20.05.2007

Verbot von Gen-Mais MON 810

Folge des Augsburger Gerichtsurteils?

Ein aktueller Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz, das Horst Seehofers Agrar- und Verbraucher-Ministerium unterstellt ist, sorgt für Furore. Darin wird der Verkauf von genmanipuliertem Mais-Saatgut der Sorte MON 810 des Gentech-Konzerns Monsanto untersagt. Ausschmückend enthält dieser amtliche Bescheid den Hinweis, das Verbot könne umgangen werden, wenn Monsanto einen umfassenden Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen ("Monitoring") vorgelege. Der Gen-Mais ist allerdings bereits ausgesät und so besteht real keine Chance mehr für ein solches Monitoring. Offenbar dient diese Konstruktion lediglich dazu, den Bescheid juristisch wasserdicht zu machen. Der Zweck dieses Manövers dürfte weniger darin liegen, Betroffene vor Gen-Kontamination, sondern vielmehr, Bayern und andere Bundesländer vor Schadenersatzforderungen zu schützen.

Alles deutet darauf hin, daß es sich bei diesem Manöver Seehofers um eine Reaktion auf das Anfang Mai gesprochene Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg handelt.1 Ein bayerischer Imker hatte gegen den Anbau von Gen-Mais geklagt, da sein Honig 2006 durch Pollen-Eintrag aus Gen-Mais-Feldern unverkäuflich geworden war. Auch in diesem Jahr wurden in einer Entfernung von 1500 bis 2200 Meter vom Bienenhaus des Imkers entfernt Anbauflächen für den Gen-Mais der Linie MON 810 gemeldet. In ihrem Urteil nahmen die Augsburger Richter nun den Staat Bayern in die Pflicht, der dafür zu sorgen habe, daß der im Umkreis der Bienenstände angebaute Versuchs-Gen-Mais in diesem Jahr vor der Blüte unschädlich gemacht wird. Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Organismen enthalte, sei - so das Verwaltungsgericht Augsburg - ein gentechnisch verändertes Lebensmittel im Sinne der einschlägigen Verordnung der Europäischen Gemeinschaft und somit weder verkehrsfähig noch verbrauchsfähig.

Begründet wird nun das Verkaufsverbot aus Berlin mit "neuen Informationen" über mögliche Risiken, etwa für Nichtzielorganismen. Gemeint sind offenbar Bienen. So heißt es darin: "Erst mit jüngeren Untersuchungen wurde deutlich, daß und in welchem Ausmaß das Bt-Toxin über die Pflanze in höhere Nahrungskettenglieder gelangt. (...) Diese neuen und zusätzlichen Informationen (...) geben berechtigten Grund zu der Annahme, daß der Anbau von MON 810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt." Nach Auffassung des Rechtsanwalts Achim Willand müßten jetzt die Landesbehörden Konsequenzen ziehen und Landwirte beispielsweise anweisen, ihre Felder umzupflügen.

Etwa 0,2 Prozent der gesamten Mais-Anbaufläche in Deutschland wurde dieses Jahr mit genmanipuliertem Mais bestellt, überwiegend mit MON 810. Dieser Gen-Mais der US-Multis Monsanto ist insektenresistent und soll vor den Raupen eines Falters, des Maiszünslers, schützen. Die Aussaat ist allerdings unter anderem in Frankreich und Deutschland genehmigt. In Österreich, Ungarn, Polen und Griechenland ist MON 810 hingegen schon verboten. Nun ist aber auch in Deutschland seit längerem strittig, ob die fünf durch das deutsche Bundessortenamt (ebenfalls dem Ministerium Seehofers unterstellt) zugelassenen MON 810-Sorten überhaupt über eine gentechnikrechtliche Zulassung verfügen. Nach Auffassung von FachjuristInnen ergibt sich aus der maßgeblichen französischen Zulassung, daß lediglich die in Frankreich verwendeten Saatgutsorten, nicht aber die in Deutschland angebauten Sorten der Linie MON 810 zugelassen wurden. Darüber hinaus hat MON 810 nach Europäischem Recht genau genommen nur eine Genehmigung für eine bestimmte Übergangszeit. Nach den neuen, strengeren Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit wurde er nämlich bis dato noch nicht abschließend geprüft.

Greenpeace hatte erst Anfang dieses Jahres eine Studie vorgelegt, laut der die Produktion des genetisch aus einem Bakterium stammenden Bt-Giftes in den MON-810-Maispflanzen stark schwankt. Studien des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum, Rheinpfalz haben ebenfalls ergeben, daß zwischen einzelnen Pflanzen Schwankungen im Giftgehalt bis zum Hundertfachen zu messen sind. Die Ursachen für diese Effekte sind nicht geklärt. Möglicherweise reagieren die Gen-Pflanzen auf Umwelteinflüsse oder das eingebaute Gen ist nicht stabil.

Trotz der aktuellen Anordnung des Bundesamtes für Verbraucherschutz sind die Bundesländer nicht unbedingt aus dem Schneider: JuristInnen sehen es als geboten, daß die zuständigen Landesbehörden nach dem Augsburger Verwaltungsgerichtsurteil nun ihrer Vorsorgepflicht nachkommen und ein Unterpflügen der Gen-Mais-Felder anordnen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

      Stoppt Gerichtsurteil den Vormarsch
      von Gen-Food in Deutschland? (9.05.07)

Siehe auch:

      Agro-Gentechnik
      Über ihre Auswirkungen und Risiken, die Frage der
      Koexistenz und die Chancen des Gen-Moratoriums (9.04.07)

 

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