30.12.2008

Klima: Naturkatastrophen
sorgen für wachsende Kosten
der Versicherungs-Konzerne

2008 war schadenreichstes Jahr seit über 100 Jahren

Naturkatastrophen haben laut Angaben des Versicherungs-Konzerns Münchener Rück das Jahr 2008 zu einem der kostspieligsten seit mehr als hundert Jahren gemacht. Darüber hinaus seien 2008 mehr als 220.000 Menschen ums Leben gekommen. Der gesamtwirtschaftliche Schaden lag bei rund 200 Milliarden US-Dollar (140 Milliarden Euro) gegenüber 82 Milliarden US-Dollar im Jahr 2007. Die versicherten Schäden stiegen 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf 45 Milliarden US-Dollar. Damit setze sich der Trend zu immer heftigeren Wetterextremen und dadurch bedingten Naturkatastrophen fort.

Torsten Jeworrek, Mitglied des Vorstands der Münchener Rück, sagte: "Damit setzt sich der von uns beobachtete langfristige Trend fort: Der Klimawandel hat bereits eingesetzt und trägt mit großer Wahrscheinlichkeit zu immer häufigeren Wetterextremen und dadurch bedingten Naturkatastrophen bei." Auch die Schadenshöhe steige ständig, da oft dicht besiedelte Regionen wie beispielsweise Küsten von Katastrophen betroffen seien.

Asien war 2008 erneut der am schlimmsten von Naturkatastrophen betroffene Kontinent. Durch den Zyklon Nargis kamen in Myanmar wahrscheinlich mehr als 135.000 Menschen ums Leben. Der Tropensturm sorgte mit sehr hohen Windgeschwindigkeiten, Rekordregenfällen und einer Sturmflut vor allem im tief liegenden Irrawaddy-Delta und in der ehemaligen Hauptstadt Rangoon für Verwüstungen. Da in den vergangenen Jahren große Teile der Mangrovenwälder - ein natürlicher Küstenschutz - verschwunden sind, konnte die Sturmflut bis zu 40 Kilometer ins Landesinnere vordringen. Das Land stand bis zu dreieinhalb Meter unter Wasser, mehr als eine Million Einwohner Myanmars wurden obdachlos.

Für enorme Schäden hatte in China zuvor schon eine ungewöhnliche Kältewelle mit gewaltigen Schnee- und Eismengen gesorgt, die Schäden in Höhe von mehr als 21 Milliarden US-Dollar verursachte. Eis und Schnee trafen die Infrastruktur in 18 Provinzen hart, Straßen und Schienenwege wurden blockiert und teilweise zerstört, die Stromversorgung kam zum Erliegen.

Für die Münchener Rück war der karibische Hurrikan Ike mit versicherten Schäden von 15 Milliarden US-Dollar das finanziell katastrophalste Ereignis in 2008. Während in den beiden Vorjahren das US-Festland von schweren Wirbelstürmen weitgehend verschont geblieben war, sorgten Hurrikane in diesem Jahr für erhebliche Schäden auch für die Versicherungswirtschaft. Gleich sechs tropische Wirbelstürme nacheinander (Dolly, Edouard, Fay, Gustav, Hanna und Ike) erreichten 2008 die US-Küste; der schwerste davon war Ike, der als Kategorie-2-Hurrikan bei Galveston, Texas, aufs Festland zog. Die Sturmflut, die Ike auslöste, setzte große Abschnitte der Küste von Texas und Louisiana unter Wasser. Auch auf seinem weiteren Weg über Land verursachte der Sturm durch extreme Niederschläge große Schäden, sodaß bisher von einem versicherten Schaden von 15 Milliarden US-Dollar - ohne die Schäden, für die das National Flood Insurance Program aufkommt - ausgegangen wird. Der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Ike beträgt rund 30 Milliarden US-Dollar. Gustav war der zweitteuerste Hurrikan des Jahres, mit einem gesamtwirtschaftlichen Schaden in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar.

Europa sei 2008 relativ glimpflich davongekommen, sagte der Chefrisikoforscher der Münchener Rück, Peter Höppe. Milliardenschäden habe Anfang März das Orkantief Emma gebracht. Es verursachte durch sehr hohe Windgeschwindigkeiten, Gewitter und Hagel in Deutschland, Dänemark, Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei, der Schweiz und Österreich einen Gesamtschaden von 2 Milliarden US-Dollar. Das Unwetter-Tief Hilal, das von Ende Mai bis Anfang Juni in Südwest-Deutschland und vor allem in Baden- Württemberg gewütet hat, richtete durch starke Böen, Hagel und sturzflutartige Überschwemmungen große Schäden an.

"Die Wettermaschine läuft auf höheren Touren", stellt der Experte mit Blick auf Treibhausgase und Erwärmung der Erdatmosphäre klar. In Deutschland mache sich das vor allem in Wetterextremen wie Hitzewellen und Überschwemmungen bemerkbar. Dadurch könne der Klimawandel auch hier zu Lande demnächst höhere Prämien für entsprechende Versicherungspolicen mit sich bringen.

In den Küstenregionen der USA haben sich die Versicherungs-Policen innerhalb der vergangenen Jahre verdoppelt. Mit steigenden Preisen oder Ausschlussklauseln könne die Assekuranz aber nur auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Ihn selbst zu bremsen, bleibe das weit wichtigere Ziel. Beim Ende 2009 anstehenden Klimagipfel in Kopenhagen müsse mindestens eine Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 im globalen Maßstab vereinbart werden, fordert Mümchener-Rück-Vorstand Torsten Jeworrek, wobei er die Rolle der Politik verkennt. Er fürchtet zu recht, daß ohne tiefgreifende Konsequenzen kommende Generationen mit kaum noch beherrschbaren Wetterszenarien leben müssten. Auch ökonomisch werde es bei zu langem Zögern sehr teuer.

Der britische Klimaexperte Nicholas Stern sagt bei Tatenlosigkeit bis 2050 durch Klimawandel bedingte und sukzessiv steigende Kosten in Höhe von fünf bis 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung voraus. Heute beträgt diese rund 45 Billionen Dollar. Die Kosten zur Eindämmung des Klimawandels beziffert er mit jährlich einem Prozent dieses Betrages.

Aktiver Klimaschutz berge durch die Förderung neuer Technologien großes, auch für Wirtschaftsimpulse taugendes Wachstumspotenzial, betont die Münchener Rück. Die wegen der Rezession weltweit anlaufenden staatlichen Förderprogramme müssten deshalb auch in Richtung Klimaschutz gelenkt werden, fordert Höppe. Wärmedämmung von Altbauten oder erneuerbare Energien seien lohnende Ziele.

Keinesfalls dürfe die Wirtschaftskrise dazu führen, daß wir den Klimaschutz aus den Augen verlieren. Denn 2008 seien ungeachtet aller Klimaschutzziele und der beginnenden Rezession die Emissionen an Treibhausgasen weiter gestiegen. Wegen wieder billigerem Öl und Gas lasse der Sparzwang aber nur vermeintlich nach, wie die aktuelle Statistik der Naturkatastrophen belegt.

Nach einer vorläufigen Einschätzung der World Meteorological Organisation (WMO) war 2008 das zehntwärmste Jahr seit Beginn der routinemäßigen Temperaturmessungen - auf der Nordhalbkugel das achtwärmste. Damit fallen die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen Messung in die vergangenen zwölf Jahre.

"Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die vom Menschen emittierten Treibhausgase die Ursache für die fortschreitende Erwärmung der Atmosphäre. Die Logik ist klar: Steigende Temperaturen bedeuten mehr Verdunstung und eine höhere Aufnahmekapazität der Atmosphäre für Wasserdampf und damit einen größeren Energieinhalt. Die Wettermaschine läuft auf höheren Touren, es kommt zu intensiveren Unwetterereignissen mit entsprechenden Folgen auf der Schadenseite. Für die zunehmenden Starkniederschlagsereignisse in vielen Regionen der Erde, die Hitzewellen und die Hurrikane im Nordatlantik ist der Zusammenhang bereits heute wahrscheinlich. Die Schadenstatistik des Jahres 2008 paßt in das Muster, das man aus den Berechnungen der Klimamodelle erwarten muß", sagt Professor Peter Höppe, Leiter der GeoRisiko-Forschung der Münchener Rück.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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