2.08.2007

Berufsverbot
gegen Heidelberger Lehrer

Auch hessisches Gericht bestätigt Rechtswidrigkeit

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat sich den bisherigen Gerichtsurteilen angeschlossen und das Berufsverbot1 gegen den Heidelberger Lehrer Michael Csaszkóczy als rechtswidrig verurteilt. Zuvor hatte bereits der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH), das oberste Verwaltungsgericht für das Land Baden-Württemberg, im März 2007 das Berufsverbot verworfen und der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 1995 die Berufsverbote in Deutschland in den Jahren von 1972 bis in die späten 80er Jahre als Verstoß gegen die Menschenrechte verurteilt.

Gestützt hatte sich der Versuch der damaligen baden-Württembergischen Kultusministerin Annette Schavan, die vor Jahren sang- und klanglos eingestellte deutsche Berufsverbotspraxis wiederaufleben zu lassen und an einem Heidelberger Lehramtsbewerber ein Exempel zu statuieren, allein auf dessen Einschätzung als "linksextrem" durch den baden-württembergischen Geheimdienst, den sogenannten Verfassungsschutz.

Nachdem die Exekutive des Landes Baden-Württemberg nach dem Urteil vom März dieses Jahres offensichtlich auf Zeit spielte und eine Umsetzung des Mannheimer Urteils zumindest zum Beginn des zweiten Schulhalbjahrs fraglich erschien, setzt Michael Csaszkóczy auf die Verfassungstreue in Hessen und den Respekt der dortigen zweiten Gewalt, der Exekutive, vor der dritten, der Jurisdiktion.

Das Verwaltungsgericht Darmstadt stellte nun fest, daß der Beschluß des hessischen Schulamts vom September 2005, der auf höhere Weisung erfolgt war, "auf einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage" beruhte, da eine Einzelfallprüfung versäumt worden sei.
(Az. 1 E 1247/06)

"Das Berufsverbot verletzt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, wie das Gericht heute betont hat", erklärte Csaszkóczy nach der Bekanntgabe des Urteils. "Eine Diskriminierung aufgrund der politischen Gesinnung ist unrechtmäßig. Damit hat das Verwaltungsericht Darmstadt ein wegweisendes Urteil gefällt." Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, Hessen begrüßte das Urteil. "Das Verwaltungsgericht hat heute ein klares Signal an das Kultusministerium gesandt, endlich Vernunft walten zu lassen und Michael Csaszkóczy in den Schuldienst zu übernehmen", sagte die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Carmen Thomas.

Dennoch ist zu befürchten, daß mit Michael Csaszkóczy in Hessen dasselbe menschenverachtende Spiel wie in Baden-Württemberg getrieben werden könnte.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Beiträge zum Thema

      Wie hält es die Bundesregierung
      mit dem Berufsverbot und europäischem Recht? (31.07.07)

      Berufsverbot von Gericht aufgehoben
      Michael Csaszkóczy darf Lehrer werden (14.03.07)

      Datenschutzbeauftragter interveniert
      zugunsten von baden-württembergischem Berufsverbotsopfer
      (15.08.06)

      Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
      Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus (21.02.06)

      "Rot-Grün" für Berufsverbot?
      Bundesregierung übernimmt Argumentation von
      Kultusministerin Schavan (18.05.05)

      Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer (25.11.04)

      Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
      Michael Csaszkóczy (4.11.04)

      Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy (3.08.04)

      Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg
      (11.02.04)

      Berufsverbote
      - Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
      für Opfer (28.01.04)

 

 

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