Koexistenz obsolet
Noch im Mai vergangenen Jahres hatte ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg den ImkerInnen Hoffnung gemacht. Es sah beinahe danach aus, daß der Gen-Mais MON 810 des Agro-Konzerns Monsanto vielleicht doch nicht angebaut werden dürfte. Doch bereits im Juni 2007 zog der Verwaltungsgerichtshof München den zeitweiligen juristischen Schutz zurück und überantwortete Honig der Gen-Kontamination. Nun folgte aktuell auch das Verwaltungsgerichts Augsburg der ökonomisch vorgegebenen Linie.
Ein Imker aus Kaisheim bei Donauwörth hatte gegen den Anbau von MON 810 auf einem staatlichen Versuchsgut geklagt. 4 Prozent Pollen, den seine Bienenvölker gesammelt hatten, stammte vom genmanipulierten Mais. Die Bienenstöcke hatten sich rund 200 Meter vom Maisfeld entfernt befunden. Laut Gentechnik-Gesetz genügt zur Verhütung von Gen-Kontamination ein Abstand von Gen-Mais-Feldern zu konventioinellen Maisfeldern von 150 Metern, zu Feldern mit Öko-Mais von 300 Metern.
Schon seit Jahren ist hingegen bekannt, daß sich weder Wind noch Bienen an solche "Sicherheitsabstände" halten. Bienen sammeln Pollen aus einer Entfernung von über drei Kilometer im Radius um ihren Bienenstock. Da aber das von "Schwarz-Rot" novellierte Gentechnik-Gesetz - ebensowenig wie das noch schlechtere aus der Ära "Rot-Grün" - keinen Schutz von Bienen und Honig vorsieht, wollten die Gericht nun ebenfalls keine Schutzwürdigkeit erkennen.
Grotesk ist es, daß zugleich nach EU-Recht genkontaminierter Honig nicht als Nahrungsmittel verkauft werden darf. Dieser sein weder "verkehrs- noch verbrauchsfähig". Auf dieser Grundlage hatte das Verwaltungsgericht Augsburg vor einem Jahr verfügt, daß Gen-Mais vor der Blüte zu ernten oder die Pollenfahnen der Maispflanzen während der Blütezeit abzuschneiden seien.
Das wollte Monsanto und seine ausführenden PolitikerInnen des Freistaats Bayern nicht akzeptieren. Auf ihren Widerspruch hin entschied nun die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts erneut über den Fall. Nach wie vor darf in Honig kein Pollen von genmanipuliertem Mais zu finden sein - die Verantwortung hierfür wird nun jedoch statt den Mais-AnbauerInnen den ImkerInnen aufgebürdet. Schließlich sei ein Feld nicht mobil, aber die Bienenstöcke könnten ausweichen, so das geistreiche Urteil. Die Verlegung der Bienenstöcke sei zumutbar. Schadenersatz könne dafür nicht verlangt werden. Der klagende Imker kann zwar Schadensersatz für den genkontaminierten Honig verlangen, den Nachweis muß aber er erbringen.
Das Urteil hat nun jedoch zugleich einen Nebeneffekt, der wohl nicht bedacht wurde. Denn zugleich wurde so aktenkundig, daß "Sicherheitsabstände" von wenigen hundert Meter völlig unzweckmäßig sind. KritikerInnen weisen seit Jahren darauf hin, daß die sogenannte Koexistenz von Gentech-Landwirtschaft einerseits und konventionell industrieller oder Öko-Landwirtschaft anderseits praktisch nicht durchführbar ist. Gentechnik in der Landwirtschaft ist eben gerade deshalb für Konzerne so interessant, weil sich so über kurz oder lang der gesamte Anbau kontrollieren läßt. Einmal auf dem Acker, ist die Gen-Saat kaum mehr auszurotten und beansprucht im Handumdrehn alle Flächen ohne jede Ausnahme.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe auch unsere Artikel:
Stoppt Gerichtsurteil den Vormarsch
von Gen-Food in Deutschland? (9.05.07)
Verbot von Gen-Mais MON 810
Folge des Augsburger Gerichtsurteils? (20.05.07)
Verwaltungsgerichtshof München entzieht Honig den Schutz
Gen-Kontamination erlaubt (26.06.07)