12.07.2012

Energie-Wende? Centrotherm insolvent
"Schwarz-Gelb" zerschlägt
deutsche Solar-Branche

Erneuerbare Energien: Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft, Biogas,... In der deutschen Solar-Brache wächst die Überlebensangst. Nach Sovello, Q-Cells, Solar Millennium, Solarhybrid, Solon und Solarwatt steht mit Centrotherm die nächste Firma vor der Insolvenz. Der Solaranlagenbauer mit Firmensitz in Blaubeuren nahe Ulm hatte erst vor einem halben Jahr einen riesigen Neubau in Konstanz bezogen.

Beim Amtsgericht in Ulm mußte Centrotherm am heutigen Donnerstag den Antrag auf Schutzschirm- und Insolvenzverfahren stellen. Während weltweit der Anteil an Atomstrom sinkt und die erneuerbaren Energien in wenigen Jahren ihren Anteil an der Stromproduktion vervielfachen konnten, wird in Deutschland die Solar-Branche abgewürgt. Der Anteil der Atomenergie an der weltweiten Stromproduktion hatte im Jahr 1993 mit 17 Prozent seinen Höhepunkt erreicht und sank seitdem bis auf derzeit 11 Prozent. Selbst in China steigt die Gesamtleistung der am Netz angeschlossenen Atomkraftwerke seit Jahren kaum mehr, während die installierte Leistung bei Wind- und Solarstrom in den vergangenen fünf Jahren um nahezu 500 Prozent wuchs.

Wegen der Billig-Konkurrenz aus China, wo die erneuerbaren Energien massiv staatlich subventioniert werden und der einschneidenden Kürzung der Fördermittel in Deutschland stand der Solaranlagenbauer Centrotherm vor der Zahlungsunfähigkeit. Das Unternehmen mußte daher ein Schutzschirmverfahren beantragen - eine neue Form der Insolvenz, die eine Rettung zunächst ohne den Druck durch die Gläubiger ermöglichen soll. Insgesamt 1.400 Arbeitsplätze stehen bei Centrotherm auf dem Spiel. Im Bereich der erneuerbaren Energien entstanden in Deutschland bislang insgesamt 340.000 Arbeitsplätze - ein Vielfaches dessen, was die Atom-Branche zu bieten hatte.

Trotz der von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer 2011 versprochenen Energie-Wende, wurde der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter von "Schwarz-Gelb" massiv behindert. Erst als nach der Ankündigung einschneidender Kürzungen bei den Fördermitteln durch die Minister Rösler und Röttgen im Januar die öffentliche Empörung Wellen schlug, wechselte die Bundeskanzlerin Minister Röttgen aus und sprach davon, die Energie-Wende zur "Chefsache" zu machen. Doch abgesehen von einer geringfügigen Abmilderung der Kürzungen durch den Bundesrat, hat sich an der Blockadepolitik nichts geändert.

In Konstanz können es die BürgerInnen kaum fassen: Neben dem von Centrotherm für rund 25 Millionen Euro errichtete Firmengebäude hatte sich das Unternehmen eine Option auf das Nachbargrundstück geben lassen. Noch im Juli 2010 hatte Centrotherm-Vorstand Peter Fath in einem Interview gesagt, bei der Realisierung des zweiten Bauabschnitts könnten in "zwei bis drei Jahren" weitere 350 Arbeitsplätze hinzukommen. Der große, weiße Neubau galt in Konstanz als "Flaggschiff des Wirtschaftsstandorts". Doch bereits am 21. März 2012 mußte das Unternehmen wegen der düsteren Ertragslage ankündigen, mehrere hundert Stellen in Blaubeuren und 20 Arbeitsplätze in Konstanz zu streichen. Horst Frank, Oberbürgermeister von Konstanz, erklärt hingegen standhaft: "Der Solarstandort Konstanz hat sich in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Verkauf sehr gut entwickelt und wird international als High Tech Standort geschätzt."

Dabei ist es noch kein Jahr her, daß die einst von WissenschaftlerInnen an der Universität Konstanz gegründete Sunways AG vom chinesischen Konkurrenten LDK aufgekauft wurde. Oberbürgermeister Frank macht für die Probleme der Branche "Schwarz-Gelb" verantwortlich: "Leider zeigt sich jetzt, daß sich die schlimmsten Befürchtungen über die Konsequenzen der Wirtschaftspolitik von Minister Rösler im Bereich Photovoltaik bewahrheitet haben." Die schwierige Situation der Branche werde durch die Kürzung der Photovoltaik-Förderung verstärkt. Frank zieht das Fazit: "Es ist unverständlich, daß auf der einen Seite Banken durch Milliarden der Steuerzahler gestützt werden, auf der anderen Seite aber der Photovoltaikbranche als nach wie vor zukunftsträchtigem Sektor der Boden unter den Füßen weggezogen wird."

 

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