16.01.2008

Kosten für Karlsruher "Atomsuppe"
wachsen auf 2,6 Milliarden Euro

Vorgeschmack auf das bittere Erbe der Atomenergie

Die Mainstream-Medien verstecken den sich seit Jahren zuspitzenden Skandal konsequent auf die hinteren Seiten. Im letzten Jahr noch hatte es geheißen, die Kosten würden von 1,9 auf 2,2 Milliarden Euro ansteigen.1 Der voraussichtlichen Starttermin für die heiße Betriebsphase, in der mit der Verglasung der "Atomsuppe" begonnen werden sollte, wurde auf die erste Jahreshälfte 2008 verlegt. Nun mußte das Stuttgarter Wirtschaftsministerium den Finanzbedarf zum wiederholten Male nach oben korrigieren: auf 2,6 Milliarden Euro. Grund seien weitere Verzögerungen bei den Vorbereitungen zur Verglasung.

Mit den Jahren explodieren die Kosten, die für den Rückbau der 1990 stillgelegten Test-Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe von den SteuerzahlerInnen aufgebracht werden müssen. Der 'Bund der Steuerzahler' spricht derweil von einem "Faß ohne Boden". Die Atom-Mafia handelte bereits 1991 Vertragsklauseln aus, nach denen sie mit der Zahlung eines Festbetrags von lediglich 511 Millionen Euro aus der Verantwortung entlassen wurde.

Mit der Anlage in Karlsruhe sollte seinerzeit die Technik für die geplante Wiederaufarbeitungsanlage im bayerischen Wackerdorf vorangetrieben werden. Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß war - nicht zuletzt wegen massivem Widerstand aus der Bevölkerung und selbst aus der CSU - gezwungen, den Bau der atomaren Wiederaufarbeitungsanlage aufzugeben - eines Projekts, das bereits Steuermittel in Milliardenhöhe verschlungen hatte und dessen Kosten ebenfalls explodierten.

Doch nicht nur bei der Kostensteigerung nimmt die Hinterlassenschaft des 'Kernforschungszentrums Karlsruhe' eine Spitzenposition ein - auch in der Statistik über "meldepflichtigen Ereignisse" des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) rangiert sie an erster Stelle - und das seit Jahren. Die Jahresberichte des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) verzeichnen seit Berichtsbeginn im Jahre 1999 205 "meldepflichtige Ereignisse". Im Jahr 2000 mußte gar der Diebstahl von Plutonium gemeldet werden. Und bereits nach einem Unfall am 23. März 1999, bei dem mehrere MitarbeiterInnen radioaktive Strahlung "inkorporierten", mußte festgestellt werden: Es lagen erhebliche Mängel in der Sicherheitskultur vor, daß eine Häufung menschlicher Fehler durch alle beteiligten hierarchischen Organisationsebenen nachgewiesen werden konnte.

Dennoch wurde am 28. Juli 2000 ein weiterer erschreckender Fall bekannt. Bei einer Bestandsprüfung wurde festgestellt, daß 37 unbestrahlte Brennelemente fehlten. Als Erklärung wurde angegeben, diese Brennelemente seien mehrheitlich schon zehn Jahre zuvor "versehentlich als Schrott entsorgt" worden. Mehrheitlich sollte dabei heißen: Für drei der 37 Brennelemente konnte keinerlei Erklärung für deren Verbleib beigebracht werden.

Gründe für die "Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der Verglasungsanlage" wurden vom Wirtschaftsministeriums nicht genannt. Rund 80.000 Liter strahlende und wärmeentwickelnde, radioaktive Flüssigkeit soll in Glaskokillen abgefüllt und verschweißt werden. Die nach der experimentellen Separierung von Brennstäben aus Atomkraftwerken zurückgebliebene "Atomsuppe" enthält 504 Kilogramm Uran und 16,5 Kilogramm hochgiftiges Plutonium als Einlage. Sie dümpelt hinter drei Meter dicken Stahlbetonwänden vor sich hin und muß permanent gekühlt werden, da sie sich durch radioaktive Spaltprozesse selbst erhitzt und hoch explosiv ist. Kühlung und Bewachung kosten Tag für Tag immense Summen und treiben die Kosten um so höher, je länger sich die geplante Verglasung hinauszögert. Mittlerweile traut sich "Umwelt"-Ministerin Tanja Gönner auch nicht mehr, einen Termin zu nennen, bis wann mit dem Start des "heißen Betriebs" gerechnet werden könne.

Noch 2005 war versprochen worden, daß 2014 in Karlsruhe der Status "grüne Wiese" erreicht sei. Nun heißt es, der Abriß der Gebäude könne frühesten 2023 erreicht werden. Wo der strahlende Atommüll letztlich gelagert werden könnte, ist zudem nach wie vor offen, da bislang weltweit kein Endlager für hochradioaktiven Müll gefunden werden konnte und eine solche Suche aus wissenschaftlicher Sicht zwecklos ist.2

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      Karlsruher "Atomsuppe" kostet Milliarden
      Geplante "Entsorgung" verzögert sich weiter (5.10.07)

      Kosten Atomausstieg Karlsruhe verdoppelt:
      1,9 Milliarden Euro (17.05.05)

2 Siehe hierzu unseren Artikel:

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich) (4.01.08)

 

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