22.03.2009

Demo gegen Schein-Überprüfung
des AKW Fessenheim

Nur 24 Kilometer Luftlinie vom Stadtzentrum der südbadischen Metropole Freiburg entfernt liegt das Atomkraftwerk Fessenheim am französischen Ufer des Rheins. Vor der bevorstehenden dritten Zehn-Jahres-Inspektion des elsässischen AKW demonstrierten am gestrigen Samstag rund 300 Menschen. Zwei Bürgermeister aus Gemeinden der Region beteiligten sich an der Kundgebung vor dem Atommeiler.

Der Bürgermeister der deutschen Gemeinde Wasenweiler bei Freiburg und dem elsässischen Städtchen Wattwiller begründeten in ihren Redebeiträgen ihren Beitritt zum trinationalen Atomschutzverband TRAS. Zentrales Thema der Demo war die Kritik, daß es sich bei der Inspektion des AKW lediglich um eine Schein-Überprüfung handele. Die AtomkraftgegnerInnen befürchten, daß das Ergebnis bereits im Voraus feststeht und lediglich als Akzeptanz-Beschaffungsmaßnahme für die geplante Verlängerung der Betriebsdauer um weitere zehn Jahre dienen soll.

In anderen Redebeiträgen wurde ein Überblick über die Vielzahl an Argumenten für eine Stilllegung des Atomkraftwerks vermittelt und an die lange Reihe von Atom-Unfällen und sogenannten Pannen - nicht zuletzt im AKW Fessenheim - erinnert.

Das älteste AKW Frankreichs mit seinen beiden 880-Megawatt-Reaktoren hatte erst kürzlich wieder einmal mit einer "Panne" für Aufmerksamkeit gesorgt. Am Samstag, 28. Februar, mußte einer der beiden Reaktoren abgeschaltet werden. Entgegen den Versprechungen einer sofortigen Information der Öffentlichkeit wurde diese "Panne" - wie so oft - erst fünf Tage darauf von der Kraftwerks-Leitung bekannt gegeben. Für UmweltschützerInnen und AtomkraftgegenerInnen ist dies eine weitere Bestätigung ihrer seit Jahren unermüdlich vorgebrachten Forderung nach sofortiger Stilllegung des AKW.

Tatsächlich reihten sich in den vergangenen zehn Jahren Pannen und Unfälle aneinander, bei denen immer wieder Radioaktivität ausgetreten ist.1 Doch EdF, der französische Strom-Konzern und Betreiber des AKW, drängt auf eine Verlängerung der Betreibsgenehmigung um weitere zehn Jahre. Nun wurde zu diesem Zweck eine Inspektion der Internationalen Atomenergie- Agentur (IAEA) angekündigt. Die IAEA, die in den Mainstream-Medien mit dem Nimbus einer neutralen UN-Organisation ausgestattet wird, setzt sich jedoch seit Jahr und Tag dezidiert für die "zivile" Nutzung der Atomenergie ein und ist daher aus der Sicht der AKW-GegenerInnen keine überzeugende Kontrollinstanz.

Der Direktor des AKW Fessenheim, Jean-Philippe Bainier, kündigte am 16. März vor der lokale Informationskommission des Kraftwerks an, die Reaktorblöcke würden besonders streng auf Sicherheitsmängel hin überprüft. Unter anderem solle ein Roboter in den so genannten Primärkreislauf eingelassen werden, um mögliche Haar-Risse oder undichte Stellen zu entdecken.

Bereits der Bau des AKW Fessenheim in den 70er Jahren war von Protesten diesseits und jenseits des Rheins begleitet. Es gab Demonstrationen, Hungerstreiks und einen Anschlag auf die Baustelle des Atommeilers. Die Proteste waren jedoch nicht massiv genug, um zu verhindern, daß der erste Reaktor 1977 in Betrieb ging.

AtomkraftgegnerInnen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz schlossen sich 2005 zum Trinationalen Atomschutzverband (TRAS) zusammen. Bislang sind bereits 62 Gemeinden, viele schweizerische, französische und deutsche Verbände sowie BürgerInnen Mitglieder des Verbandes. Eines der Hauptargumente gegen das AKW Fessenheim ist, daß es mitten im Oberrheingraben steht, der bekanntlich erdbebengefährdet ist. Ein weiteres gewichtiges Argument ist die mangelhafte Abschirmung gegen einen gezielten Flugzeugabsturz nach dem Vorbild des 11. September 2001. Im Juli 2008 hat TRAS bei den zuständigen französischen Behörden eine Anzeige eingereicht mit dem Ziel, die Stilllegung des AKW Fessenheim juristisch durchzusetzen.

Druck soll in Frankreich insbesondere mit einem großen internationalen Aktionswochende und Demo am 3. und 4. Oktober 2009 im elsässischen Colmar gemacht werden. Die gestrige Protest-Aktion bildete den Auftakt für die in diesem Jahr vom französischen Netzwerk für den Atomausstieg (Réseau Sortir du Nucléaire) geplanten Aktionen und die Kundgebung im Herbst.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu:

      AKW Fessenheim: 30 Jahre tödliche Gefahr (7.03.07)

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      AKW Fessenheim undicht
      Reaktor seit Samstag abgeschaltet (6.03.09)

      AKW Fessenheim für weitere Jahrzehnte?
      Versprecher oder Insider-Wissen? (4.12.08)

      AKW Fessenheim: Block 2 abgeschaltet
      Leck im Primärkreislauf (20.02.08)

      Erneut Leiharbeiter im AKW Fessenheim verstrahlt (27.11.07)

      Protestfrühstück beim AKW Fessenheim
      "Terrorgefahr wird nicht ernst genommen" (11.11.07)

      AKW Fessenheim: Arbeiter vor vier Tagen "leicht verstrahlt"
      Informationen dürftig und zeitverzögert (27.10.07)

      Laufzeit AKW Fessenheim bis 2017?
      100-Millionen-Euro-Investition (3.10.07)

      Störfall im AKW Fessenheim verschwiegen
      Laut 'TV Südbaden' bereits Anfang August (31.08.07)

      AKW Fessenheim mit schlechten Noten
      49 "Störfälle" im Jahr 2006
      Französische Atomaufsicht unzufrieden (5.07.07)

      AKW Fessenheim: 30 Jahre tödliche Gefahr (7.03.07)

      Aufruf: Atom-Ausstieg selber machen

      Info: Atom-Ausstieg

 

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