18.07.2010

Freiburger Erzbischof Zollitsch
soll Kindesmißbrauch vertuscht haben

Erzbischof Robert Zollitsch Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch steht in dringendem Verdacht, in dem bereits bekannt gewordenen Fall von sexuellem Mißbrauch durch einen Priester entgegen seinen bisherigen Aussagen doch an der Vertuschung der Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Dies berichtet das ARD-Magazin 'Report Mainz' in einer Vorabmeldung zu der für morgen, Montag, 21:45 Uhr angekündigten Sendung. Der Redaktion liegt ein belastendes Schreiben Zollitschs vor.

Robert Zollitsch soll 1995 in seiner damaligen Funktion als Personalverantwortlicher des Erzbistums verfügt haben, daß die betroffene Gemeinde im badischen Oberharmersbach über wesentliche Details des Mißbrauchs-Skandals nicht informiert werden sollte. Vor seiner Wahl zum Freiburger Erzbischof 2003 war Zollitsch seit 1983 als Personalreferent für den Einsatz aller seelsorglichen Mitarbeiter im Erzbistum verantwortlich. Ein katholischer Priester hatte sich dort zwischen 1968 und 1991 an Kindern und Jugendlichen vergangen. Als sich vier Jahre später 17 mutmaßliche Opfer des Pfarrers meldeten, habe das Bistum den Geistlichen erneut mit den Vorwürfen konfrontiert. Daraufhin beging dieser 1995 Suizid. Laut dem 'Report Mainz' vorliegenden Schreiben hatte Zollitsch 1995 die Position vertreten: "Eine solche Aufklärung hätte zudem (. . .) nur noch den Sinn eines Racheaktes gegenüber einem alten und kranken Mann. (. . .) Eine solche nachträgliche Rache nützte niemandem und würde einen Menschen ohne Not in den Ruin oder gar Tod treiben."

Das Erzbistum Freiburg teilte mit, Zollitsch wehre sich gegen den Vorwurf, "1991 einen Fall sexuellen Mißbrauchs vertuscht zu haben". Es sei nie darum gegangen, etwas zu vertuschen. Vielmehr habe "das lange Schweigen vor Ort" die Bistumsleitung an einem früheren Eingreifen gehindert, sagte Zollitsch.

Der beschuldigte Priester wurde zwar 1991 in den Ruhestand versetzt, die Staatsanwaltschaft wurde jedoch - entsprechend den päpstlichen Richtlinien - nicht eingeschaltet. Zollitsch betont, die Bistumsleitung habe damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. "Wir waren damals erschüttert und betroffen über die Vorgänge, und ich bin es auch heute." Der Erzbischof entschuldigte sich bei den Opfern und bat um Verzeihung.

Derweil hat die evangelisch-lutherische Hamburger Bischöfin Maria Jepsen aus einem 1999 bekannt gewordenen Mißbrauchsfall in Ahrensburg die Konsequenz gezogen und ist am Freitag zurückgetreten. Sie übernahm die Verantwortung dafür, daß der Mißbrauch in Ahrensburg lange vertuscht und von der Kirche nicht der Staatsanwaltschaft gemeldet wurde. Zuvor jedoch hatte sie entgegen Zeugenaussagen behauptet, sie sei 1999 nicht konkret über die Taten des Pastors informiert gewesen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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      Systematischer Mißbrauch in Klosterinternat Ettal
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