Jahrelang wurde das Thema verdrängt. Seit zwei Jahren ist das Klima nun Top-Thema und (fast) alle PolitikerInnen gebärden sich plötzlich, als sei ihnen ernsthaft daran gelegen, das Klima zu retten. Doch entgegen den Ankündigungen und Versprechungen steigt der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid immer schneller: In den Jahren seit der Jahrtausendwende stieg er sogar vier Mal schneller als im Jahrzehnt zuvor. Auch Deutschland ist keineswegs ein "Klima-Vorreiter". Der Kohlendioxid-Ausstoß stagniert nahezu unverändert auf demselben Niveau wie seit dem Zusammenbruch der DDR-Industrie.
"Trotz allen Geredes über Klimaschutz hat sich der Anstieg der CO2-Konzentration noch beschleunigt", kritisiert Karsten Smid, Klima-Experte bei Greenpeace. Dies sei das Resultat eines internationalen Politikversagens, an dem Sigmar Gabriel und Angela Merkel eine Mitverantwortung haben. Es drängt sich jedoch die Frage auf, ob es sich hierbei tatsächlich um ein Versagen handelt, oder ob sie ihre Aufgabe jenseits der Nebelwand öffentlicher Verlautbarungen im Sinne der Mächtigen nicht hervorragend erfüllt haben.
Das australische Forschungsinstitut CSIRO stellt in seinem 'Global Carbon Project' fest, daß die Zuwachsrate damit noch über dem schlimmsten Szenario des Weltklimarats liegt. Die Verbrennung fossiler Energieträger und Landnutzungsänderungen hätten im vergangenen Jahr Emissionen mit einem Rekordergebnis von zehn Milliarden Tonnen Kohlenstoff verursacht. Davon entfallen 8,5 Milliarden Tonnen auf die Verbrennung fossiler Rohstoffe und die Zementproduktion. Gleichzeitig sinkt mittlerweile die Effizienz der Natur bei der Kohlenstoff-Aufnahme etwa in Wäldern und Ozeanen.
"Die neue Kohlenstoffbilanz zeigt, daß die Beschleunigung des Kohlendioxid-Ausstoßes und der Anreicherung der Atmosphäre in einem Jahrzehnt mit intensiven internationalen Bemühungen gegen den Klimawandel beispiellos und höchst überraschend sind", sagte der Direktor des Global Carbon Projects, Josep Canadell, der die Studie in Washington vorstellte. Die Aufgabe eines Wissenschaftlers ist es allerdings nicht, zu überprüfen, ob den wohlfeilen Ankündigungen tatsächlich "intensive Bemühungen" folgten, sondern allein, die physikalischen Resultate zu analysieren.
Durch das Abholzen von Wäldern in tropischen Ländern wurden 1,5 Milliarden Tonnen mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben als neu gepflanzte Bäume absorbieren konnten. Insgesamt steige zwar auch die Kohlendioxid-Aufnahme durch natürliche Senken wie Wälder und Ozeane, jedoch langsamer als die menschengemachten Emissionen, berichtete das Projekt. Das liege an den Wechselwirkung zwischen dem Kohlenstoffkreislauf und dem Temperaturanstieg. So hatten britische Forscher etwa im vergangenen Jahr gemeldet, dass sich die Kohlendioxid - Aufnahme des Meeres zwischen 1995 und 2005 um die Hälfte verringert hat.
Rund 54 Prozent der von Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen der Jahre 2000 bis 2007 seien von der Natur wieder aufgenommen worden, berichtete das Global Carbon Project. Das reichte jedoch bei Weitem nicht aus, um einen rasanten Anstieg der Kohlendioxidbelastung der Atmosphäre zu verhindern. Sie erreichte im vergangenen Jahr 383 Teilchen Kohlendioxid pro einer Million Teilchen Luft (ppm). Vor Beginn der Industrialisierung lag sie um 1750 noch unter 280 ppm - eine Zunahme um rund 37 Prozent.
Das Muster der Emissionen habe sich seit Vereinbarung der UN-Klimarahmenkonvention 1992 verändert, berichtete der British Antarctic Survey (BAS). Mehr als die Hälfte der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen kämen inzwischen aus Entwicklungsländern. "Die Weltwirtschaft bleibt abhängig von fossilen Energieträgern", erläuterte Corinne Le Quéré vom BAS und Professorin für Umweltwissenschaften an der Universität von East Anglia. "In den vergangenen 10 bis 15 Jahren haben wir einen steigenden Kohlendioxid-Beitrag der wachsenden Volkswirtschaften der Entwicklungsländer beobachtet. Die derzeitige Konzentration istdie höchste in den vergangenen 650.000 Jahren, wahrscheinlich sogar in den vergangenen 20 Millionen Jahren. Es ist beängstigend, die Dinge geschehen sehr, sehr schnell."
Erstmals emittierte China dem Bericht zufolge mehr Kohlendioxid als die USA und nimmt damit nun die weltweite Spitzenposition ein. Im Jahr 2007 stieß das Land rund 1,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus, die USA kamen auf 1,6 Milliarden Tonnen. Dennoch liegt der Pro-Kopf-Ausstoß in China mit 2,65 Tonnen Kohlendioxid pro Einwohner deutlich niedriger als in den USA mit 20 Tonnen. In Deutschland sind es derzeit 10 Tonnen.
Der aktuelle Bericht des 'Global Carbon Project' wurde von acht WissenschaftlerInnen verfasst. Er basiert auf Daten der UNO und des Energiekonzerns BP, statistischen Modellen und Erkenntnissen der Klimaforschung. Die Fakten belegen erneut, wie dringend nötig eine Wende zu eine solaren Energiewirtschaft ist.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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