31.07.2006

Anti-GMO-Aktion
in Brandenburg

Trotz gigantischem Polizei-Einsatz gelangten rund 90 AktivistInnen auf Gen-Mais-Feld

Die "Gendreck-weg"-Aktion gegen genmanipulierte Organismen (GMO) hatte am Wochenende mit Musik, gewaltfreiem Training und Gottestdienst im brandenburgischen Badingen begonnen. Die Landesregierung wollte die angekündigte Rodung eines Gen-Mais-Feldes mit einem gigantischen Polizeiaufgebot verhindern. Angebaut wird auf dem umstrittenen Feld die Sorte Bt-Mais 810 des US-amerikanischen Konzerns Monsanto.

Im Örtchen Badingen bei Zehdenick standen am Samstag morgen mehrere Hundertschaften bereit, ausgestattet mit gepanzerten Räumfahrzeugen, Hundestaffeln, berittenen Einheiten und koordiniert per Hubschrauber, die Einsatz-BeamtInnen wie Gladiatoren gepanzert und behelmt. Offenbar haben sie den Befehl "Ortsfremde" nur bis zur Dorfstraße, dem Kundgebungsort, vorzulassen.

Nach Angaben von Zehdenicks Bürgermeister Arno Dahlenburg gehört das Gen-Mais-Feld in Badingen pikanter Weise dem Ortsbürgermeister. Michael Grolm, einer der Initiatoren der Aktion "Gendreck weg" sieht in ihm und Monsanto die Zerstörer und nicht in denjenigen, die wie er selbst "die Natur bewahren" wollen. Alle anderen friedlichen Mittel seien ausgeschöpft. Obwohl über 70 Prozent der Deutschen genmanipulierte Lebensmittel ablehnen, werde der Anbau von der Politik durchgesetzt. Laut Grolm geht es Konzernen wie Monsanto darum, rücksichtslos mit GMO eine Monopolstellung zu erlangen.

Jörg Eickmann, der auf 48 Hektar Gen-Mais anbaut, sagt: "Jeder hat das demokratische Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Das Gesetz erlaubt, diese Pflanzen anzubauen. Doch die Gen-Gegner wollen uns dieses Recht nicht zugestehen." Der Anbau sei nötig, da Gen-Mais gegen Schädlinge resistent sei. Ein weiterer Bauer meint: "Ich bin für Gen-Mais. Wenn wir nicht tun, was andere Länder machen, ist Deutschland unterlegen. In Amerika wird seit langer Zeit Gen-Mais angebaut, und es gibt keine zehntausend Toten."

Andere dagegen finden, daß die AktivistInnen Recht haben und daß viel zu wenig über die Problem mit GMO bekannt sei. Zu den AktivistInnen, die gestern mit abgerissenen Maispflanzen im TV gezeigt wurden, gehört auch der 66-jährige Rentner Armin Meyer aus Niederfinow (Barnim). "Ich finde es wichtig, daß auch ältere Menschen etwas gegen die Gentechnik machen", sagt er. "Wenn Genmais an Kühe verfüttert wird, weiß doch keiner, was mit der Milch passiert." Der Imker Fabian Lares aus Müncheberg (Mäkisch-Oderland) sieht sich ebenfalls durch Genfelder in der Nachbarschaft bedroht. "Ich kann meine Bienen nicht von den Genmais-Feldern fernhalten."

Als versucht wird, über ein abgeerntetes Weizenfeld auf das nur 300 Meter von der Dorfstraße gelegene Gen-Mais-Feld zu gelangen, ist die Polizei zunächst überrascht. Sie riegelt die Straße ab, es kommt zum Schlagstock-Einsatz ohne vorherige Ankündigung und berittene Polizei verfolgt AktivistInnen durch den Gen-Mais-Acker. Dennoch geht es weitgehend friedlich zu. Ein Aktivist wird von einem Polizeihund leicht verletzt. "Wir sind mit 150 Leuten von Mildenberg aus über Stoppelfelder nach Badingen spaziert", erläutert "Gendreck-weg"-Sprecherin Jutta Sundermann im Nachhinein.

Einzelne werden mit Kabelbindern gefesselt abgeführt oder vom Feld getragen. 24 AktivistInnen werden wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch vorläufig festgenommen. Weitere 64 Personen nahm die Polizei in Gewahrsam, weil sie einem Platzverweis nicht nachgekommen waren. Eine junge Frau, die auf dem Feld einen Asthmaanfall erlitt, wird von Notärzten versorgt. Nach einer Stunde ist das Gen-Mais-Feld geräumt. Nach verschiedenen Angaben konnten bis zu 1000 Quadratmeter gerodet oder zertrampelt werden.

Mehrere Umweltverbände hatten sich von solchen gewaltfreien Aktionen distanziert. Greenpeace hingegen sieht ebenfalls in solchen Aktionen ein Mittel in der Abwehr einer irreversiblen Verseuchung der Kulturpflanzen mit künstlich eingebrachten Gen-Bruchstücken. Laut Aktion "Gendreck weg" nahmen an der Aktion in Badingen am Wochenende insgesamt rund 500 Menschen teil. Michael Grolm meint: "Wir haben schon jetzt unser Ziel erreicht und sind auf jeden Fall erfolgreicher als im vergangenen Jahr."

 

Ute Daniels

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

    Anti-GMO-Aktion kann von Gerichtsbeschluß
    nicht gestoppt werden (18.07.06)

    Anti-GMO-Aktion in Ladenburg (6.07.06)

 

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