13.08.2007

Finanzkrise zieht Kreise

EZB pumpt weitere 48 Milliarden in den Geldmarkt
Deutsche Bank und Commerzbank hängen mit drin

Anders als von den gut bezahlten Propagandisten des Kapitalismus prophezeit, hat sich die internationale Finanzkrise keineswegs in wenigen Tagen in Wohlgefallen aufgelöst. Inzwischen schreibt selbst das Manager Magazin: "Mit der zerstörerischen Wirkung eines Tornados fegt die Kreditkrise über die internationalen Aktienmärkte hinweg."

Am heutigen Montag mußte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut rund 48 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen, um ein Zusammenbrechen des Kreditmarkts zu verhindern. Am Donnerstag hatte die EZB 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt gepumpt, am Freitag 61 Milliarden Euro. Jedesmal hieß es, die "Hysterie" werde sich nun legen. Jedesmal wurde "Entwarnung" gegeben. Doch Börsen-AnalystInnen sind durchaus nicht überzeugt, daß die Krise überstanden sei. Mit den Finanzspritzen sei allein ein wenig Zeit gewonnen worden.

Auch die US-Notenbank Federal Reseve (Fed) mußte heute nochmals 2 Milliarden US-Dollar ins Bankensystem pumpen. Allein am Freitag waren es bereits 38 Milliarden US-Dollar. Insgesamt versorgte die Fed die Banken in der vergangenen Woche mit 88 Milliarden US-Dollar. In der Woche zuvor - nach dem 27. Juli - waren es 50 Milliarden US-Dollar. Trotz der massiven Interventionen konnten die drei führenden Indizes (Dow Jones, S&P-500 und Nasdaq) heute nur leichte Kursgewinne realisieren

Die japanische Notenbank stellte heute 600 Milliarden Yen (3,7 Milliarden Euro) bereit. Es war bereits das zweite Mal, daß die Bank of Japan (BoJ) auf das Platzen der US-Hypothekenblase reagierte. Am Freitag hatte die BoJ eine ähnlich hohe Summe zur Verfügung gestellt.

Die Geldmenge, die in den letzten acht Tagen von den Notenbanken in Umlauf gebracht wurde, übertrifft selbst die bisherige Rekordmenge nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Ausgelöst wurde die Finanzkrise durch das Platzen der US-amerikanischen Hypotheken-Blase.1 Nachdem zunächst nur Hypothekenbanken in Schieflage gerieten, zog es inzwischen auch Großbanken wie die französische BNP Paribas und die autralischen Macquarie-Bank in den Sog. Entgegen ihren Dementis der vergangenen Woche wurde nun am Wochenende bekannt, daß die bereits in einigen Schwierigkeiten steckende WestLB mit über 1,25 Milliarden Euro in Geschäfte mit US-Immobilienkrediten engagiert ist. Auch die Postbank steckt mit 600 Millionen Euro im selben Schlamassel. Und die Commerzbank-Tochter Eurohyp hat in den Subprime-Markt 850 Millionen Euro investiert.

Nachdem am Wochenende der Zusammenbruch der Hypothekenbank HomeBanc Corp bekannt wurde, war auf der Internet-Seite der US-Bankenaufsicht nachzulesen, daß sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank zu deren Gläubigern gehören. Bisher hatten beide Banken geleugnet, "nennenswert" in die US-Hypothekenkrise verwickelt zu sein. Während sich Deutsche Bank und Commerzbank weiterhin bedeckt halten, legte die französische BNP Paribas offen, daß sie der HomeBanc Corp einen Kredit über 30 Millionen Euro gegeben hatte.

Als nächstes gerieten Hedge Fonds in den Sog der Finanzkrise. Deren Spezialität waren in den vergangenen Jahren Firmenkäufe, die weitgehend oder gar komplett mit Krediten finanziert wurden. Es besteht ein großes Risiko, daß Hedge Fonds gekaufte Schulden nicht mehr weiterreichen können. US-Investmentbanken sitzen derzeit nach Schätzungen der Finanzagentur Thomson Financial auf Kreditpakten im Wert von 200 Milliarden US-Dollar, die sie dringend weiterverkaufen wollen. Durch die immer rigider werdende Kreditpolitik der Banken kann den Hedge Fonds schon bald das Geld ausgehen. Die Investmentbank Bear Stearns hat bereits zwei ihrer Hedge Fonds geschlossen. Und Goldman Sachs haben Probleme mit ihrem Global Alpha Fonds, der seit Jahresbeginn 26 Prozent an Wert verloren hat und nun weitere Verluste zu gewärtigen hat. ExpertInnen äußern inzwischen offen die Ansicht, daß selbst das kleinste Anzeichen, ein Unternehmen könne betroffen sein, genügen werde, einen Kursrutsch auszulösen.

Auch Versicherer haben nicht selten zweistellige Milliardenbeträge in ABS investiert, wovon teils einstellige Milliardensummen im Zusammenhang mit zweitklassigen US-Hypotheken, den sogenannten Subprime-Krediten stehen. Doch mit Ausnahme der IKB Bank hat noch keine weitere Bank konkrete Verluste eingeräumt.

Die Brisanz der sich ausweitenden Finanzkrise zeigt sich auch darin, daß die Banken sich zur Aussetzung ihrer Verbriefungsaktivitäten gezwungen sehen. Eurohypo-Chef Bernd Knobloch sagte in Frankfurt, sein Institut werde zumindest bis Ende September keine Kredite über forderungsbesicherte Anleihen - sogenannte Asset-Backed-Securities oder ABS - mehr an den Kapitalmarkt weiterreichen. Auch einige weitere Banken sollen ihre entsprechenden Geschäfte auf Eis gelegt haben.

An den nächsten beiden Tagen wird die Verkündung des Inflations-Barometers ein wichtiges Signal für die weitere Entwicklung geben. Am Dienstag werden die Statistiken der US-Erzeugerpreise und am Mittwoch die der Verbraucherpreisen veröffentlicht.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      Viel Geld - viel Vertrauen?
      Viel Geld ins schwarze Loch gepumpt (11.08.07)

      Mit beschleunigtem Tempo Richtung Weltwirtschaftskrise
      EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen
      (9.08.07)

      1929 oder 1931?
      Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)

      US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
      Weltweite Schockwellen (1.08.07)

      Crash an US-Börse
      Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)

 

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