29.04.2009

Asse II:
Einsturzgefahr in Kammer 7 akut

Das "Versuchs-Endlager" für radioaktiven Müll Asse II sorgt weiterhin dafür, daß die ungelöste Endlagerproblematik der Atomenergie nicht wieder ausgeblendet werden kann. Bekannt ist bislang, daß das ehemalige Bergwerk einsturzgefährdet ist, daß es wegen eindingender Laugenzuflüsse "abzusaufen" droht und daß illegal weit mehr und gefährlicherer Müll eingelagert wurde als durch die vorgeblichen Versuchszwecke gerechtfertigt werden könnte. Nun mußte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), auf das Anfang dieses Jahres die Zuständigkeit übertragen wurde, heute (Mittwoch) bekanntgeben, daß in 725 Meter Tiefe in Kammer 7 die Decke akut einzustürzen droht. Bereits Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, daß Kammer 4 vom Einsturz bedroht ist. Dort lagern etwa 6000 Atommüll-Fässer.

Laut BfS muß in Kammer 7 mit dem Fall eines größeren Gesteinsbrockens von der Decke auf Fässer gerechnet werden. In der Folge könne es zu einer Beschädigung der eingelagerten Fässer und zur Aufwirbelung von Salzstaub und radioaktiven Partikeln kommen, sagte ein Sprecher. Freigesetzte Schadstoffe könnten in die Grubenluft und in andere Bereiche des Grubengebäudes gelangen. Eine Gefährdung der Umgebung des Atommülllagers besteht aber angeblich nicht.

Nach offiziellen Angaben lagern 8.500 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen in Kammer 7. Es handele sich um eine offene Kammer, sagte ein BfS-Sprecher. Sie wurde bislang nicht vollständig mit Salzgrus verfüllt. In der Kammer gebe es noch einige Fässer, die nicht oder nur teilweise in Salz eingebettet seien.

Laut BfS wurden Ablösungen an der Decke von Kammer 7 erstmals am 27. April entdeckt. Bereits zwei Tage darauf liegt nun bereits eine Genehmigung vor, die eingelagerten Fässer vollständig mit Salzgrus zu überdecken, um sie so zu schützen. Die dringend nötige Rückholung des Atom-Mülls aus der völlig ungeeigneten Anlage wird jedoch im Auftrag von Bundes-"Umwelt"-Minister Sigmar Gabriel weiter verzögert.

Der Asse-II-Koordinationskreis äußert vor dem Hintergrund der angeblich innerhalb von zwei Tagen erfolgten Genehmigung Zweifel an der Darstellung des BfS. Es sei zu vermuten, daß die Gefahren länger bekannt waren. Dem BfS wird deshalb vorgeworfen, "bewußt die Information über die Gefahr zurückgehalten" zu haben, "bis sie eine Lösung für das Problem ausgearbeitet hatten und diese genehmigt bekamen". Doch das Problem werde erneut von der falschen Seite angegangen wurde. Denn Löserfälle seien in Salzbergwerken normale Ereignisse, wenn die Decke nicht gewartet wird. Gefordert wird die Rückholung des Mülls, denn dann wäre ein Löserfall bedeutungslos. "Und dabei würden keine Tatsachen geschaffen werden, die einem späteren Ergebnis eines Optionenvergleichs entgegenstünde."

Gefragt wird auch, warum die "Pflege" nicht korrekt durchgeführt wurde. Da das BfS schon zum Jahresbeginn vor diesem Problem stand, hätten "entsprechende Sicherungsprogramme" längst gestartet werden müssen. Die AtomkraftgegnerInnen verweisen auch auf den Fall Morsleben, wo das BfS keine Genehmigung für das Verfüllen einer Kammer mit Salzgrus erhalten habe, weil es alternativen Konzepten für die Schließung von Morsleben entgegenstehen könnte. Doch nun sollen diese Arbeiten in der Kammer 7 von Asse II in aller Eile schon in der nächsten Woche abgeschlossen sein.

Angesichts der ständigen Überraschungen aus dem Lager müssen alle Angaben - auch über den Inhalt der Fässer -, die nun von der einstürzenden Decke in Gefahr geraten, mit mit Skepsis betrachtet werden. Schließlich wurden im Laufe der vergangenen vier Monate immer wieder neue Skandale über illegal eingelagerte Stoffe publik. So wurde inzwischen sogar festgestellt, daß auch Tierkadaver im "Lager für Allerlei" versenkt wurden. Der Asse-II-Koordinationskreis äußert die Hoffnung, daß nun ein Untersuchungsausschuß des niedersächsischen Landtages etwas Licht in die dunklen Vorgänge im "Versuchs-Endlager" Asse II bringt, das bis Ende 2008 vom Helmholtz Zentrum München unter dem Bergrecht betrieben wurde.

Wirkliche Überraschungen sind jedoch von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß kaum zu erwarten. Die bisherigen Erkenntnisse, die der fortlaufende Skandal um das "Versuchs-Endlager" Asse II zu Tage förderte, genügen bereits, um für das Endlager-Projekt Gorleben, das lediglich mit Hilfe eines Moratoriums auf Eis liegt, aber keineswegs aufgegeben wurde, die nötigen Schlüsse zu ziehen. Diese Erkenntnisse reichen längst, um einen "Super-GAU in der Endlagerfrage" für die Betreiber von Atomkraftwerken zu konstatieren.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

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      Endlager-Skandal nimmt immer neue Dimensionen an (24.04.09)

      Asse II: Auch Fässer mit Pestiziden,
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      Versuchslager Asse II
      Wer hat den radioaktiven Müll produziert? (23.02.09)

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