17.10.2011

David gegen Goliath
8KU in Konkurrenz zu den "Großen Vier"

Die Großen Vier Noch verfügt das Oligopol der Energie-Konzerne E.on, RWE, Vattenfall und EnBW über einen Marktanteil von 85 Prozent der deutschen Stromerzeugung. Acht deutsche Stadtwerke wollen in den kommenden Jahren rund zehn Milliarden Euro in den Ausbau von Blockheiz-Kraftwerken und in die erneuerbaren Energien investieren. Um den "Großen Vier" Konkurrenz machen zu können, benötigen sie aber Planungssicherheit.

Zehn Milliarden Euro will die Gruppe der acht Stadtwerke, die sich als 8KU Renewables GmbH im Jahr 2009 zusammengeschlossen haben, in den kommenden Jahren investieren. Damit ließen sich zehn Gigawatt Kraftwerksleistung errichten - mehr als die verbliebenen neun Atom-Reaktoren, die nach dem "schwarz-gelb-rot-grünen" angeblichen Atom-Ausstieg weiterbetrieben werden dürfen, zu leisten im stande wären, so sie denn jemals gleichzeitig Strom liefern. Thomas Prauße, Koordinator der Gruppe und zugleich Chef der Stadtwerke Leipzig erklärt, daß die Investition hauptsächlich in ortsnahe Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung und in den Ausbau erneuerbarer Energien gesteckt werden soll. Fachleute sehen Blockheizkraftwerke auf der Basis von Kraft-Wärme-Kopplung im Gegensatz zur Atomenergie als echte Brücke in eine Energie-Zukunft der erneuerbaren Energien.

Die Gruppe, die sich als 8KU AG zusammengeschlossen hat, besteht aus den Stadtwerken Hannover, der Südhessische Energie AG mit Sitz in Darmstadt, der Mainova AG mit Sitz in Frankfurt am Main, der MVV Energie AG mit Sitz in Mannheim, der N-Ergie AG aus Nürnberg, der RheinEnergie AG aus Köln, den Stadtwerken Leipzig und den Stadtwerken München. Bislang sind die kommunalen Energieversorger bei der Energieerzeugung zu großen Teilen auf die Konzerne E.on, RWE, Vattenfall und EnBW angewiesen. Dies könnte sich mit dem Zubau eigener Kraftwerke ändern.

Die Ankündigung ist eine Kampfansage Davids an die "Großen Vier". Die Investitionssumme würde ausreichen, um rund ein Zehntel der gegenwärtigen gesicherten Kraftwerksleistung Deutschlands zu ersetzen. Zur Realisierung der Pläne ist der David 8KU ist allerdings auf eine Unterstützung durch die "schwarz-gelbe" Bundesregierung angewiesen. Und diese dürfte schwerlich zu gewinnen sein, da sich bereits beim "Atom-Ausstieg" herausgestellt hat, daß mehr als die Hälfte der 17 deutschen Atom-Reaktoren auf unbestimmte Zeit weiterbetrieben werden dürfen, daß mit der bevorzugten Förderung von Windkraft im Küstenbereich vor allem die "Großen Vier" bedient werden und daß sogar Finanzmittel, die für die Förderung umweltschonender Energien vorgesehen waren, für den Neubau von Gas- und Kohle-Kraftwerken in Aussicht gestellt wurden. Noch hofft Thomas Prauße: "Die Projekte liegen in den Schubladen. Was uns fehlt, ist Planungssicherheit auch bei den Durchführungsbestimmungen."

Zwar hat die Stilllegung von acht der 17 Atom-Reaktoren die Marktmacht der "Großen Vier" geschwächt. Doch solange sie mit der Berliner Parteien-Politik ein entscheidendes Machtmittel in den Händen behalten, können sie die Energie-Wende und den Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin bremsen. Vielleicht hilft es da, daß die 8KU ihren Blick auch auf den polnischen Windmarkt richtet. Konkrete Verhandlungen wurden in Polen aber noch nicht geführt, entsprechende Pläne in Frankreich hatten sich kürzlich zerschlagen.

Dabei haben die kommunalen Energieversorger zunehmend mit Gegenwird nicht nur von "Schwarz", sondern auch von "Grün" zu rechnen. Während der "C"DU-Wirtschaftsrat eine Kampagne gegen den Trend zur Rekommunalisierung aufzieht, tritt die neue baden-württembergische "grün-rote" Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der so viele Hoffnungen zugeflogen waren, dem wachsenden Engagement kommunaler Energieversorger entgegen. Statt dessen propagiert Kretschmann den aberwitzigen Plan, den Konzern EnBW in einen Ökostrom-Anbieter verwandeln zu wollen. Vorerst jedoch bestand der einzige reale Schritt darin, direkt nach der erfolgreichen Landtagswahl die frühere Bundesvorsitzende der Pseudo-Grünen, Gunda Röstel, mit einem Vorstandsposten bei EnBW zu versorgen.

Aufzuhalten ist die Energie-Wende nicht. Entscheidend wird jedoch sein, wielange sie noch verzögert werden kann. Möglicherweise wird erst ein weiterer Super-GAU für die nötige Abkehr von der Atomenergie sorgen. Für die Stadtwerke ist jedoch bereits heute der Markt der erneuerbaren Energien so attraktiv, so daß sie weiterhin die Marktmacht der "Großen Vier" unaufhaltsam untergraben. Stadtwerks-Allianzen wie Trianel oder Thüga, bei denen auch kleinere und mittlere Versorger mitmachen, verfolgen ebenfalls Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien.

Zugleich hat eine Gruppe von Ruhr-Stadtwerken mit der Übernahme des fünftgrößten Stromerzeugers Steag, der über mehr als sieben Gigawatt Kohlekraft verfügt, einen großen Schritt in den Erzeugungsmarkt getan. Damit wechseln sie zwar die Seite, doch auch dies trägt dazu bei, die Marktmacht der "Großen Vier" zu brechen. Hinzu kommt, daß an immer mehr Orten selbst kleinste kommunale Energiewerke die Chance ergreifen, auslaufende Konzessionsverträge nicht zu verlängern und die Stromnetze zurückkaufen. Motiv ist dabei, so in den Markt der erneuerbaren Energien einsteigen zu können. Auch dies hat den Effekt einer Dezentralisierung und in der Folge einer Demokratisierung der Energiewirtschaft.

 

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Anmerkungen

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