11.12.2007

Schlechte Chancen
für Indiens Tiger

Hilfe von Seiten der Politik?

2002 wurden in indischen Reservaten noch 3.642 Tiger gezählt. Nach aktuellen Schätzungen ist deren Zahl mittlerweile auf weniger als 1.500 geschrumpft. Gegen Wilderer verspricht die Regierung nunmehr Soldaten einzusetzen.

Angeblich will sich die indische Regierung nach Jahren der Ignoranz jetzt um den Artenschutz und speziell um Indiens Tiger kümmern. Tatsächlich wurden in einer spektakulären Aktion Anfang Dezember in Uttar Pradesh 16 Wilderer verhaftet. Dabei beschlagnahmte die Polizei vier Tigerfelle und eine große Zahl an Knochen. Es hat sich damit die Vermutung von Umweltschutz-Organisationen bestätigt, daß kriminelle Banden systematisch Jagd auf Tiger machen und die Beute über die Grenzen schmuggeln.

Rund 40 Prozent der weltweiten Tiger-Populationen konzentrieren sich auf Indien. Noch vor hundert Jahren waren rund 40.000 Tiger in den Wäldern Indiens beheimatet. In erster Linie hat die Einschränkung des Lebensraums für einen drastischen Rückgang der Tiger-Bestände gesorgt - nun kommt verstärkt Wilderei hinzu. 23 Reservate in 17 indischen Unionsstaaten sollen dem Tiger ein Überleben garantieren. Menschen haben in diese Naturschutzgebiete offiziell nur unter strengen Auflagen Zutritt. ExpertInnen fanden jedoch jüngst heraus, daß beispielsweise in einem der größten Reservate nördlich von Rajasthan kein einziger Tiger mehr nachgewiesen werden kann - Wilderer haben offensichtlich bereits die letzten Exemplare getötet.

Während Indiens Zentralregierung angeblich an neuen gesetzlichen Bestimmungen und einer geringfügigen Ausweitung der Reservate arbeitet, soll das "Schutzgebiet" in Rajasthan vorerst nicht neu mit Tigern besiedelt werden. Erst müsse sichergestellt sein, erklärte die Verwaltung des Reservats, daß die Tiere effektiv geschützt werden können. Dazu bedürfte es allerdings mehr Personal - wird meist hinter vorgehaltener Hand hinzugefügt. Die wenigen Ranger können die Gebiete, für die sie zuständig sind, nicht einmal ansatzweise sichern. Während sie in einem Teilbereich auf Streife sind, schlagen die Wilderer einige Kilometer entfernt zu.

Nun ist die indische Regierung aus Kostengründen auf die Idee verfallen, Soldaten als Hilfs-Ranger einzusetzen, um so die Patrouillen spürbar zu verstärken. Dies ist für die kommenden Monate angekündigt. Anfang 2007 hatte im benachbarten Nepal eine internationale Artenschutzkonferenz stattgefunden, die sich schwerpunktmäßig mit der Tiger-Problematik beschäftigte. WissenschaftlerInnen, NaturschützerInnen und PolitikerInnen hatten Gesetzeslücken ausgemacht, die nun geschlossen werden sollen. Angesichts des Nachfragedrucks nach Tiger-Produkten ist ein Erfolg der geforderten Maßnahmen fraglich. In China bringt ein Tigerfell auf dem Markt umgerechnet 12.500 US-Dollar. Und auch die "traditionelle chinesische Medizin" sorgt mit allerlei Tiger-Pülverchen für Profite, die das Risiko der Wilderei geringfügig erscheinen lassen.

Die aufsehen erregende Verhaftung Anfang Dezember in Uttar Pradesh, bei der zugleich ein Schmuggel über die nördliche Landesgrenze verhindert werden konnte, kann skrupellose Geschäftemacher kaum beeindrucken. Bereits im Oktober wurden nahe der indisch-nepalesischen Grenze ein Tigerfell und Tigerknochen sichergestellt und Ende September gestand ein im zentralindischen Madhya Pradesh verhafteter Wilderer, drei Tiger und vier Leoparden geschossen zu haben. Anfang September hatten Ranger in Kerala vier Männer aufgegriffen, denen in einem Reservat zwischen Karnataka und Tamil Nadu ein Tiger zum Opfer gefallen war. Laut Interpol wird der illegale Handel mit geschützten Tieren jährlich zwölf Milliarden US-Dollar umgesetzt - ein großer Teil mit südasiatischen Großkatzen. Der Umweltverband Wildlife Protection Society of India (WPSI) spricht daher angesichts politischer Schein-Aktivitäten von Heuchelei.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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