14.08.2009

Aufschwung? Abschwung?
Schwund

bei den Reallöhnen seit vielen Jahren

Seit vielen Jahren sinken die Reallöhne.1 Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigt, daß die nominalen Lohnsteigerungen von 2003 bis 2008 durch die Inflation in reale Lohneinbußen verwandelt wurden.

Die aktuelle Studie des DIW bezieht sich auf den "Aufschwung" zwischen 2004 und 2007. Die Arbeit"nehmer"Innen hatten an diesem "Aufschwung" nicht teil. Die Reallöhne sanken in den Jahren 2004 bis 2008. Ganz anders sah es indes bei UnternehmerInnen, BeamtInnen und Selbständigen aus.

Auch die Lohnquote hat nach der DIW-Studie inzwischen ein historisches Tief erreicht. Sie lag in den Jahren 2007 und 2008 bei 61 Prozent. Damit ist der Anteil der Löhne am gesamten Volkseinkommen so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Im Gegensatz dazu seien die Einkommen aus selbständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen seit 2003 "stark" gestiegen. Von 1998 bis 2005 regierte in Berlin eine "rot-grüne" Koalition.

Und während die nominalen Lohnsteigerungen hinter der Inflationsrate zurückblieben, steig die Belastung der Löhne mit Steuern und Sozialabgaben drastisch. "Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt der Anteil der Abgaben schon mehr als die Hälfte des gesamten Arbeitsentgelts", erklärt DIW-Experte Karl Brenke. Damit schulterten sie die Hauptlast, während BeamtInnen und geringfügig Beschäftigte vergleichsweise wenige Abgaben leisteten.

Der Rückgang der Reallöhne sei bemerkenswert, weil sich die Qualifikation der Arbeitnehmer erhöht habe. "Dies hätte eigentlich einen Anstieg der Verdienste erwarten lassen", meint Brenke. Damit zeigt die Studie auch, daß nicht nur die Löhne der gering Qualifizierten unter Druck geraten sind, sondern die aller ArbeitnehmerInnen. "Eher scheint es so zu sein, daß die besonders großen Beschäftigungsprobleme der Unqualifizierten immer wieder herangezogen werden, um Forderungen nach höheren Löhnen generell im Zaum zu halten", so das DIW.

Brenke begründet die Lohnentwicklung insgesamt mit der schwachen Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. "Möglicherweise ist es so, daß es den Gewerkschaften schwerer fällt, die Arbeitnehmer für höhere Lohnabschlüsse zu mobilisieren", sagt Brenke. Der Strukturwandel mache den Gewerkschaftenzu schaffen: In den expandierenden Dienstleistungsberufen sei der gewerkschaftliche Einfluß traditionell geringer als in der Industrie, wo die Beschäftigung stagniert.

In der beginnenden Weltwirtschaftskrise konnten die Reallöhne erstmals seit Jahren wieder zulegen. Dies liege aber laut DIW nicht an nominal kräftigen Verdienststeigerungen, sondern an der niedrigen oder kaum mehr vorhandenen Inflation. Immerhin liegen die Tarifabschlüsse im ersten Halbjahr 2009 mit durchschnittlich drei Prozent deutlich über der Inflationsrate. Das zeigt die jüngste Berechnung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

DIW-Forscher Brenke weis allerdings darauf hin, daß die Reallöhne "aber nur für diejenigen steigen, die keine Abstriche bei der Arbeitszeit hinnehmen müssen". Kurzarbeiter schneiden also schlechter ab. Die Bundesagentur für Arbeit schätzt, daß gut 1,5 Millionen Beschäftigte aus konjunkturellen Gründen kurzarbeiten müssen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu unsere Artikel:

      Durchschnittlicher Monatslohn
      in Deutschland 1991 bis 2006 (30.08.06)

      Für einen Mindestlohn
      von 10 Euro (22.08.06)

      Armut trotz Arbeitsplatz -
      "Working poor" auch in Deutschland (15.05.07)

      Hartz IV - Eine Zwischenbilanz
      Niediglohnsektor ausgeweitet
      Fördern unter den Tisch gefallen (30.07.07)

      Sozialabbau trifft Frauen härter
      Erklärung von NETZWERK REGENBOGEN
      zum Internationalen Frauentag (8.03.08)

      Absurde Argumente gegen den Mindestlohn
      Dient eine Lohnuntergrenze den Mächtigen? (7.04.08)

      Sozialabbau und Niedriglohn-Sektor
      22 Prozent arbeiten in Deutschland für Niedriglöhne (28.04.08)

      Gerichtsentscheid gegen Hartz-IV-Schikane
      4,50 Euro Stundenlohn unzumutbar (24.02.09)

 

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