10.02.2016

Survival International klagt an:
"WWF mitschuldig an Mißhandlungen"

Ein Baka klagt den WWF an - Foto: Survival International
Es ist das erste Mal, daß eine Naturschutz-Organisation bei der OECD angeklagt wird. Die Menschenrechts-Organisation 'Survival International' wirft dem WWF vor, in gewalttätige Mißhandlungen und Landraub gegen das Pygmäen-Volk der Baka verwickelt zu sein.

Eine Anklage bei der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) richtet sich üblicher Weise gegen multinationale Unternehmen. Doch auch beim WWF (World Wide Fund for Nature) handelt es sich um so etwas wie einen multinationalen Konzern. So verfügt der WWF nach eigener Aussage über ein Jahres-Budget von über 650 Millionen Euro (Stand: 2014). Schon vor fünf Jahren war der WWF wegen bedenklicher Praktiken scharf kritisiert worden (Siehe unseren Artikel v. 23.06.11).

'Survival International' legt Beweise vor, wonach Anti-Wilderei-Einheiten in Kamerun für gewalttätige Mißhandlungen und Landraub gegen das Pygmäen-Volk der Baka verantwortlich sind. Und diese Anti-Wilderei-Einheiten würden vom WWF mitfinanziert und ausrüstet.

Viele Gemeinden des Pygmäen-Volks der Baka wurden von solchen Anti-Wilderei-Einheiten aus dem Urwald vertrieben und leben nun nicht selten am Straßenrand, wo sie verstärkt Malaria und anderen Krankheiten ausgesetzt sind. 'Survival International' wirft dem WWF vor, sich vor Beginn der im Grunde zu begrüßenden Naturschutz-Aktivitäten in Kamerun nicht kundig gemacht zu haben. Insbesondere habe es der WWF verabsäumt, mögliche Auswirkungen auf das Volk der Baka in seinen Planungen zu berücksichtigen. So habe der WWF zu schweren Menschenrechts-Verletzungen beigetragen und gegen die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der Indigenen Völker verstoßen.

Der WWF unterstütze zum einen abgesperrte Naturschutz-Gebiete auf dem Land der Baka, zu denen diese keine Zugangsrechte haben. Zum anderen werde nichts unternommen, um ein differenziertes Vorgehen der Anti-Wilderei-Einheiten zu gewährleisten. Ziel müsse es sein - so 'Survival International' - , daß die Anti-Wilderei-Einheiten zu unterscheiden lernen, zwischen bezahlten Wilderern und Indigenen, die lediglich zur Selbstversorgung Jagd betreiben. Stattdessen müsse festgestellt werden, daß Anti-Wilderei-Einheiten schon seit einem Jahrzehnt Baka-Männer und -Frauen sowie andere indigene Völker des Regenwalds auf brutale Art und Weise mißhandeln.

Die Baka haben 'Survival International' gegenüber wiederholt über die Aktivitäten der Anti-Wilderei-Einheiten in der Region berichtet. 2015 sagte ein Baka-Mann: "Als sie zu mir nach Hause kamen, um mich zu schlagen, haben meine Frau und ich geschlafen. Sie schlugen mich mit Macheten. Sie schlugen meine Frau mit Macheten."

"Sie lassen die Elefanten im Wald aussterben und gleichzeitig hindern sie uns am Essen," sagte ein anderer Baka-Mann. Heute geht die Zerstörung des Landes der Baka durch Waldrodung, Bergbau und illegalen Wildtierhandel weiter. Die Indigenen, denen bereits im Namen des Naturschutzes der Zugang zu großen Teilen ihres angestammten Landes verweigert wird, sind besorgt, daß ihre Heimat so gänzlich zerstört wird.

Nach Ansicht von 'Survival International' hat der WWF sowohl gegen die OECD-Menschenrechts-Leitsätze als auch gegen seine eigenen Grundsätze zu indigenen Völkern verstoßen. Deshalb habe die Rechtsabteilung von 'Survival International' eine formelle Beschwerde eingereicht.

'Survival International' ruft zu einem neuen Ansatz im Naturschutz auf, der die Rechte indigener Völker respektiert: "Indigene Völker verwalten seit Jahrtausenden ihre Umwelt und sind davon abhängig. Trotzdem zerstören große Naturschutz-Organisationen gemeinsam mit Industrie und Tourismus die besten Umweltschützer und Wächter der Natur – indigene Völker. Sie sind die stärksten Verbündeten ihrer Umwelt und sollten im Zentrum jeder Umweltschutzpolitik stehen," so Stephen Corry, Direktor von 'Survival International'. Der WWF wisse, daß die Männer, die von WWF-UnterstützerInnen zum Schutz der Natur finanziert werden, die Baka immer wieder mißhandeln und sogar foltern. Das Land der Baka sei gestohlen worden, um daraus Schutz-Zonen zu machen. Dennoch mache der WWF weiter wie bisher.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Pygmäen-Kinder mit Klebstoff
      und Alkohol "bezahlt" (23.01.16)

      Anklage gegen WWF:
      Mißhandlungen im Namen des Naturschutzes (6.10.14)

      Wegen Diamanten verjagt
      Die Lügen der botswanischen Regierung (4.09.14)

      Brasilien: Guarani-Sprecher
      Ambrósio Vilhalva ermordet (4.12.13)

      Festung Europa
      Flüchtlinge aus Niger in Sahara verdurstet (31.10.13)

      Mord an Flüchtlingen
      Barroso auf Lampedusa ausgebuht (9.10.13)

      Festung Europa
      Über 60 Flüchtlinge ermordet (3.10.13)

      Verzweifelter Aufruf der Awá:
      Weist die Holzfäller aus! (26.03.13)

      Diamanten oder Menschenrechte
      Schikanen gegen !Kung in Botswana (21.03.13)

      Folteropfer Khaled al-Masri
      Gerichtshof verurteilt Mazedonien (13.12.12)

      Festung Europa
      Tödliche Mauer am Bosporus (11.12.12)

      Hunger und Kapitalismus
      "Der Süden finanziert den Norden" (17.10.12)

      Bergbau-Konzern Vale bedroht
      Indigene im Amazonas-Gebiet (26.07.12)

      Botswanas blutige Diamanten
      Weiter Menschrechtsverletzungen gegen !Kung (10.05.12)

      Festung Europa
      Die NATO und der Tod von 63 Bootsflüchtlingen (5.04.12)

      Brasilianische Regierung setzt mit Forstgesetz
      Weg in die Klimakatastrophe fort (7.12.11)

      Waldzerstörung weltweit ungebremst
      (27.04.11)

      Banken-Skandal in Brasilien
      Kredite für Amazonas-Abholzung (4.04.11)

      Hin und Her beim brasilianischen
      Staudamm-Projekt Belo Monte (5.03.11)

      Amazonas-Gebiet:
      Schleichender Genozid an den Awá (14.02.11)

      Festung Europa
      Bollwerk am Bosporus geplant (1.01.11)

      Festung Europa
      Grenzregime am Bosporus verstärkt (2.11.10)

      "Schwarz-Gelb" fördert Ausrottung des Orang-Utan
      Kredit an urwaldzerstörenden Palmöl-Konzern (20.05.10)

      Amazonas-Gebiet: Mega-Staudämme
      gefährden Indianer (19.05.10)

      Greenpeace: Diesel in Deutschland
      zerstört Urwald (5.05.10)

      Peru: Öl-Konzern Repsol plant Ausbeutung im Regenwald
      Indigene und Ökosystem bedroht (20.04.10)

      US-Menschenrechtsbericht kritisiert Botswana scharf
      Fortgesetzte Diskriminierung der UreinwohnerInnen (8.04.10)

      Globale Waldvernichtung:
      13 Millionen Hektar pro Jahr (26.03.10)

      Mega-Staudammprojekt in Brasilien
      Widerstand von AnwohnerInnen, UmweltschützerInnen
      und WissenschaftlerInnen (1.03.10)

 

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