7.07.2008

US-Gericht entscheidet
nach 19 Jahren

über Tanker-Katastrophe Exxon Valdez
Exxon-Konzern verdient am Unglück

In der Nacht zum 24. März 1989 geschah an der Küste Alaskas die bislang größte Tanker-Katastrophe. Der mit 170.000 Tonnen Rohöl beladene über 300 Meter lange "Supertanker" Exxon Valdez lief auf einen Fels auf und verseuchte die Küste auf eine Länge von 1.900 Kilometern mit über 35.000 Tonnen Rohöl. Nun hat das Obersten US-Bundesgericht ein Urteil gefällt, wonach der verantwortliche Mineralöl-Konzern Exxon (heute: ExxonMobil - in Deutschland: Esso) statt der ursprünglich festgesetzten 5 Milliarden nun lediglich eine Strafe von 500 Millionen US-Dollar aufbringen muß.

Der jährlichen Reingewinn von ExxonMobil liegt bei über 40 Milliarden US-Dollar und steigt gegenwärtig durch die Ölpreissteigerungen gewaltig. Bei der nun festgesetzten "Strafe" handelt es sich also um wenig mehr als 1 Prozent des jährlichen Gewinns.

Doch real verdient ExxonMobil sogar am Unglück: Der Konzern konnte die ursprünglich ausgesprochene Strafe von 5 Milliarden US-Dollar als nicht zu versteuernde Sonderrücklage anlegen. Das so an Steuern, Zinsen und Zinseszinsen gewonnene Geld übersteigt nach 19 Jahren bei weitem die jetzt festgesetzte Strafe von 500 Millionen US-Dollar.

Das Oberste US-Bundesgericht berief sich in seinem Urteil, die Strafe auf ein Zehntel zu verringern, ausgerechnet auf die schäbigen und völlig unzureichenden Entschädigungszahlungen des Konzerns. Die Bestrafung dürfe die Entschädigungszahlungen nicht übertreffen.

Bis heute hat sich die Meeresfauna und -flora im Unglücksgebiet nicht völlig erholt. Die Verseuchung durch das Rohöl war in der kalten Region besonders desaströs, weil die Tanker-Havarie in unmittelbarer Nähe der Küste und in einem Gebiet stattgefunden hatte, das der Laichplatz vieler bedeutender Meeresfische ist. So wurden die Heringsbestände massiv geschädigt, da ihr Laich nahezu vollständig vernichtet wurde. Auch der Lachs war stark betroffen, da er in Flüssen laicht, die im betroffenen Gebiet münden. Vom Meer aus müssen diese Laichgebiete für den Lachs zugänglich sein. Darüber hinaus verendeten Zehntausende am Ufer brütende Seevögel und tausende Meeressäger, darunter überwiegend Fischotter.

Insgesamt rund 32.000 Menschen waren von der Ölpest unmittelbar betroffen. Überwiegend von der Ethnie der Inuit und Yuit (der bekannte Name der Ureinwohner "Eskimo" ist ein Schimpfwort) waren die Betroffenen durch den Einbruch beim Fischfang in ihrer Nahrungsgrundlage betroffen und ebenso verloren viele als Berufsfischer die Basis ihres Einkommens. Dennoch wurden sie von Exxon lediglich mit durchschnittlich 15.000 US-Dollar Entschädigung pro Kopf abgefunden. Exxon behauptet zudem, alle Küstenbereiche gesäubert zu haben. Tatsächlich jedoch wurden nur jene Bereiche gesäubert, die für Reinigungskräfte leicht zugänglich waren, während große schwer zugängliche Bereiche bis heute mit Öl verschmutzt sind. Tausende Familien von Ureinwohnern mußten in umliegende Städte ziehen und dort um Almosen betteln.

Im Prince William Sund waren vor 1989 auch industrielle Fischfangunternehmen tätig, darunter die sogenannten Seattle Seven, sieben Firmen, die in Seattle ihren Sitz haben. Der Exxon-Konzern konnte diese Firmen mit der Drohung, sie würden andernfalls bis zu einer Entscheidung des Obersten US-Bundesgerichts warten müssen, unter Druck setzen. So gaben sich alle sieben Firmen mit Entschädigungen von jeweils rund sieben Millionen US-Dollar zufrieden.

Erschwerend für die Schuld des Exxon-Konzerns müßte berücksichtigt werden, daß bereits damals durchaus doppelwandige Tanker gebaut wurden. Doch bis heute sind Öltanker aus Profitgründen und mangels gesetzlicher Vorgaben weit überwiegend in einwandiger Ausführung ebenso wie die Exxon Valdez als tickende Zeitbomben unterwegs. Der Konzern hatte einen wegen Alkoholismus bekannten Kapitän auf der Exxon Valdez eingesetzt, der in der Unglücksnacht betrunken seinen Posten verließ. Der stellvertretende erste Offizier hatte kein Patent für den Prince William Sund, wo das Unglück geschah.

Wie zum Hohn ist auch die Exxon Valdez weiterhin als "Supertanker" unterwegs. Sie wurde repariert und fährt heute unter dem Namen "Sea River Mediterannean". Sollte ein Fels die Außenhaut erneut durchschlagen, können sich ohne weitere Schutzvorrichtung bis zu 170.000 Tonnen Rohöl ins Meer ergießen. Da die Regierungen in den westlichen "Demokratien" in weit stärkerem Maße von den Konzernen als von den WählerInnen kontrolliert werden, ist die nächste Katastrophe vorprogrammiert.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

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