Skandal um Konzern, der sich selbst Kompetenz im Naturschutz zuschreibt
Am Donnerstag konnte bei Lacoma1 in der Lausitzer Teichlandschaft
in letzter Minute ein Bagger gestoppt werden. Nur mit Einsatz der zu Hilfe gerufenen Polizei war die weitere Zerstörung eines Winter-Quartiers von geschützten Amphibien abzuwenden.
Die vom Aussterben bedrohten Rotbauchunken, die in der Gegend um Lacoma noch in Restbeständen vorkommen, finden jedes Jahr in Schotter- und Sandhaufen am Rande der Teiche ihr Winterquartier, wo sie auch größeren Frost unbeschadet überstehen können. Erst im März 2004 war es zu einem Zwischenfall gekommen, weil eine von Energie-Multi 'Vattenfall' beauftragte Baufirma begonnen hatte, die Winter-Quartiere der Amphibien abzuräumen und abzutransportieren. Nach einem Einspruch des Umweltamtes wegen der beginnenden Amphibienwanderung mußte 'Vattenfall' das Abräumen der Schotter- und Sandhaufen einstellen.
Der Konzern 'Vattenfall', der das Gelände für die Ausbeutung der dort vorkommenden Braunkohle im Tagebau beansprucht, versucht seit Jahren Teiche und Dörfer in der Nähe von Cottbus Stück um Stück zu zerstören. Und dies, obwohl eine Klage des Naturschutz-Verbandes 'Grüne Liga' gegen das Vorgehen von 'Vattenfall' ist seit Juni beim Verwaltungsgericht Cottbus anhängig ist. Und ein Genehmigungsverfahren, das dem Konzern juristisch erst freie Hand geben würde, ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Eine Stellungnahme der EU-Kommision steht noch immer aus. Diese hatte im Zuge der Ausweisung von FFH-Gebieten die Lausitzer Teichlandschaft unter anderem wegen der dort noch vorkommenden und vom Aussterben bedrohten Rotbauchunke zum EU-Schutzgebiet erklärt.
'Vattenfall' versucht sich seit geraumer Zeit in der Öffentlichkeit mit Prestige-Projekten im Naturschutz zu profilieren. So sollen mit Mitteln des Konzerns die Rotbauchunken in ein neugeschaffenes Biotop umgesiedelt werden. Unberücksichtigt bleibt dabei, daß Umsiedlungs-Aktionen bei den meisten Amphibienarten bislang mit negativem Ergebnis verliefen.2
Die Tatsache, daß sich im Gebiet der Lausitzer Teichlandschaft insbesondere die bedrohte Rotbauchunke zur Überwinterung in die Schotter- und Sandhaufen zurückzieht, war durch eine nur wenige Jahre zurückliegende wissenschaftliche Untersuchung bekannt. Dennoch ließ der Konzern, der sonst gerne auf sein Know-How im Naturschutz hinweist, den Sommer verstreichen und schickte erst jetzt, nachdem die Winter-Quartiere zum Ende des Herbstes wieder von den Amphibien bezogen wurden, erneut den Bagger.
Am Donnerstag war das zuständige Umweltamt zunächst nicht zu erreichen und bis die Polizei eintraf, wurden bereits drei LkW-Ladungen verladen und abtransportiert. Mit dem Eintreffen der Polizei und dem Stop der Arbeiten konnten immerhin rund 80 Prozent der Winter-Quartiere vor der Zerstörung gerettet werden.
Klaus Schramm
Anmerkungen
1 Siehe hierzu auch unsere Artikel
'Lacoma. Häuserübergabe verweigert' (4.12.04)
'Horno. Energie-Konzern sprengt Kirche' (1.12.04)
'Betrugsvorwürfe gegen Vattenfall' (17.06.04)
'Lacoma: Klage gegen Vattenfall eingereicht' (7.06.04)
'Lausitzer Teichlandschaft wird weiter zerstört' (2.06.04)
'Hungerstreik für Lacoma' (19.03.04)
'Hungerstreik, Räumung und Abrisse in Lacoma' (23.02.04)
'Robin-Wood-Aktion für Lacoma' (21.12.03)
'Lacoma: Abriß begonnen' (18.10.03)
'Lacoma und Rotbauchunke kämpfen' (12.10.03)
'Lacoma und Rotbauchunke weiterhin bedroht' (15.08.03)
'Energie-Multi gegen Lacoma und Rotbauchunke' (9.08.03)
2 Siehe hierzu auch unseren Artikel
'Ersatzgewässer oder Untertunnelung' (6.05.2000)