24.09.2010

Neue Streikwelle in Frankreich
für Rente ab 60

Protest Frankreich 23. September 2010 Am Donnerstag protestierten in Paris und rund 200 französischen Städten rund 2,7 Millionen Menschen gegen die Pläne von Frankreichs Staats-Chef Nicolas Sarkozy, das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre heraufzusetzen. Zum fünften Mal in diesem Jahr riefen die Gewerkschaften zu Streiks und Demos gegen diese Art von Rentenkürzung nach deutschem "schwarz-rotem" Vorbild auf. Die französische Regierung behauptet, gestern hätten sich deutlich weniger Menschen beteiligt als bei den Demos vor zwei Wochen.

Zu den Streiks und Demos hatten acht französische Gewerkschaften aufgerufen, die sich auch diesmal entgegen der unsolidarischen Tradition vergangener Jahre auf gemeinsame Aktionen verständigt hatten. Allerdings wächst die Gefahr, daß sich die Kräfte in der Funktionärsebene der Gewerkschaften durchsetzen, die einen anhaltenden Generalstreik vermeiden wollen und ihre Aufgabe lediglich darin sehen, mit Demos und kurzen Streiks "Dampf abzulassen" und so den Druck der Bevölkerung zu reduzieren. Aus vielen Äußerungen dieser Kreise ist zu schließen, daß sie auf einen Kompromiß mit der neoliberalen Sarkozy-Regierung abzielen.

In allen großen Städten des Landes beteiligten sich rund 40 Prozent der Angestellten der öffentlichen Dienste und mehr als die Hälfte der ArbeiterInnen aus privaten Betrieben. Die Gewerkschaftsführer Bernard Thibault von der CGT und François Chérèque von der CFDT, in denen zusammen rund 1,5 Millionen französischen ArbeiterInnen zusammengeschlossen sind, erklärten, daß sich erneut die selbe Zahl an Menschen am Protest bei insgesamt 232 Kundgebungen beteiligt hätten wie zuletzt am 7. September.

Bei den Kundgebungen in Paris nahmen rund 300.000 Menschen teil, in Marseille 220.000, in Bordeaux 120.00 und in Lyon 130.000. Die starke Teilnahme und das Drängen der Menschen auf einen anhaltenden Generalstreik wird von den französischen Mainstream-Medien mit Sorge betrachtet. Nach einer von der Tageszeitung 'Libération' in Auftrag gegebenen Umfrage sprachen sich 63 Prozent der Befragten für die Aktionen der Gewerkschaften aus. Die geplante Lastenverteilung bei der von Sarkozy als wichtigstes Vorhaben seiner Amtszeit bezeichneten "Renten-Reform" sei unsozial, lautet der häufigste Vorwurf. Allerdings halten nach anderen Meinungsumfragen rund 70 Prozent der französischen Bevölkerung eine "echte Reform" des Rentensystems durchaus für notwendig.

Besonders unter den jungen Beschäftigten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren wächst der Zorn über den von Sarkozys immer deutlicher eingeschlagenen rechten Kurs, der sich gegen Minderheiten wie die Roma richtet und die finanziellen Belastungen der Weltwirtschaftkrise einseitig auf die ärmeren Schichten der Bevölkerung abzuwälzen versucht. Besonders unbeliebt ist die angekündigte "Renten-Reform". Sarkozy behauptet, es sei "unerläßlich", länger zu arbeiten, um das Defizit der Pensionskassen auszugleichen. Bis 2020 drohe ansonsten ein Defizit von 45 Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr soll sich der Fehlbetrag auf 32,3 Milliarden Euro belaufen. Die Gewerkschaften und die linke Opposition fordern statt einer Umverteilung zu Lasten der Schwachen eine zusätzliche Besteuerung von Kapital und Finanztransaktionen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Protest in Frankreich
      Gegen Sarkozys Renten-Reform (8.09.10)

      Von der Leyens Hartz-IV-Reform
      Erneuter Sozialabbau trotz Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
      (2.08.10)

      Frankreich: 1,92 Millionen
      bei Demos gegen Sozialabbau (25.06.10)

      Proteste gegen Sozialabbau
      "Wir sind alle GriechInnen" (13.06.10)

      Ausgepreßt
      Sozialabbau schwarz-gelb (7.06.10)

      DGB-Chef Sommer: Nicht Jahr eins, sondern Jahr drei der Krise
      Generalstreik bleibt Tabu (1.05.10)

      Kosten des Gesundheitssystems wachsen
      Nur Pharma-Konzerne profitieren (7.04.10)

      Kein Aprilscherz:
      BRD-Verschuldung bei 1690 Milliarden Euro (1.04.10)

      BA-Chef Alt plant weiteren Sozialabbau:
      Erhöhter Druck durch Wohnkostenpauschale (25.03.10)

      Rente wird gekürzt
      "Nullrunde" heißt Minus (16.03.10)

      Hartz-IV-Regelsätze verfassungswidrig
      Herbe Niederlage für "Schwarz-Rot-Gelb-Grün" (9.02.10)

      DIW-Studie zum Vermögen in Deutschland
      Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter (19.01.10)

      Hartz-IV-Bescheide
      36 Prozent aller Widersprüche erfolgreich (12.01.10)

      Bilanz von fünf Jahren Hartz IV
      Repression als "Arbeitsmarkt-Reform" (19.12.09)

      'stern'-Umfrage:
      Deutsche halten Hartz IV für zu niedrig (28.10.09)

      Bei Obdachlosen wird gekürzt
      Caritas schlägt Alarm (16.10.09)

      Aufschwung? Abschwung? Schwund
      bei den Reallöhnen seit vielen Jahren (14.08.09)

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      Was nach der Bundestagswahl an weiterem Sozialabbau droht
      (23.07.09)

      BRD ruiniert
      86 Milliarden Euro Neu-Schulden nicht rückzahlbar (19.06.09)

      Zehntausende protestieren gegen den G-20-Gipfel
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      Demo gegen aktuelle Renten-Absenkung in Braunschweig:
      "1,1 Prozent sind ein Witz" (30.04.08)

      Sozialabbau und Rentenklau
      mit 2 Prozent Minus im Jahr 2008 (17.03.08)

      Sozialabbau und Rentenklau
      Erhöhung ist Absenkung (3.12.07)

      Sozialabbau und Rentenklau
      Zur aktuellen Diskussion um die Rente mit 67 (15.10.07)

      Minusrente ist schon längst Realität
      Bundesverfassungsrichter Papier träumt (23.07.06)

 

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