27.04.2008

Artikel

Schlechtes Beispiel Ettenheim

Bürgerentscheid in jedem Fall zu Ungunsten
der erneuerbaren Energien

Seit Monaten beschäftigt der Streit für und wider ein "Biomasse- kraftwerk" die kleine badische Stadt Ettenheim. Heute findet nun ein von den GegnerInnen durchgesetzter Bürgerentscheid statt, der in jedem Fall zu Ungunsten der erneuerbaren Energie ausfallen wird.

Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die unbestreitbare Tatsache, daß nach der gültigen Rechtslage in einem als Biomassekraftwerk bezeichneten Blockheizkaftwerk auch belastete Hölzer verbrannt werden dürfen. Dies läuft dann letztlich auf Müllverbrennung hinaus. Die BefürworterInnen - vorneweg der "schwarze" Ettenheimer Bürgermeister Bruno Metz - geben zwar vor, sich vorrangig aus Gründen des Klimaschutzes für dieses Projekt einzusetzen. Ist der Bau des Kraftwerkes jedoch erst einmal durch die zuständigen Gremien genehmigt, besteht rechtlich keine Möglichkeit mehr, dem Betreiber der Anlage in Zukunft den Einsatz von Müll als Brennmaterial zu untersagen.

Die Problematik ist vergleichbar mit Blockheizkraftwerken, die mit Palmöl betrieben werden.1 Wird dieses Palmöl aus Ländern importiert, wo bei der Anlage von Palm-Plantagen Regenwald vernichtet wird, ist die Ökobilanz eindeutig negativ. Grundsätzlich sind Blockheizkraftwerke aus ökologischen Gründen zu befürworten - dies selbst dann, wenn sie mit gentechnik-freiem Raps aus Monokulturen in Deutschland oder mit Erdgas betrieben werden. Überschritten wird die Grenze eindeutig dann, wenn Brennmaterialien aus nicht kontrollierten Quellen zum Zuge kommen oder solche, die Dioxine freisetzen können.

Ettenheims Bürgermeister gibt vor, sich für Klima und Umwelt zu engagieren, doch ganz offensichtlich geht es ihm lediglich darum, für die klamme Stadtkasse einen potenten Gewerbesteuerzahler in das noch weitgehend brachliegende Gewerbegebiet zu locken. Daß in der 9.394 EinwohnerInnen zählenden Stadt Ettenheim Umwelt und Natur nur in den Worten, aber nicht in den Taten des Bürgermeisters eine Rolle spielen, konnte seit Jahren am Umgang mit den Ettenheimer Stadtbäumen beobachtet werden.

Nun geht es allerdings auch einer Mehrzahl der GegnerInnen keineswegs um die Umwelt oder die Verhinderung schädlicher Abgase. Bei den Diskussionen wird deutlich, daß ein Sankt-Florians-Denken vorherrscht, die herannahende Klimakatastrophe nicht ernst genommen wird und ein Hauptinteresse darin besteht, keinen Wertverlust der eigenen Immobilien hinzunehmen.

Eine traurige Rolle spielen zudem die lokalen Vorsitzenden der Umweltverbände NABU und BUND. Der Vorsitzende des NABU setzt sich für den Bau des "Biomassekraftwerks" ein und meint damit im Sinne des Klimaschutzes zu handeln. Er übersieht dabei geflissentlich, daß dieses Projekt sich in wenigen Jahren als Trojanisches Pferd herausstellen kann. Ein "Biomassekraftwerk", das sich letztlich als Müllverbrennungsanlage entpuppt, wird den erneuerbaren Energien einen nicht wieder gut zu machenden Image-Schaden zufügen. Der NABU-Vorsitzende will es sich offenbar mit der lokalen Prominenz nicht verderben und scheut auch nicht davor zurück, Geld vom Atomkraftwerk-Betreiber EnBW anzunehmen. Er habe in dieser Hinsicht kein "Feinbild", meint er zu seiner Rechtfertigung. Auf der anderen Seite agiert der lokale BUND-Vorsitzende nicht minder irrational. Er bot sogar einen BUND-Vertreter aus dem Bundes-AK Energie des BUND bei einer Podiumsdiskussion in Ettenheim auf. Daß der Standort Ettenheim nicht optimal für das geplante "Biomassekraftwerk" sei, war dann jedoch dessen zentrales Argument. Da verwunderte es auch nicht mehr, wenn der lokale BUND-Vorsitzende empfahl, beim heutigen Bürgerentscheid nach "Bauchgefühl" abzustimmen. Doch auch ein Sieg der GegnerInnen des Projekts wird als Sieg gegen erneuerbare Energien wahrgenommen werden. Denn überregional wird von Mainstream-Medien nur berichtet werden, daß ein "Biomassekraftwerk" verhindert worden sei.

In Ettenheim interessiert sich leider jedoch nur eine kleine Minderheit für den Schutz von Umwelt und Klima. Für eine wirkliche Alternative fand sich keine genügend große Zahl an UnterstützerInnen. Andernorts wurde vielfach beweisen, daß eine kleine Gruppe engagierter BürgerInnen Blockheizkraftwerke und Projekte zur Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien in Eigenregie auf die Beine stellen kann. Der entscheidende Punkt ist: Wer die Anlage betreibt, kann - nach gültiger Rechtslage - auch entscheiden, was verbrannt wird.

Als positives Beispiel sei hier Morbach im Hunsrück erwähnt. Die Gemeinde mit 11.000 EinwohnerInnen erzeugt so viel Strom aus erneuerbaren Ernergien, daß damit umgerechnet 13.000 Haushalte versorgt werden können. Allein die Pacht im Energiepark bringt der Gemeinde 280.000 Euro im Jahr. Bauern aus der Umgebung von Morbach liefern Energiepflanzen für eine Biogasanlage. 4000 Quadratmeter Solarzellen glänzen in der Sonne, die schrägen Unterbauten dienen als Schafställe. 14 Windräder mit einer Leistung von insgesamt knapp 30 Megawatt produzieren Strom und mit der Abwärme der Biogasanlage werden Holzpellets getrocknet. Schulklassen, KommunalpolitikerInnen und Delegationen aus den USA, der Türkei, Chile und Sri Lanka kommen nach Morbach, um von diesem Öko-Projekt zu lernen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unseren Artikel:

      Palmöl aus Malaysia?
      Der Konflikt zwischen 'Rettet den Regenwald'
      und den Stadtwerken Schwäbisch Hall (11.12.06)

Siehe auch unsere Artikel:

      Agro-Treibstoffe:
      In "Bio"-Diesel steckt Sojaöl aus Urwaldzerstörung (2.04.08)

      100 Prozent Ökostrom in 8 Jahren
      Eine realistische Perspektive für die Energiewende? (15.03.08)

      Erneuerbare Energien bei 14 Prozent
      Schlechte Aussichten für weiteres Wachstum (9.01.08)

      Volle Tanks - leere Teller - Agro-Treibstoffe verursachen
      Hunger, Vertreibung und Umweltzerstörung (29.11.07)

      Agro-Treibstoffe in Deutschland
      Ein unverantwortlicher "Bio"-Boom (15.11.07)

      Bundesregierung predigt Klimaschutz und bremst Ökostrom
      Zuwachs bei Blockheizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung
      wird weiter blockiert (24.10.07)

      Orang-Utans sterben für Agro-Treibstoffe
      Palmöl vernichtet Regenwälder (20.10.07)

      EEG und Regenwald-Vernichtung
      Import von Palmöl hat Kahlschlag zur Folge (20.10.07)

      Der große Betrug mit "Bio-Sprit"
      Agro-Treibstoffe heizen die Klimakatastrophe an (13.09.07)

      Kyoto-Protokoll und Regenwaldvernichtung (20.08.07)

      Palmöl aus Malaysia?
      Der Konflikt zwischen 'Rettet den Regenwald'
      und den Stadtwerken Schwäbisch Hall (11.12.06)

 

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