27.02.2013

Bienen und Wildinsekten sind
überlebenswichtig
Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft

Hummel
Forschungs-Ergebnisse von 50 WissenschaftlerInnen zeigen die Gefährdung von Bienen und Wildinsekten durch die industrielle Landwirtschaft auf. Insbesondere die Bedeutung von Wildinsekten für die Bestäubung von Pflanzen wurde bislang unterschätzt. Die im Fachmagazin 'science' veröffentlichte Studie belegt, daß die industrielle Landwirtschaft nicht zukunftsfähig ist und zur Selbstausrottung der Menschheit führt.

Nicht selten wurden UmweltschützerInnen in den vergangenen Jahren verlacht, wenn sie vor der Ausrottung der Honigbiene infolge der in der industriellen Landwirtschaft eingesetzten Pestizide warnten. Die VertreterInnen der Agro-Industrie drohten mit Milliarden-Verlusten, die eine Agrar-Wende mit der 100-prozentigen Umstellung auf Bio-Landwirtschaft mit sich brächte. Die vor wenigen Tagen veröffentlichten Ergebnisse lenken das Augenmerk auf eine Gefahr für Honig-Bienen und Wildinsekten, die jene der Pestizide noch in den Schatten stellt: Insbesondere die für die Bestäubung der für die menschliche Ernährung wichtigsten Nutzpflanzen unverzichtbaren Wildinsekten seien durch den Verlust an Lebensraum besonders stark zurückgedrängt worden.

50 WissenschaftlerInnen zweier internationaler Teams hatten weltweit auf 600 Anbauflächen mit Mais, Raps, Obstbäumen und anderer Nutzpflanzen den Anteil der Honigbiene an der Bestäubung untersucht. Dabei zeigte sich, daß eine größere Vielfalt der Bestäuberarten höhere Ernten und gleichmäßigere Erträge sichert. Zudem stellten die ForscherInnen fest, daß die Wildbienen erfolgreicher arbeiteten. Die Erträge etwa bei Tomaten, Melonen oder Kaffee werden in erster Linie durch das Fehlen von Wildinsekten begrenzt.

Wildbienen und andere für die Bestäubung von Nutzpflanzen unverzichtbare Insekten wie Käfer und Schwebfliegen werden – so die neuen wissenschaftlichen Ergebnisse – nicht einmal in erster Linie durch Pestizide verdrängt. Die industrielle Landwirtschaft verursacht die Vernichtung dieser wildlebenden Bestäuber mehr durch die großflächig ausgeräumten und für den Maschineneinsatz optimierten Agrarflächen als durch die Pestizide. Denn in diesen "Agrarlandschaften" sind die Lebensräume dieser nützlichen Insekten verschwunden.Wildbienen nisten im Totholz in Hecken, Waldrändern oder auch im Boden. Diese naturnahen Räume zu erhalten, zu verbessern oder neu anzulegen, das geht für Ingolf Steffan-Dewenter von der Uni Würzburg, Co-Autor der in 'science' veröffentlichten Studie, nur gemeinsam mit den LandwirtInnen. Der Würzburger Wissenschaftler weist darauf hin, die Studie beweise, daß eine größere Zahl verschiedener Insektenarten für die Bestäubung von Nutzpflanzen einen meßbaren zusätzlichen Effekt erbringt. "Sie sichern eine höhere Ernte und auch eine größere Gleichmäßigkeit der Erträge," so Ingolf Steffan-Dewenter.

Bereits im Jahr 2010 zeigte eine Studie von US-WissenschaftlerInnen (siehe unseren Artikel v. 5.07.10), daß der sichtbare Erfolg der Bio-Landwirtschaft zu einem großen Teil auf die höhere Artenvielfalt auf den so bewirtschafteten Feldern zurückzuführen ist. Es hatte sich gezeigt, daß etwa Kartoffelkäfer im Bio-Landbau nicht überhandnehmen. Ackerbegleitpflanzen, die ansonsten mit Herbiziden vernichtet werden, locken Vögel an, die wiederum für den Anbau schädliche Insekten fressen. Die US-amerikanische Untersuchung hat gezeigt, daß Nützlinge die besseren Schädlingsvertilger waren. Der Einsatz von Chemie ist nicht nur für Mensch und Natur schädlich, sondern erweist sich zudem einem Konzept, das die Natur zum eigenen Vorteil einzusetzen weiß, als unterlegen.

"Es war bis jetzt immer ein Rätsel, wie Bio-Bauern hohe Erträge ohne synthetische Insektizide erzielen konnten," sagte Bill Snyder von der Washington State University. "Unsere Studie kommt zum Ergebnis, daß der Erhalt der Artenvielfalt ein Schlüssel zum Erfolg ist." Ökosysteme mit einer größeren Anzahl von Arten halten die Schädlinge fern und sorgen zugleich dafür, daß sie nicht überhand nehmen. Grundlage für dieses Erfolgsrezept ist die Zielsetzung der Bio-Landwirtschaft, die Vielfalt der natürlichen Lebensräume zu erhalten. Dies führt dazu, daß ein stabiles ökologisches Gleichgewicht auch dem Menschen zugute kommt.

Über 70 Prozent aller Blütenpflanzen werden von Bienen bestäubt. Ohne Bienen und andere bestäubende Insekten aber tragen sie keine Früchte mehr. Dies wäre eine katastrophale Folge für die Welternährung. Allein mit dem Verschwinden der Bienen, wäre das Aussterben des Menschen unwiderruflich besiegelt. Bereits Albert Einstein schrieb über die Bedeutung der Bienen für die gesamte Nahrungskette: "Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr - keine Bestäubung mehr - keine Pflanzen mehr - keine Tiere mehr - keine Menschen mehr..."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      EU-Kommission versucht Gen-Honig
      durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)

      Bio-Lebensmittel
      - nur ein Mythos? (4.09.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Bio-Landwirtschaft
      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Artenvernichtung
      Osterhase gefährdet? (4.04.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Artenvernichtung beschleunigt
      Elefant und Nashorn in höchster Gefahr (3.03.12)

      Artenvernichtung
      Rote Liste wird länger (10.11.11)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      UN-Artenschutzkonferenz in Nagoya
      Mehr als nur wohlklingende Beschlüsse? (30.10.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      Artenschutzkonferenz zündet nächste Stufe
      zur Zerstörung der Lebensgrundlagen (18.03.10)

      Greenpeace: Salate nach wie vor
      stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)

      Bio-Landwirtschaft
      Option für Klimaschutz
      und Sicherung der Welternährung (26.01.10)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr (18.11.09)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig agro-industrielle Landwirtschaft
      (24.07.08)

      Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
      Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser (18.05.08)

      Bio-Mandarinen deutliche besser
      Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)

      Paprika mit Pestiziden
      Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast (2.07.04)

      Obst- und Gemüse
      aus dem Bio-Laden (21.09.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

 

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