5.09.2008

Atomkraftwerke sind
potentielle Terror-Ziele

BUND warnt vor 9/11 in Deutschland

In wenigen Tagen jährt sich zum siebten Mal der Terror-Anschlag auf das World Trade Center in New York. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) weist daher auf die unverändert hohen Risiken hin, die deutsche Atomkraftwerke bergen. Die Reaktoren sind nach wie vor völlig unzureichend gegen Anschläge mit gekaperten Passagierflugzeugen gesichert. Außerdem werde es potentiellen Attentätern viel zu leicht gemacht, Sicherheitslücken auszunutzen, warnte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger am heutigen Freitag in Berlin.

Der BUND hat den unabhängige Atomexperte und Berater Helmut Hirsch mit einer Studie zur Verletzlichkeit deutscher Atomkraftwerke beauftragt. Sein Fazit: "Atomkraftwerke sind durch Terror- und Sabotageakte weiterhin leicht angreifbar. Von außerhalb der Anlage können Attacken sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus erfolgen. Ebenso ist ein Beschuß des Geländes oder der Gebäude mit Geschützen denkbar. Und eine besonders große Gefahr geht von möglichen Innentätern aus."

Laut Hirsch sind derartige Szenarien spätestens seit dem 11. September 2001 zu einem täglichen Risiko geworden. "Tatsächlich wirksame Maßnahmen zur Minimierung der Gefahren wurden bisher leider nur unzureichend ergriffen. Zwar stehen an einigen wenigen Atomkraftwerken inzwischen Vernebelungsanlagen, diese bieten jedoch keinen ausreichenden Schutz und erschweren im Ernstfall sogar Rettungskräften oder der Feuerwehr ihre Arbeit. Und ein anfliegendes Flugzeug kann auch in einer Nebelwolke sicherheitsrelevante Anlagenteile treffen", sagte Hirsch.

Der Experte beurteilt die AKWs Biblis A, Brunsbüttel und Philippsburg I als besonders gefährdet. Grund dafür seien die schwachen Auslegungen der Wandstärken der Reaktorgebäude. Eine weitere Schwachstelle würden die Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Philippsburg I, Isar I und Krümmel aufweisen: Über dem Containment, im oberen Teil des Reaktorgebäudes, befinde sich das Brennelemente-Lagerbecken, das erheblich mehr langlebige radioaktive Stoffe enthalten könne als der Reaktor selbst.

Bedenklich sei zudem, daß zur Einsparung von Kosten in den Atomanlagen immer mehr Wartungs- und Prüfarbeiten während des Leistungsbetriebes statt wie zuvor bei abgeschaltetem Reaktor durchgeführt würden. Dadurch entstünden besonders riskante Situationen. Hinzu komme das teilweise Fehlen von Fachkräften und der Einsatz von Fremdfirmen in sensiblen Bereichen. Dies erhöhe für potentielle Terroristen die Chance, in ein Atomkraftwerk einzudringen.

Überlegungen, mittels Schutzbauten wie beispielsweise Türmen die Sicherheit von Atomkraftwerken gegenüber Angriffen von außen zu erhöhen sind nach Einschätzung des unabhängigen Atomexperten Hirsch unrealistisch. Gegen Sabotageakte durch Personen, die sich innerhalb der Atomanlagen aufhalten, helfe wiederum nur eine stärkere Überprüfung und Kontrolle - mit negativen Folgen für den Datenschutz und die Bürgerrechte. Das Fehlen wirksamer Schutzmaßnahmen gegen Terroranschläge führe zu Untätigkeit und Ratlosigkeit. Zwar habe das Bundesumweltministerium bereits 2002 die zuständigen Landesatomaufsichtsbehörden aufgefordert, anlagenspezifische Analysen über die Sicherheitslücken bei Atomkraftwerken und mögliche Gegenmaßnahmen zu erstellen. Die Länder seien dieser Aufforderung jedoch bisher nicht nachgekommen.

BUND-Vorsitzender Hubert Weiger zog bei der Vorstellung der Studie in Berlin das Fazit: "Die einzige Möglichkeit, die Terrorgefahren entscheidend zu minimieren, ist das sofortige Abschalten aller Atomkraftwerke."

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel

      Neues EPR-Atomkraftwerk kann durch Flugzeug-Attacke
      zerstört werden
      Sprecher des französischen Anti-Atom-Bündnisses droht Haft
      (26.03.08)

      Auch neue EPR-Atomkraftwerke terrorgefährdet
      Greenpeace kritisiert Zensur der französischen Regierung (25.09.05)

      Präventiver Abschuß von Flugzeugen
      Es geht um ungesicherte AKWs (12.01.05)

      Bestätigung für Holger Strohm:
      Deutsche AKWs ungesichert gegen Flugzeug-Terror
      Geheime GRS-Studie wurde österreichischen Medien zugespielt
      (17.12.03)

      AKWs ungeschützt gegen Terror-Angriffe (7.04.03)

 

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