8.09.2004

Seltene Luchs-Art in Spanien
akut vom Aussterben bedroht

Der Pardelluchs ist inzwischen seltener als der Sibirische Tiger. Dem Autoverkehr in Spanien fallen die letzten Exemplare zum Opfer.

Pardelluchs Die Situation für den vom Aussterben bedrohten Pardelluchs steht auf der Kippe. Jedes einzelne Exemplar ist unersetzlich. Auch der Versuch, die Art durch Einfrieren der genetischen Information zu erhalten,1 wäre nur Ausgenauswischerei. Letzte Woche kam wieder einer der seltenen Pardelluchse zu Tode. Das Tier wurde auf einer Landstraße zwischen Villamanrique und El Rocío im "Nationalparks Doñana" in der Provinz Huelva überfahren. Nur etwa 200 Pardelluchse sind in Spanien und Portugal noch übrig - damit nähert sich die Bestandzahl dramatisch einer unteren Grenze, die kaum noch unterschritten werden darf, ohne daß die Art unrettbar verloren ist. Nach Erhebungen der Naturschutzorganisation WWF kamen in den vergangenen vier Jahren 15 Tiere durch menschliche Einwirkung ums Leben und mehr als die Hälfte der tot aufgefundenen Pardelluchse lagen auf spanischen Straßen. Vor nur fünf Jahren lag die Bestandszahl noch bei rund tausend Tieren. "Der Iberische Luchs ist inzwischen seltener als der Sibirische Tiger und wohl die bedrohteste Wildkatze der Welt", bestätigt Frank Mörschel vom WWF Deutschland. Der Pardelluchs (lynx pardinus) kommt ausschließlich auf der iberischen Halbinsel vor und unterscheidet sich vom nordischen Luchs deutlich im Aussehen.

Im Januar 2003 wurde ein Pardelluchs wird in der Sierra de Andújar aus nächster Nähe erschossen. Ende November 2003 wurde die spanische Naturschutzorganisation Fundación CBD Hábitat durch einen Anrufer auf einen schwerverletzten Pardelluchs in der Nähe einer Landstraße in der Sierra de Andújar hingewiesen. Es handelte sich um ein 20 Monate altes Männchen, das bereits unter großem Wassermangel litt und dessen Vorderbeine beide auf derselben Höhe gebrochen waren. Kurz nachdem er gefunden wurde, starb er an den Folgen seiner Verletzungen. Zunächst wurde vermutet, daß er sich an einer illegalen Falle, einem Fangeisen, verletzt hätte. Bei der Autopsie allerdings stieß der Veterinär auf eine große Anzahl Schrotkugeln ein deutlicher Hinweis, daß der Luchs aus kurzer Entfernung angeschossen wurde.

Nur eine Woche später wurde auf der anfangs bereits erwähnten Landstraße zwischen Villamanrique und El Rocío im Doñana-Gebiet ein 8 Monate alter Luchs, ebenfalls ein Männchen, tot aufgefunden. Er war von einem Auto überfahren worden. Seit 2002 fielen insgesamt vier Pardelluchse in Doñana und zwei in der Sierra de Andújar der Landstraße zum Opfer. Die Naturschutzorganisation Ecologistas en Acción fordert schon lange von der andalusischen Regionalregierung eine Verbesserung der Schutzmaßnahmen und die umgehende Realisierung des Planes zum Schutz des Pardelluchses (Plan de Recuperación del lince ibérico).

Naturschutzparks sind nicht viel mehr als ein schlechter Witz, wenn sie von Straßen zerschnitten werden. Die oben erwähnte Landstraße zwischen Villamanrique und El Rocío führt durch eine der wichtigsten Zonen des "Nationalparks Doñana". Der WWF wirft der andalusischen Regionalregierung Untätigkeit vor. "Es ist ein Unding, durch eine der einmaligen Naturlandschaften der Welt eine Straße zu verlegen," erklärt Juan Carlos del Olmo, Direktor des WWF Spanien. Der maßlose Straßenbau müsse aufhören. Wenn es nicht gelinge, die ungesunde Entwicklung zu stoppen, werde das den Tod der Pardelluchse bedeuten. Bei der EU wurde gegen die Straße Beschwerde eingelegt Die zuständige Generaldirektion Umwelt hat daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen die UVP und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie eröffnet. Das Ergebnis läßt auf sich warten und die EU-Bürokratie ist nicht für Schnelligkeit berühmt.

Das Überleben der scheuen Katzen hängt eng mit dem Erhalt ihres Lebensraumes zusammen. Anders als ihre Vettern in Nordeuropa sind die Pardelluchse keine typischen Waldbewohner. Sie benötigen eine abwechslungsreiche Landschaft mit Buschland, lichten Waldflächen und offenem Gelände. Doch daran mangelt es. Immer neue Straßen, Bahntrassen und der Bau von Gas-Pipelines haben ihre Jagdreviere zerstückelt, so daß ein Austausch zwischen den Populationen immer schwieriger wurde. Insbesondere die viel befahrenen Straßen stellen eine enorme Gefahr dar: Auf den spanischen "Autopistas" endet insbesondere in der Paarungszeit die Suche der Pardelluchse außerhalb der ihnen bekannten Reviere oft tödlich.

 

Solveig Brendel

 

Anmerkung:

1 Siehe auch unseren Artikel
    'Rotbauchunke reloaded' (30.07.04)

 

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