29.11.2010

Wikileaks-Enthüllung
Hillary Clintons illegale Aktionen

Viel Tratsch überdeckt Wichtiges

Wikileaks-Logo Mit einer neuen Enthüllung von rund 250.000 US-Geheim-Dossiers, die offenbar aus US-Botschaften in vielen Ländern der Welt stammen, weist das Whistleblower-Portal Wikileaks insbesondere der US-amerikanischen Außenministerin Hillary Clinten illegale Aktionen nach. So hat diese laut den veröffentlichten Dokumenten die Bespitzelung der UNO und deren Generalsekretär Ban Ki Moon angeordnet. Wichtige Informationen aus den Geheim-Dossiers drohen jedoch unter einer Fülle von Tratsch unterzugehen.

Der von US-Außenministerin Clinton abgezeichnete "Nationale Beschaffungsplan unter Einsatz menschlicher Quellen" ("National Humint Collection Directive") sieht das Ausspionieren der UNO vor. Auch Auskünfte über die Pläne und Absichten von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon und seinem Sekretariat sind Teil der ausführlichen Wunschliste Clintons. Der "Beschaffungsplan" mit seinen Anweisungen sei an 30 US-Botschaften weltweit gegangen. Es darf als ausgeschlossen gelten, daß Clinton ohne die ausdrückliche Einwilligung von US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama solche illegalen Aktionen angeordnet hat, mit denen die USA den UNO-Vertrag bricht. Nach der auch von den USA unterzeichneten UNO-Konvention von 1946 wird die Immunität der Vereinten Nationen gewährleistet und sowohl UNO-Einrichtungen wie auch deren Besitz sollen vor Eingriffen geschützt werden.

Laut der von Wikileaks veröffentlichten Bespitzelungs-Direktive Clintons sollen insbesondere Informationen über persönliche Kreditkarteninformationen, Vielflieger-Kundennummern sowie E-Mail- und Telefon-Verzeichnisse gesammelt werden. In vielen Fällen fordere das US-Außenministerium sogar "biometrische Daten", zum Beispiel Fingerabdrücke, Porträtfotos oder Scans der Augen-Iris, und "Paßwörter für Verschlüsselungen" an.

Bei der nun über die Mainstream-Medien vermittelten Information der Weltöffentlichkeit über die Wikileaks-Enthüllung gehen die wirklich wichtigen Themen jedoch unter einer Fülle von Tratsch unter. So lustig es sein mag, zu erfahren, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel in US-amerikanischen Diplomatenkreisen als "Teflon-Merkel" bezeichnet wird - entscheidend dürfte es in Zukunft sein, solchen Tratsch von den wichtigen Informationen zu unterscheiden, Spreu vom Weizen zu trennen. Zudem besteht die Gefahr - ähnlich wie bei den Informationen aus Stasi-Akten - , daß die Informationen nicht unbedingt zuverlässig sind, da die Diplomaten in den US-Botschaften erfahrungsgemäß auch gerne das an die Zentrale in Washington "kabelten", was diese gerne hören wollte und nicht unbedingt das, was die Realität vor Ort widerspiegelt.

Die Kooperation mit den fünf Presse-Erzeugnissen, 'New York Times', 'Guardian', 'Le Monde', 'El País' und 'spiegel' birgt das Risiko, daß das brisante Material entschärft wird und daß sich zugleich der Schwerpunkt der Artikel um die Scheinfrage dreht, ob Wikileaks Menschenleben gefährdet, während die entscheidenden Fakten über die Verbrechen der US-Regierung in den Hintergrund treten. Der Zweck, internationale Aufmerksamkeit zu erlangen, wurde durch die Zusammenarbeit mit den Mainstream-Medien sicherlich erreicht. Wenn es jedoch darum gehen soll, diese Aufmerksamkeit dafür zu nutzen, weiterhin Enthüllungen zu veröffentlichen statt Entertainment zu liefern, muß das Internet als letzter freier Nachrichten-Kanal ausgebaut und eingesetzt werden.

Die US-Regierung reagierte nur wenige Minuten nach der Veröffentlichung im Internet. Die Preisgabe der Geheim-Dokumente sei "unverantwortlich", "rücksichtslos" und "gefährlich", erklärte der Sprecher der US-Regierung Robert Gibbs. Die US-Regierung hatte bis zuletzt die Veröffentlichung zu verhindern versucht und Wikileaks davor gewarnt, die geheimen Depeschen ins Internet zu stellen. Die Enthüllungen gefährdeten Leben. Die fünf an der Veröffentlichung beteiligten Mainstrean-Medien wurden ausdrücklich von der Kritik ausgenommen. Die Presse mache "nur ihren Job". Zu kritisieren sei jedoch derjenige, "der das Material gestohlen hat." Damit erweist sich der Angriff der US-Regierung auf Wikileaks als absurd und letztlich heuchlerisch.

Wikileaks hat ebenso wenig das Material gestohlen wie die fünf an der Veröffentlichung beteiligten Medien, sondern sorgt lediglich für dessen Veröffentlichung. Wikileaks macht also nichts anderes als den Job einer "freien Presse", der von den Mainstream-Medien spätestens seit deren "Einbettung" bei der Irak-Kriegsberichterstattung mehr und mehr vernachlässigt wurde.

 

 

Anmerkung

Siehe auch unsere Artikel:

      Wikileaks-Gründer Assange
      erneut mit Vergewaltigungsvorwurf verfolgt (18.11.10)

      Verbrechen Krieg
      Wikileaks veröffentlicht Dokumente zum Irak-Krieg (24.10.10)

      Wikileaks deckt Hintergründe
      des Afghanistan-Kriegs auf (28.07.10)

      Irak-Krieg: Video zeigt Kriegsverbrechen
      US-Hubschrauberbesatzung schießt auf Unbewaffnete (6.04.10)

      wikileaks.de gesperrt
      Beginn der Internet-Zensur in Deutschland? (11.04.09)

      Hausdurchsuchung bei Inhaber der Domain wikileaks.de
      Aktionismus gegen Kinderpornographie
      als Vorwand für politische Zensur (25.03.09)

      Barack Obama und das Nadelöhr
      ... anderes zu erwarten als von Bush? (6.10.08)

 

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