9.01.2008

Erneuerbare Energien
bei 14 Prozent

Schlechte Aussichten für weiteres Wachstum

Im Vergleich zur Atomenergie, die in Deutschland in der 1950er und 1960er Jahren mit staatlichen Subventionen hochgepäppelt wurde, kommt die Entwicklung der erneuerbaren Energien nur mühsam voran. Dies ist nicht verwunderlich, da die Atomenergie auch heute noch mit einem Vielfachen der Finanzmittel gefördert wird, die den erneuerbaren Energien zugute kommen - diese Ungleichbehandlung ist im Resultat eine politisch gewollte Wettbewerbsverzerrung, die das Wachstum der erneuerbaren Energien im Interesse von RWE, E.on, Vattenfall und EnBW bremst.

Anteil der erneuerbren Energien an der Stromproduktion 1991 - 2007

Im Jahr 2007 stieg der Anteil der erneuerbaren Energien dennoch immerhin um 21 Prozent auf 14,3 Prozent deutschen Stromproduktion. Rund 45 Prozent des Ökostroms wurden aus Windenergie gewonnen, rund ein Viertel aus Wasserkraft. Nur drei Prozent stammten aus Solarenergie, der Rest aus Biomasse, Biogas und Erdwärme.

Um allerdings einen Anteil von 14,3 Prozent an der Stromproduktion realistisch einschätzen zu können, ist es beispielsweise interessant zu wissen, daß vor 50 Jahren in Bayern rund 75 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien produziert wurden. 1975 noch 27 Prozent und im Jahr 2004 wurden nur noch rund 16,5 Prozent der öffentlichen Stromversorgung Bayerns aus Wasser- und Windkraft oder Biomasse/Biogas und Photovoltaik erzeugt. Unter den Bundesländern gehört Bayern mittlerweile zu den schlechtesten bei der Nutzung der erneuerbaren Energien. Und in Italien wurden beispielsweise 1983 noch 25 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien - sprich: aus Wasserkraft - erzeugt.

In der obigen Grafik ist die y-Achse nur bis 16 Prozent abgetragen, um so die Dynamik der Entwicklung sichtbar zu machen. Ein wenig düster wirkt das Bild, wenn das Verhältnis von 14,3 Prozent zu 100 Prozent in folgender Grafik deutlich wird:

Anteil der erneuerbren Energien an der Stromproduktion 1991 - 2007 (maßstabsgetreu)

Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre wurden Szenarien einer Energiewende entwickelt, die eine Entwicklung der verschiedenen Energieträger und ihrer Anteile am Gesamtenergieverbrauch entsprechend folgender Grafik als technisch realisierbar und klimapolitisch notwendig beschrieben:

Energiewende-Szenario

Inzwischen ist angesichts des nicht mehr zu leugnenden Beginns der Klimakatastrophe auch einer Mehrheit klar, daß die Forderung nach einer Energiewende realistisch war. Das politische und wirtschaftliche Handeln des letzten Vierteljahrhunderts nach dem Motto "Nach uns die Sintflut" wird hingegen immer deutlicher als realitätsblind erkannt.

Wenn nun allerdings seit einigen Jahren in Europa PolitikerInnen von "Klimaschutz" und von der "Förderung erneuerbarer Energien" reden, ist dies wenig glaubwürdig. Nach wie vor stehen die Taten in diametralem Gegensatz zu den Worten.1

Nun steht sogar zu erwarten, daß der Ausbau der erneuerbaren Energien zum Stillstand kommt. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) warnte gestern auf seiner Jahrespressekonferenz vor einem Einbruch bei den Zuwachszahlen. Würden die politischen Weichen nicht neu gestellt, sei im Jahr 2008 mit einer Stagnation des Marktes zu rechnen, prognostizierte BEE-Geschäftsführer Milan Nitzschke. So sind bereits 2007 bei der Windenergie und Biomasse die Investitionen in Neuanlagen stark zurückgegangen.

2008 werde nun ein äußerst wichtiges Jahr für die weitere Entwicklung der erneuerbaren Energien, sagte BEE-Präsident Johannes Lackmann. "Wir haben eine Regierung, die weitreichende Ankündigungen zum Ausbau der Erneuerbaren gemacht hat. Doch umgesetzt worden ist noch nichts." Die bisher vorgelegten Pläne der Regierung reichen nicht einmal aus, um den bisherigen Kurs der vergangenen Jahre fortzusetzen. Das "schwarz-rote" Kabinett hatte vor einem Monat ein Gesetzespaket zum Klimaschutz verabschiedet, dem nun noch vom Parlament zugestimmt werden muß. Teil des Vorhabens ist eine Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Darin sind sinkende Vergütungen für Photovoltaik und Windenergie an Land vorgesehen. Allein Offshore-Windparks sollen stärker als bisher gefördert werden.

Die Förderung durch das EEG sei nach diesen Plänen in weiten Teilen nicht konkurrenzfähig, beklagte BEE-Präsident Lackmann. "Windanlagenhersteller etwa beliefern inzwischen bevorzugt das Ausland, weil dort bessere Preise für ihre Produkte bezahlt werden." In Deutschland sei die Errichtung neuer Anlagen an Land nahezu zum Erliegen gekommen.

Als "Hauptsorgenkind" bezeichnete Lackmann aber nicht den Strom-, sondern den Wärmemarkt. "Hier gibt es eine völlige Stagnation", sagte er und bemängelte, daß es in diesem Bereich kein Instrument nach dem Vorbild des EEG gebe. Laut offizieller Statistik entwickelte sich der Anteil der Eerneuerbaren Energien im Bereich Heizen von 6,0 auf 6,4 Prozent.

"Bei guter Förderung wäre schnell eine Verdopplung des Marktanteils von derzeit 6,4 Prozent möglich." Schon jetzt lohne sich für Haus- und Wohnungsbesitzer die Nutzung erneuerbarerer Energiequellen langfristig. Doch es fehle an Förderprogrammen, um die Eigentümer bei den hohen Anfangsinvestitionen zu unterstützen.

Auch bürokratische Hemmnisse behindern nach Ansicht des BEE den Ausbau der Erneuerbaren. So würden sich die Genehmigungszeiten für Biomasseanlagen auf mehrere Jahre belaufen. Die Branche befände sich in einem "bürokratischen Würgegriff".

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu unseren Artikel:

      Kabinettsklausur in Schloß Meseberg
      Ein Gipfel an Klima-Heuchelei (25.08.07)

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Solarer Wasserstoff
      Seit über 20 Jahren eine praktikable Alternative (3.11.07)

      Bundesregierung predigt Klimaschutz
      und bremst Ökostrom
      Zuwachs bei Blockheizkraftwerken wird weiter blockiert (24.10.07)

      Erneuerbare Energien
      mit gebremstem Wachstum (8.07.07)

      Ökosteuer wirkungslos
      Heuchelei beeindruckend (16.04.07)

      Anstieg beim Kohlendioxidausstoß
      Seit Jahren nur leere Versprechen (2.04.07)

      Europa und Euratom (25.03.07)

      EU bremst Klimaschutzt
      Die Ankündigung von Angela Merkel als EU-Ratspräsidentin
      hat lediglich Propaganda-Charakter (9.03.07)

      Wachstum von Solarstrom auf niedrigem Niveau (13.03.04)

      EEG: Trittin fördert die Atom-Konzerne (22.08.03)

 

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