hohe Konzentration des Isotops Radium-226 von durchschnittlich 500.000 Becquerel pro Kilogramm und zugleich eine gemessene Strahlungsintensität von 300 MikroSievert pro Stunde geht vermutlich auf Restbestände von Radium-Pulver aus der Uhren-Industrie zurück, die das radioaktive Material in Leuchtfarben für Ziffernblätter verwendet hatte. Zum Vergleich: In radioaktiv belasteten Gebieten um Fukushima wie etwa der Stadt wurden 2012 Werte von bis zu fünf MikroSievert pro Stunde und an Hotspots bis zu 13 MikroSievert pro Stunde gemessen.

Die Schweizer Stadt Biel, rund 20 Kilometer nordwestlich von Bern, ist mit gut 50.000 EinwohnerInnen die zehntgrößte Schweizer Stadt und noch heute Zentrum der Uhren-Industrie (Swatch, Rolex). Radium wurde noch bis in die 1960er-Jahre in Leuchtfarbe für Zeiger und Ziffernblätter eingesetzt, damit die Uhrzeit auch im Dunklen abgelesen werden konnte. Erst 1963 wurde diese Praxis in der Schweiz wegen der nicht mehr zu leugnenden Gesundheits-Gefahren verboten.

Die Fläche der ehemaligen Mülldeponie im Gewann Brüggmoos entspricht rund 20 Fußballfeldern. Schon vor Ende des Zweiten Weltkriegs war die Deponie geschlossen worden. Bedenkenlos ließen die Stadtoberen dort Schrebergärten anlegen. Die AnwohnerInnen pflanzten jahrzehntelang Gemüse an - nur rund 30 Zentimeter über dem Deponiekörper. Ein Teil der Deponiefläche ist heute mit Häusern bebaut.

Im Jahr 2008 mußten die Schrebergärten wegen des Baus der Autobahnumfahrung A 5 aufgegeben werden. Erdaushub wurde von der Baustelle unter anderem zur Deponie Teuftal bei Frauenkappelen gefahren. Im Gegensatz zu vielen anderen Deponien in der Schweiz ist die Pforte dieser Deponie mit einem Geigerzähler ausgestattet - und so fiel die radioaktive Ladung auf, als der Geigerzähler am 9. November 2012 Alarm auslöste.

Es begannen hektische Untersuchungen. Zwischen November 2012 und Januar 2013 ruhten auf Weisung des Kantons Bern die Arbeiten auf der Baustelle in Biel. Die Behörde für Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wurde aktiv. Ein Plan für die Unterbringung der restlichen 20.000 Kubikmeter Erdaushub mußte erstellt werden. Auch unter den Bauarbeiter sprach sich der Fund von Radioaktivität herum, denn einige waren mit Dosimetern ausgestattet worden. Schicht für Schicht mußte nun der freigelegte Deponiekörper bis in eine Tiefe von fünf Metern abgetragen werden. In über 12 Monaten Arbeit konnten rund 120 Kilogramm radioaktiver Müll separiert werden. Die mittel- bis stark-radioaktiven Abfälle sollen jetzt ins Schweizer "Zwischenlager" in Würenlingen transportiert werden. Schwach-radioaktives Material befindet sich nach wie vor in der Deponie Teuftal. Doch völlig ungeklärt ist bis heute, wohin das bis November 2012 abgetragene Deponie-Material im Volumen von rund 90.000 Kubikmeter gelangte. Im Verdacht stehen die drei Berner Deponien nach Lyss, Deisswil und Tavannes.

Doch obwohl eigentlich klar sein mußte, daß die radioaktive Belastung der Mülldeponie kaum auf Dauer geheim gehalten werden könnte, wurden weder die BewohnerInnen des angrenzenden Quartiers noch die früheren Schrebergarten-BesitzerInnen informiert. Auch Führungspersonal der Schweizer Pseudo-Grünen in Biel wußte Bescheid - und reihten sich unter fadenscheinigen Ausreden in das Schweigekartell ein.

 

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