3.01.2007

Atomausstieg Bilanz 2006:
Acht Atomreaktoren
in Europa stillgelegt

Seit Jahren wird in den deutschen Mainstream-Medien die Propaganda verbreitet, die weltweit schrumpfende Atomindustrie sei auf dem Vormarsch. Nur Deutschland würde mit dem sogenannten Atomausstieg aus der Reihe tanzen. Tatsächlich jedoch wurden in Europa im vergangenen Jahr acht Atomreaktoren endgültig abgeschaltet.

In Großbritannien wurden je zwei Blöcke des AKWs Dungeness (A1 und A2) südöstlich von London und des AKW Sizewell (A1 und A2) in Ostengland stillgelegt. Und dies, obwohl die britische Regierung unter Antony Blair keinen Atomausstieg verkündet hatte.

In Spanien ging im April 2006 das AKW José Cabrera endgültig vom Netz.

In Bulgarien wurden die Blöcke drei und vier des Atomkraftwerks Kosloduj, in der Slowakei wurde Block eins des Reaktors Bohunice abgeschaltet.

In Deutschland hingegen mit seinem offiziellen Atomausstieg wurde im Jahr 2006 kein einziges AKW abgeschaltet. Seit der Verkündigung des Atomausstiegs vor sieben Jahren wurden in Deutschland von damals 19 Atom-Reaktoren lediglich 2003 das AKW Stade (Inbetriebnahme 1974) und 2005 das AKW Obrigheim (Inbetriebnahme 1968) stillgelegt.

In Großbritannien gab es zur gleichen Zeit 35 Reaktoren an 12 Standorten. Die Stillegung von vier Reaktoren in einem einzigen Jahr ist also eine weitaus bessere Bilanz als die von "Rot-Grün".

In der EU sind derzeit noch insgesamt 142 Atomreaktoren in Betrieb. Das sind bereits 30 weniger als noch 1989. Die deutsche Öffentlichkeit erfährt davon weder aus den großen Zeitungen noch von den großen TV- oder Rundfunk-Sendern. So wurde über die Abschaltung eines der beiden Reaktor-Blöcke des einzigen AKWs in Litauen Ende 2004 lediglich in einer größeren deutschsprachigen Zeitung berichtet: dem österreichischen 'Standard'.

Seit dem 1. Januar 2000 wurden in Europa 26 Atomkraftwerke stillgelegt, während im selben Zeitraum gerade einmal zwei neue Reaktoren ans Netz gingen (die beiden Blöcke im tschechischen Temelin in den Jahren 2000 und 2002). In der EU wurde seit dem Jahr 2000 mit dem Neubau eines einzigen Atomreaktors begonnen - in Finnland. In den kommenden Jahren wird die Zahl der Meiler in Europa weiter abnehmen. Inoffiziell sind in Großbritannien und Spanien bereits eine größere Zahl von Abschaltungen geplant.

Die weltweit bisher stillgelegten Atommeiler waren zumeist zwischen 24 und 26 Jahre am Netz. Auch die deutschen AKWs sind technisch nur für 25 Jahre Betrieb ausgelegt. Wenn der deutsche Reaktor Biblis A - wie von Minister Gabriel noch vor einem Jahr angekündigt - im Februar 2007 vom Netz geht, wird er mit rund 33 Jahren gemessen am internationalen Durchschnitt schon überdurchschnittlich alt sein. Da der Neubau von Atomkraftwerken mindestens zehn Jahre Vorlauf benötigt, ist schon heute offenkundig, daß die Zahl der Atomkraftwerke weltweit abnehmen wird. Weltweit sank die Zahl der Atommeiler im letzten Jahr von 443 auf 435 - das niedrigste Niveau seit 1998.

Von einem globalen Wiedereinstieg in die Atomenergie kann keine Rede sein: In den USA wurde seit der Beinahe-Katastrophe von Harrisburg 1979 kein einziges AKW mehr in Auftrag gegeben. Während die Atomindustrie jeden der wenigen Neubauten in China oder Indien als Renaissance der Atomenergie von willfährigen JournalistInnen feierern läßt, gelangen Meldungen über die Abschaltungen merkwürdig selten an die Öffentlichkeit.

In den nächsten Jahren werden zahlreiche AKWs die technische Altersgrenze von 25 Jahren bereits um fünf bis zehn Jahre überschreiten. In Frankreich wurde erst 2004 die Betriebsgenehmigung für AKWs von 30 auf 40 Jahre erhöht. Selbst wenn wir also risikofreudig mit einer maximalen Laufzeit von 40 Jahren rechnen, können wir in den kommenden zehn Jahren von der Abschaltung von weltweit rund 80 AKWs ausgehen. Der nächste "Super-GAU", der uns vielleicht schon morgen erwartet, bleibt bei diesen Überlegungen zynischer Weise ausgeblendet.

Weltweit sind derzeit 29 AKWs in Bau. Angesichts der Milliardenkosten für jeden neuen Reaktor und der Scheu privatwirtschaftlicher Investoren vor entsprechend langen Amortisationszeiten, ist zumindest der weitere schleichende Rückzug aus der Atomenergie vorprogrammiert.

Wenn sich also die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland auf eine Diskussion um Laufzeitverlängerungen einläßt, gerät sie ohne Not in die Defensive. Zentrale Forderung muß weiterhin der sofortige Atomausstieg sein.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

    Restlaufzeiten sind Augenauswischerei
    Statt "Atomausstieg" real bereits jetzt Laufzeitverlängerung (6.02.06)

    'IPPNW: Uranvorräte bestimmen
    Zeitpunkt für "Atomausstieg"' (31.10.05)

    Informationen zum "Atom-Ausstieg"

 

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