9.08.2007

Mit beschleunigtem Tempo
Richtung Weltwirtschaftskrise

EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen 'FAZ-online' titelte heute:
"Banker am Rande des Nervenzusammenbruchs."

Die Bankenkrise infolge des Platzens der US-amerikanischen Immobilien- blase1 weitert sich aus. Sowohl in den USA als auch in der Euro-Zone stiegen die Tagesgeldsätze. Dies ist ein Zeichen für schwindende Liquidität auf dem Geldmarkt. Die Banken horten in Erwartung der sich verschärfenden Krise ihre Geldbestände. Sie handeln nach dem Grundsatz: "Jeder ist sich selbst der Nächste" und schränken die Vergabe gegenseitiger Kredite drastisch ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) sah sich gezwungen darauf zu reagieren und pumpte heute (Donnerstag) Nachmittag 94,841 Milliarden Euro zusätzliche Mittel in den Geldkreislauf. Als Erklärung ließ die EZB verlauten, es gebe "Verwerfungen". Zuletzt hatten die Währungshüter nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zusätzliche Liquidität bereitgestellt.

Statt der beabsichtigten Beruhigung scheint die EZB jedoch Alarmstimmung auf den Märkten verbreitet zu haben. Weiterhin herrscht an den Börsen extreme Nervosität. Der Dax verlor 2,0 Prozent auf 7453 Punkte. Der europäische Stoxx 50 sank um 1,9 Prozent, genau wie der FTSE 100 in London. In Paris verlor der CAC 40 sogar 2,2 Prozent. Der Dow-Jones-Index fiel heute in den ersten Minuten des Handels um mehr als 200 Punkte. Der Dow lag eine halbe Stunde nach Handelsauftakt mit 13.478,61 Punkten um 179,25 Zähler oder 1,31 Prozent niedriger. Investmentbanken, Banken und andere Finanzdienstleister wiesen die stärksten Kursverluste auf. Der Titel der Hypo Real Estate verlor 3,3 und der der Deutschen Bank verlor 2,3 Prozent. Zu den größten Verlierern im Dax zählten die Aktien der Commerzbank mit einem Abschlag von vier Prozent.

Die EZB hatte den Banken erst am Dienstag bei einem regulären Tendergeschäft 292,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das Gesamtvolumen des in der Euro-Zone umlaufenden Geldes bezifferten Tagesgeldhändler am Donnerstag auf rund 440 Milliarden Euro. In der Nacht hatte bereits die Schweizer Nationalbank den eidgenössischen Banken frische Liquidität angeboten. Die Bank of Canada (BoC) kündigte heute an, daß sie ebenfalls für solch einen Schritt bereit sei. "Wir beobachten die Entwicklung genau, und wir befinden uns in Kontakt mit anderen Zentralbanken", sagte ein BoC-Sprecher.

Die US-Notenbank Fed gab ebenfalls heute bekannt, daß sie die US-Banken mit kurzfristiger Liquidität in Höhe von 24 Milliarden US-Dollar versorgt habe. 12 Milliarden US-Dollar wurden durch Reposgeschäfte mit einer Laufzeit von 14 Tagen zugeführt. Das Volumen lag mehr als doppelt so hoch wie vergangene Woche, als 5 Milliarden US-Dollar zugeteilt worden waren.

Die Angst, ähnlich wie die US-Bank 'American Home Motgage' in den Sog der Krise gerissen zu werden, hatte zum Horten der Geldbestände geführt und das Geld so dem Kreislauf entzogen. Der Zinssatz für Tagesgeld stieg infolge dessen zeitweise bis auf 4,70 Prozent. Am Nachmittag wurden dann Tagesgeldsätze zwischen 4,20 und 4,35 Prozent beobachtet. Der Zinssatz zur Versorgung der europäischen Banken mit Zentralbankgeld liegt aktuell bei 4 Prozent.

Die US-Hypothekenbank 'American Home Mortgage' mußte bereits Ende letzter Woche einen großen Teil ihres Geschäfts einstellen und 90 Prozent ihrer Mitarbeiter entlassen. Nach Informationen der "Börsen-Zeitung" soll auch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) in größerem Umfang in den riskanten US-Investments engagiert sein. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte hingegen, die Apo-Bank sei von der Krise am US-Hypothekemarkt nicht beeinträchtigt. "Aktuell besteht kein nennenswerter Abschreibungsbedarf", teilte die Bank mit. Die Investmentbank Goldman Sachs berichtete von "Gerüchten über Liquiditätsprobleme mehrerer europäischen Banken".

Für weitere Unruhe an den Börsen hatte die Nachricht gesorgt, daß die französische Großbank BNP Paribas drei ABS-Fonds über 1,6 Milliarden Euro schließen muß. ABS steht für Asset-Backed-Securities. Auch die deutsche Privatbank Sal. Oppenheim sah sich gezwungen, einen Fonds mit einem Volumen von 750 Millionen Euro vorerst zu schließen. Zuvor hatten schon andere Fondsgesellschaften wie Union Investment und HSBC Trinkaus solche Schritte angekündigt. Auch die Ungewißheit über den WestLB-Fonds Brightwater erhöht die Nervosität. "Das größte Problem ist, daß die Krise auch auf andere Segmente des Interbankenhandels übergreift - Commercial Papers zum Beispiel. Wenn sich breit über die verschiedenen Segmente des Kredithandels Probleme bei der Platzierung einstellen, kann es sehr schnell zu einer Krise für viele Banken kommen - und damit zu einer des Finanzsystems", sagte ein hochrangiger Investmentbanker. Aus Landesbankenkreisen heißt es, es würden zum Teil höhere Sätze bei Übernachtkrediten in US-Dollar verlangt. Diese lägen zum Teil 30 Basispunkte über dem Leitzinssatz der Fed. So etwas komme nicht oft vor, aber es habe noch keine Panik ausgelöst.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      1929 oder 1931?
      Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)

      US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
      Weltweite Schockwellen (1.08.07)

      Crash an US-Börse
      Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)

      china bubble
      Wann macht es crash? (29.05.07)

      Löst Spanien den europäischen Wirtschafts-Crash aus? (3.07.04)

 

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