2.07.2010

Elbe radioaktiv verseucht
Unterlauf belastet wie La Hague

Elbe radioaktiv verseucht Offenbar ist der Unterlauf der Elbe zwischen dem AKW Krümmel in Geesthacht und dem AKW Brunsbüttel stark mit Transuranen belastet. Darauf weisen tendentiell schon etliche Jahresberichte des Bundesumweltministeriums zu "Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung" hin. Insbesondere fanden sich das Ultra-Gift Plutonium und Americium. Diese Transurane stammen nach Ansicht von ExpertInnen nicht aus dem Fallout früherer Atombombenversuche. Die gemessenen Werte liegen in einem extrem hohen Bereich, der vergleichbar ist mit den Ableitungen aus den sogenannten Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien).

Atom-Minister Norbert Röttgen hat bereits in einer Stellungnahme mit der Standardauskunft reagiert, es bestehe "keine Gefahr für Mensch und Umwelt." Es könne allerdings "nicht ausgeschlossen werden", daß ein Zusammenhang mit der Unterhaltungsbaggerung im Hafen und in der Fahrrinne bestehe. Eine routinemäßige Überwachung sei jedoch nicht vorgesehen. Röttgens Staatssekretär Andreas Bühling begründet dies damit, daß "Transurane in der Vergangenheit (...) nicht oder nur in geringsten Mengen gefunden wurden und die vorgefundenen Konzentrationen zu keiner relevanten Strahlenexposition der Bevölkerung führen."

Bedenklich ist die hohe Konzentration nicht allein wegen den im Ballungsraum Hamburg lebenden Menschen. Da im Zuge der anstehenden Elbvertiefung mit dem Ausbaggern die Sedimente aufgewühlt werden, kann dies zu einer erheblichen Mehrbelastung der Nordsee führen. Zudem wird der Aushub gewöhnlich dort verklappt. Daß mit einer weiteren Elbvertiefung die radioaktive Belastung vermutlich steigt, hatte der örtliche Verband der Umweltschutz-Organisation BUND bereits im Mai geäußert. Durch die Baggerungen könnten Bund und Hamburg bereits seit Jahrzehnten "hoch radioaktiv" belastete Sedimente weiträumig im Elbe-Ästuar und in der Nordsee verteilt haben. Umweltschützer Norbert Welker vom BUND macht sich vor diesem Hintergrund weiterhin für den Ausbaggerungs-Stop im Hafen und in der Fahrrinne stark - solange, bis die Ursache der Radioaktivitätsbelastung "zufriedenstellend" geklärt sei.

Vermutet wird auch ein Zusammenhang mit dem bis heute offiziell geleugneten Unfall auf dem Gelände des Forschungszentrums GKSS, das unmittelbar an das AKW Krümmel und an die Elbe angrenzt. Seit diesem Unfall vom 12. September 1986 ist im Raum Geesthacht die weltweit höchste Konzentration von Kinderleukämie zu verzeichnen.

Nicht zum ersten Mal wartet das Bundesamt für Strahlenschutz in diesem Zusammenhang mit einer reichlich absurden Vermutung auf: In einem Bericht aus dem Jahr 2007 heißt es, die "relativ hohen Meßwerten in der Elbe und ihrem Mündungsbereich und in der äußeren Deutschen Bucht" könnte möglicherweise - entgegen der Elbströmung - von Ablagerungen der Abwässer aus La Hague oder Sellafield (ursprünglich: Windscale, später umbenannt) stammen.

Auch Martin Keller, Leiter des Referats "Radiologie und Gewässermonitoring" bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde, bestätigt das Vorkommen von Americium 241. Dieses entsteht unter anderem als Zerfallsprodukt in abgebrannten Brennstäben. Americium wurde auch in den geheimnisvollen Kügelchen nachgewiesen, die im Raum Geesthach gefunden wurden und als Überbleibsel des Unfalls vom 12. September 1986 gelten.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Unsinniger CASTOR-Transport
      von Hamburg nach Südfrankreich (15.06.10)

      Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
      Neue Studie im Auftrag des BFS (7.12.07)

      Leukämiefälle in Geesthacht
      ExpertInnen-Anhörung / Neue Analysen angekündigt (13.04.07)

      Neue Spuren im Leukämie-Skandal Geesthacht (5.09.06)

      50 Jahre GKSS
      und Deutschlands Streben nach der Atombombe (17.05.06)

      Atombomben-Experimente in Deutschland?
      12.09.86 - Brand auf dem Gelände der GKSS in Geesthacht (3.04.06)

      Harte wissenschaftliche Kontroverse
      um Elbmarsch-Leukämie (15.12.04)

      Noch sieben Jahre radioaktive Verseuchung?
      Sellafield soll 2010 stillgelegt werden (28.08.03)

      Leukämie in der Elbmarsch
      Heiße Teilchen... (9.04.01)

      Die Geschichte der Atom-Unfälle
      Folge 7 der Info-Serie Atomenergie

 

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