15.07.2008

Zulassung neuer Gen-Pflanzen
auf EU-Ebene verschoben

Seehofer führt Künasts Doppelspiel fort

Auf seiner Sitzung am gestrigen Dienstag konnte sich der EU-Agrar-Ministerrat nicht über die Zulassung zweier weiterer genmanipulierter Pflanzen als Futter- beziehungsweise Lebensmittel einigen. Obwohl der deutsche Agrar- und "Verbraucherschutz"-Minister Horst Seehofer entgegen seinen öffentlichen Aussagen für die Zulassung stimmte, kam von Frankreich und Österreich in beiden Fällen ein Nein. Das so entstandene Patt hat zur Folge, daß nunmehr die für ihre gentech-freundliche Politik berüchtigte EU-Kommission die Entscheidung trifft.

Zwei Gen-Pflanzen von Bayer CropScience, einer Tochter des Chemie-Konzerns Bayer, die Gen-Soja-Sorte A2704-12 und Gen-Baumwolle der Sorte LLCotton25 können also voraussichtlich bereits in kommenden Jahr in Europa angebaut werden. Bei der Gen-Baumwolle soll aus den Samen Pflanzenöl gewonnen werden - die Preßrückstände dienen sodann als Futtermittel. Mit Hilfe der Genmanipulation wurden beide Pflanzensorten gegen Herbizide resistent gemacht. Dies bedeutet, daß beim Versprühen dieser Chemikalien sämtliche Pflanzen außer den genmanipulierten absterben.

Seehofer wurde in den deutschen Mainstream-Medien mit der Äußerung zitiert, er setze sich für ein Recht auf nationale Anbauverbote für Genpflanzen ein. Über sein Abstimmungsverhalten wurde hingegen nicht berichtet. Zudem wird gezielt der Eindruck erweckt, Seehofer versuche als ehrlicher Makler einen Kompromiß zu vermitteln. Laut Presseveröffentlichungen habe sich Seehofer zudem Forderungen angeschlossen, die in der vergangenen Woche auf einem EU-"Umwelt"-Ministertreffen bei Paris von Frankreich erhoben und auch von Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel unterstützt wurden. Zwar gibt es heute bereits mehrere EU-Staaten, die nationale Gesetze gegen den Anbau genmanipulierter Pflanzen erlassen haben, darunter Österreich. Diese Verbote stünden aber bislang auf keiner sicheren rechtlichen Grundlage, habe Seehofer erklärt.

Seehofer versucht zudem, bei den insbesondere in Bayern der Agro-Gentechnik negativ gegenüber eingestellten LandwirtInnen zu punkten. Er spricht sich zwar nie klar für ein nationales Anbauverbot von Gen-Pflanzen in Deutschland aus, will dieses aber nicht ausdrücklich ausschließen. Statt dessen legt Seehofer das Hauptgewicht seiner Argumentation auf die offensichtlich falsche Behauptung, durch das "strenge deutsche Gentechnikrecht" sei der Anbau von Gen-Pflanzen in ökologisch empfindlichen Gebieten heute schon praktisch unmöglich. Auch in Regionen mit kleinen Grundstücksparzellen, bei denen das Risiko einer unerwünschten Ausbreitung genmanipulierten Saatguts besonders hoch sei, sei der Anbau von Gen-Pflanzen wegen der strengen Abstandsregeln weitgehend zum Erliegen gekommen - verbreitet Seehofer.

 

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Anmerkungen

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