12.06.2008

Skandal-Grube Asse II

Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert

Das im ehemaligen Salzbergwerk Asse II betriebene "Versuchs- endlager" für mittelradioaktiven Müll ist - wie erst vor wenigen Jahren öffentlich eingestanden wurde - undicht. Bereits seit 1988 dringt Wasser ein. Der Zufluß hat sich auf insgesamt zwölfeinhalb Kubikmeter pro Tag ausgeweitete. Nun mußte der Betreiber der Anlage auf Anfrage des Landkreises Wolfenbüttel einräumen, daß Wasserzuflüsse im Bereich der 750-Meter-Sohle, auf der große Mengen Atommüll lagern, mittlerweile radioaktiv belastet sind.

Die in der Salzlauge gemessene Radioaktivität geht offenbar von Cäsium-137 aus. Es handelt sich dabei um einen Stoff, der eindeutig der technischen Kernspaltung entstammt. Nach Auffassung von KritikerInnen gibt es nur zwei Möglichkeiten: "Entweder ist bereits Atommüll in Lösung gegangen oder das zufließende Wasser wurde durch radioaktiven Fallout an der Erdoberfläche belastet." In Betracht kämen Tschernobyl (1986) oder die Atomwaffentests der 50er und 60er Jahre. Das allerdings spräche für eine sehr unmittelbare Verbindung zwischen Atommüll und Erdoberfläche. Die KritikerInnen warnen eindringlich vor der geplanten Flutung des Atommülls.1

Bereits im November vergangenen Jahres mußte der Betreiber von Asse II Gefahr im Verzug melden: Das unterirdische Salzgebirge, in dem "versuchsweise" 126.000 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll eingelagert sind, verliert an Tragfähigkeit. Der Wissenschaftler Wolfgang Minkley vom Institut für Gebirgsmechanik erklärte: "Das Tragsystem befindet sich im Grenzzustand, es besteht die Gefahr, daß diese Prozesse sich beschleunigen." Seinerzeit mußte Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel gegenüber den KritikerInnen zugestehen: "Ein nicht mehr kontrollierbarer Lösungszutritt könnte zu einer begrenzten Mobilisierung von Schadstoffen führen." Diese Erkenntnis, daß also "Schadstoffe" - sprich:Radioaktivität - freigesetzt werden können, blieb jedoch bislang ohne Konsequenzen.

Statt den Atommüll schleunigst aus dem Bergwerk zu evakuieren, wird seit Monaten darüber diskutiert, eine "kontrollierte Flutung" von Asse II mit Magnesiumchloridlauge vorzunehmen. "Das Einbringen von noch mehr Flüssigkeit mobilisiert ja gerade die radioaktiven Stoffe, statt sie zu binden", kritisiert Udo Dettmann vom ASSE-II-Koordinationskreis. "Angesichts der möglicherweise sehr direkten Wegsamkeit zur Erdoberfläche ein Irrsinn. Das hieße, den GAU der Endlagerung zum Super-GAU zu machen." Mit der Flutung, so Dettmann, wolle der Betreiber weiterhin auf katastrophale Entwicklungen in einer Art und Weise reagieren, daß der Schaden schon in sehr kurzer Zeit größer ist als der Nutzen.

Informationen über das tatsächliche Ausmaß der Probleme in Asse II dringen nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit. Am 29. Mai hatten die KritikerInnen des "Versuchsendlagers" Berechnungen des Bundesamtes für Strahlenschutz vom September 2007 veröffentlicht, wonach es bereits 150 Jahre nach der geplanten Flutung zu radioaktiven Ausgasungen komme. Den Berechnungen zufolge würden die radioaktiven Gase in so hohen Dosen entweichen, daß dabei das Fünffache der Höchstwerte überschritten werden kann.

Vergangene Woche wurde ein Bericht des Betreibers vom Februar bekannt, wonach es inzwischen auch Laugenzuflüsse im Bereich des Atommülls gebe. Erst auf Nachfragen des Landkreises Wolfenbüttel räumte der Betreiber ein, daß dieses Wasser radioaktiv kontaminiert ist.

Im Umweltausschuß des Landkreis Wolfenbüttel wurde am 9. Juni die Frage der Haftung aufgeworfen. Die Brisanz dieser Frage reicht weit über den Standort hinaus. In die Kritik geriet dabei Prof. Dr. Klaus Kühn, der nach Darstellung der KritikerInnen nicht nur das "Versuchsendlager" Asse II geplant und befürwortet hat, sondern ebenfalls im Zusammenhang mit dem Endlagerprojekt Gorleben tätig war.

Noch vor wenigen Jahren hatten ExpertInnen des industrienahen 'Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit' (GSF), behauptet, die Langzeitsicherheit von Asse II sei gewährleistet und ein ehemaliges Salzbergwerk sei "absolut sicher". Die sich jetzt abzeichnende Katastrophe zeigt nach Ansicht der KritikerInnen, daß es nicht möglich ist, radioaktiven Müll in Salzbergwerken auch nur für nur für wenige Jahrzehnte sicher von der Biosphäre abzuschirmen.

Bereits 2001 wurde bekannt, daß tonnenschwere Salzblöcke in der Atommüll-Grube Morsleben von den Decken stürzten. Das von der DDR geerbte "Endlager" mußte stillgelegt werden. Mittlerweile wurde bekannt, daß es auch dort zu Wassereinbrüchen kam. Trotz all dieser negativen Erfahrungen versucht die Atom-Mafia und die ihr dienenden PolitikerInnen weiterhin das ehemalige Salzbergwerk Gorleben als weltweit erstes Endlager für hochradioaktiven Müll durchzusetzen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel:

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
      (14.01.08)

      Drohende Umweltkatastrophe durch Atom-Lagerstätte Asse
      Gabriel räumt Gefahren ein (21.11.07)

      Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
      Zahlreiche Aktionen gegen Atommülldeponie (4.07.07)

      Niederlage im Kampf gegen Schacht Konrad
      Gericht gibt Atom-Mafia recht (3.04.07)

      Atomares Endlager
      Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)

      ItalienerInnen erfolgreich -
      kein Endlager weltweit (2.12.03)

      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

      Atom-Ausstieg selber machen!

 

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