13.06.2011

Berlusconi gescheitert
Italiens Atom-Ausstieg bestätigt

Italia - Energia nucleare? No Gracie Die italienischen WählerInnen haben sich in einem Anti-Atom-Referendum deutlich gegen den Wiedereinstieg Italiens in die Atomenergie ausgesprochen. Der italienische Ministerpräsident hat damit erneut eine schwere Niederlage einstecken müssen. Es bleibt daher bei dem in Italien vor zwei Jahrzehnten realisierten Atom-Ausstieg.

Nach Auszählung der Stimmen in einem Drittel der Wahllokale ergab sich am Montagabend eine klare Mehrheit von über 90 Prozent gegen die von der italienischen Regierung unter Berlusconi beschlossene "Renaissance der Atomenergie". Das noch Anfang des Monats als besonders schwer zu überwinden eingeschätzte Quorum von 50 Prozent der Wahlberechtigten wurde vermutlich bei einer Wahlbeteiligung von 57 Prozent deutlich erfüllt. Für den italienischen Ministerpräsidenten bedeutet dies eine weitere schwere Niederlage nach den Kommunalwahlen vor zwei Wochen. Ende Mai hatte Berlusconis Partei PdL bei den Kommunalwahlen die Bürgermeisterämter in mehreren wichtigen Städten verloren, darunter in Berlusconis Geburtsstadt und ehemaliger Hochburg Mailand.

Berlusconi versuchte das absehbare Ergebnis des Referendums bei einer Pressekonferenz mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu herunterzuspielen. Er kündigte ein stärkeres Engagement der italienischen Regierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien an. Dieser wurde in den vergangenen Jahrzehnten stark gebremst und so geriet das Land in eine Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten und von Stromlieferungen aus dem Ausland.

In Italien stehen bei einem Referendum meist mehrere Fragen zur Entscheidung. So durften die WählerInnen diesmal auch über ein Gesetz zur Privatisierung der Wasserversorgung und ein "Amnestiegesetz" für Berlusconi und sein Kabinett entscheiden. Auch in diesen beiden Fällen gab es allem Anschein nach deutliche Mehrheiten gegen die Gesetze, die damit gekippt sind. Berlusconi hatte auf eine geringe Wahlbeteiligung beim Referendum gesetzt und ebenso wie eine Reihe seiner Minister angekündigt, nicht abstimmen zu gehen. Vielen BürgerInnen war dabei der Widerspruch zu den ansonsten stets in Berlusconis Kommerz-Medien zu hörenden Tiraden gegen "Wahlmüdigkeit" aufgefallen.

Die hohe Wahlbeteiligung am italienischen Referendum zeigt, daß die BürgerInnen sehr wohl erkennen können, ob ihre Stimmabgabe etwas zu bewirken vermag oder nicht. Die in den Mainstream-Medien ganz Europas verbreitete Erklärung, wonach die bei Parlamentswahlen stetig zurückgehende Wahlbeteiligung ihre Ursache in "Politikverdrossenheit" habe, ist nun zumindest in Italien widerlegt. Wer allerdings vorrangig den Interessen einer Minderheit dient, wird kaum jemals zugeben, daß statt von "Politikverdrossenheit" von "Parteienverdrossenheit" die Rede sein müsste.

Im Jahr 1987 hatte ein Referendum in Italien zum Atom-Ausstieg geführt. Drei Atomkraftwerke wurden stillgelegt und ein viertes, nahezu fertiggestelltes, wurde zu einem Öl-Gas-Kraftwerk umgerüstet. In Italien war noch Anfang des Jahres 1986, vor der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl, der Bau von weiteren zehn Atomkraftwerken geplant. Der italienische Atom-Ausstieg ist außerhalb Italiens wenig bekannt, da hiervon in den Mainstream-Medien kaum einmal die Rede ist.

Obwohl der italienische Atom-Ausstieg innerhalb einer kurzen Frist durchgesetzt werden konnte, versuchte Berlusconi mehr als zehn Jahre später im Jahr 2003 in der abgelegenen Region Basilicata ein Endlager für radioaktiven Müll einzurichten. Die Bevölkerung befürchtete, Italien könne zum Importland für Atommüll werden. Erst nach heftigen Kämpfen gab die italienische Regierung die Pläne auf. Im Frühjahr 2009 jedoch machte Berlusconi erneut einen Vorstoß: Er verkündete nun gar eine "Renaissance der Atomenergie" und den Neubau von Atomkraftwerken in Italien.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Italien: Referendum über Atomenergie
      kann nun doch weitergehen (1.06.11)

      Merkels "Atom-Ausstieg"
      Täuschungsversuch wie vor 11 Jahren
      Wie Kretschmann 2002 einen
      "politischen Selbstmord" überlebte (30.05.11)

      Atom-Ausstieg in der Schweiz?
      Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)

      Anti-AKW-Referendum in Sardinien
      97,64 Prozent gegen Wiedereinführung (17.05.11)

      USA: Die Atom-Mafia steht über dem Gesetz
      Meldepflicht häufig ignoriert (1.04.11)

      AKW-Neubau?
      Die große Propaganda-Offensive (3.07.10)

      Obama verspricht
      Bau neuer Atomkraftwerke in den USA (30.01.10)

      Anti-AKW-Demo in Italien:
      "Es bleibt beim Atom-Ausstieg!" (4.11.09)

      Der italienische Atom-Ausstieg
      Info-Serie Atomenergie - Folge 9

 

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