7.06.2007

Ozeane kurz vor dem Arten-Kollaps

Plünderung seit Jahren unvermindert

Nicht nur einzelne Arten, gesamte Lebensräume in den Ozeanen stehen kurz vor dem Kollaps. So weisen Umwelt-Organisationen wie Greenpeace und WWF immer wieder darauf hin, daß das Artensterben und die Vernichtung der Lebensräume in den Ozeanen bis heute nicht gebremst werden konnten. Bereits vor vier Jahren zeigte das renommierte Wissenschaftsmagazin 'nature' in der Titelstory der Ausgabe vom 15. Mai 2003 auf, daß die Ozeane bald leergefischt sein werden.1 Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits von allen großen Fischarten wie Thunfisch und Schwertfisch, aber auch von Hai-Arten rund 90 Prozent ihrer Bestände verschwunden.

Neben der Überfischung bedroht der Klimawandel, Rohstoffhunger, Meeresverschmutzung, Schifffahrt und die Verbauung der Küsten die Meere. Aus einem aktuell veröffentlichten WWF-Bericht geht hervor, daß die Plünderung und Zerstörung der Ozeane immer neue Dimensionen erreicht. Wieder einmal beklagt der WWF den Rückgang der Artenvielfalt. Inzwischen sind ausnahmslos alle Meeresschildkröten- arten vom Aussterben bedroht. Binnen zehn Jahren wurden fast die Hälfte aller südamerikanischen und ein Viertel aller asiatischen Mangrovenwälder zerstört - um beispielsweise Platz für Fischfarmen zu machen.

150 Millionen Tonnen Fisch und andere Meerestiere werden jedes Jahr durch legale und illegale Fischerei sowie als sogenannter Beifang aus dem Meer gezogen. Über drei Viertel der weltweiten Fischbestände sind bis an ihre Grenzen oder darüber hinaus geplündert. Bis 2050 droht nach einer Studie kanadischer Forscher der Kollaps der wirtschaftlich genutzten Fischbestände.

Nicht nur in den traditionellen Fanggründen, sondern von den tropischen bis zu den polaren Meeren sind die Fischbestände durch die industriellen Fischfang-Flotten auf weniger als 10 Prozent gesunken. Viele große Fischarten sind nicht nur in ihrem Vorkommen stark rückläufig, sondern unter dem Fang-Druck ist auch die durchschnittliche Größe erheblich geringer geworden. In vielen Fällen stehen Fischbestände unter so intensivem Fang-Druck, daß die Fische nicht einmal das für die Fortpflanzung erforderliche Alter erreichen.

Der Aufwand für die hochindustrialisierten Fischerei-Flotten wird immer höher, desto weniger Fische es gibt. Doch statt den Beständen Zeit zu geben sich zu erholen, werden Satelliten, Sensoren und bis zu 100 Kilometer lange Fangleinen mit rund 1000 Haken eingesetzt, um die letzten verbliebenen Fische zu fangen. Zerstörerische Fischereipraktiken richten komplette Ökosysteme zugrunde. So sind bereits bis zu 50 Prozent der wertvollen Kaltwasser-Korallenriffe des Nordostatlantik geschädigt. "Die Hauptschuld tragen Bodenschleppnetze, die mit ihren tonnenschweren Ketten, Netzen und Stahlplatten die Riffe umpflügen", erläutert WWF-Expertin Karoline Schacht.

Erwärmung und Übersäuerung der Meere als Folgen der Kohlendioxid-Emissionen verwüsten tropische Korallenriffe. In der Karibik führten 2005 die wärmsten jemals gemessenen Wassertemperaturen zu einem noch nie dagewesenen Korallensterben. Bis Mitte des Jahrhunderts könnte das australische Great Barrier Reef zu 95 Prozent geschädigt sein.2 Der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels gefährdet artenreiche Küstenregionen. Die indischen Sunderbarns, die größten Mangrovensümpfe der Welt, könnten völlig verschwinden.

Der Druck auf die Rohstoffvorräte im Meer wächst. Bereits ein Drittel des Rohöls stammt aus Offshore-Anlagen. Ökologisch empfindliche Regionen wie die Küsten Ost- und Westafrikas, die Barentssee oder der Nordostatlantik sind im Visier der Öl- und Gasindustrie. Förderprojekte vor der russischen Insel Sachalin gefährden die letzten 100 Westpazifischen Grauwale. Selbst Nationalparks sollen geplündert werden - so plant RWE Dea weitere Öl-Bohrungen im deutschen Wattenmeer. Ein neues Kapitel der Rohstoffausbeutung droht im Pazifik, wo am Meeresboden riesige Vorkommen von Mangan, Kupfer, Nickel und Kobalt lagern. Die ökologischen Folgen eines solchen "Goldrauschs" für die unberührte und empfindliche Tiefsee sind vorhersehbar katastrophal.

Wie sich seit Jahren gezeigt hat, dienen Appelle wie beispielsweise der vom Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2001 allein dazu, die Bevölkerung der Industrienationen immer wieder in der Illusion zu bestärken, dem Raubbau solle Einhalt geboten oder er solle wenigstens gebremst werden. Solange die Illusion bestehen bleibt, die Regierungen oder die Mächtigen der Welt, die an den Fäden ziehen, hätten positive Absichten, treiben wir beschleunigt auf die Katastrophe zu. Allein ein Umsturz der wirtschaftlichen und damit der Machtverhältnisse bietet eine Chance zur Rettung unseres Planeten.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe unseren Artikel:

      Ozeane bald leer gefischt (26.05.03)

2 Siehe unseren Artikel:

      Eines der schönsten Opfer der Klimakatastrophe
      Vor Australien stirbt das Great Barrier Reef (28.02.04)

Siehe auch unsere Artikel:

      Raubbau an den Fischbeständen ungebremst (20.10.03)

      Arielle wird krank und kränker
      Leben im Meer zunehmend ungesund (14.04.04)

      Betrug mit "delphinsicher" gefangenem Thunfisch
      Gutachter auf Fangschiffen für Thunfisch häufig bestochen
      (11.05.04)

      EU-Flotte darf Fischgründe um Azoren plündern
      Weltnaturerbe in akuter Gefahr
      (14.07.04)

      UNO-Bericht: Ein Planet wird (weiter) geplündert (31.03.05)

      Fast alle Walfang-Nationen fälschen die Zahlen (24.05.05)

      Big Blue March
      Internationale Demonstrationen gegen die Walschlächterei (27.05.07)

 

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