31.07.2007

Wie hält es die Bundesregierung
mit dem Berufsverbot
und europäischem Recht?

Die Bundestagsfraktion der Linkspartei hat eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, um sie zu einer Stellungnahme zum immer noch aktuellen Berufsverbotsverfahren gegen den Heidelberger Lehrer Michael Csaszkóczy1 zu zwingen. In dieser Anfrage geht es auch darum, warum aus dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) von 1995, das die Berufsverbote in der BRD als Verstoß gegen die Menschenrechte verurteilte, keine gesetzlichen Konsequenzen gezogen wurden und welche Initiativen die Bundesregierung zur Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen zu ergreifen gedenkt.

Bereits im Februar 2004 hatte die damalige baden-württembergische Kultusministerin und jetzige Bundesforschungsministerin Annette Schavan die in den 70er Jahren unter Bundeskanzler Willy Brandt eingeführte Berufsverbotspraxis wieder aufleben lassen. In ihrem Auftrag verweigerte das Oberschulamt Csaszkóczy die Übernahme in den Schuldienst, nachdem er das Referendariat erfolgreich beendet hatte. Gut ein Jahr später schloß sich das Land Hessen dieser Praxis an.

Im März dieses Jahres hat nun zwar der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH), das oberste Verwaltungsgericht für das Land Baden-Württemberg das Berufsverbot gegen Csaszkóczy aufgehoben. Doch die Hoffnung, daß sich das Land an Recht und Gesetz halten würde, scheint sich mehr und mehr als Illusion herauszustellen. Denn bisher wurde Csaszkóczy lediglich zu einem erneuten "Gespräch" am 13. Juli ins Regierungspräsidium "eingeladen". Im wesentlichen wurde zu dieselben Themen und Details gefragt, zu denen bereits in den letzten Jahren Fragen gestellt worden waren. Hinzu kamen Fragen zur fachlichen Qualifikation, obwohl diese seit dem Referendariat Csaszkóczys zweifelsfrei geklärt sind. Eine Entscheidung über die Einstellung in den Schuldienst soll erst ein bis zwei Tage nach Schuljahresbeginn erfolgen.

Michael Csaszkóczy hatte im August 2005 die Einstellung in den hessischen Schuldienst beantragt und am 25. August eine verbindliche Einstellungszusage des Staatlichen Schulamts des Kreises Bergstaße / Odenwald erhalten. Überraschend wurde Csaszkóczy noch am Tag seines Dienstantritts auf telefonische Weisung an den Schulrektor die Einstellung verweigert. Nun lag es nahe, sich auch gegen diese Entscheidung rechtlich zur Wehr zu setzen.

Am Donnerstag, 2. August, beginnt nun vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt die Verhandlung über die Weigerung des Landes Hessen, Michael Csaszkóczy einzustellen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, Hessen hat dazu eine Mahnwache angemeldet. KollegInnen von der GEW wollen zusammen mit dem Solidaritätskomitee gegen Berufsverbote vor der Verhandlung mit Transparenten und Flugblättern vor Ort sein.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Beiträge zum Thema

      Berufsverbot von Gericht aufgehoben
      Michael Csaszkóczy darf Lehrer werden (14.03.07)

      Datenschutzbeauftragter interveniert
      zugunsten von baden-württembergischem Berufsverbotsopfer
      (15.08.06)

      Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
      Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus (21.02.06)

      "Rot-Grün" für Berufsverbot?
      Bundesregierung übernimmt Argumentation von
      Kultusministerin Schavan (18.05.05)

      Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer (25.11.04)

      Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
      Michael Csaszkóczy (4.11.04)

      Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy (3.08.04)

      Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg
      (11.02.04)

      Berufsverbote
      - Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
      für Opfer (28.01.04)

 

 

neuronales Netzwerk