5.09.2008

Asse II:
Der Wechsel zum BfS ist nur Pop

Rückholung des radioaktiven Mülls bislang nicht geplant

Der frühere Pop-Beauftragte der SPD und heutige Bundes-"Umwelt"- Minister Sigmar Gabriel hat sich scheinbar gegen seine Kabinetts-Kollegin Annette Schavan durchgesetzt. Die Zuständigkeit für das "Versuchslager" für schwach- und mittelradioaktive Stoffe, dessen Gefährlichkeit nicht mehr geleugnet werden kann,1 wechselt nun von der Helmholtz-Gesellschaft zum Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Für Erstere war Forschungs-Ministerin Schavan verantwortlich, das BfS untersteht Atom-Minister Gabriel. Damit soll der Öffentlichkeit suggeriert werden, die Verantwortung gehe von einer atomenergie-freundlichen Ministerin an einen Minister über, der sich seit Jahr und Tag vehement für den "Atom-Ausstieg" einsetze.

Nachdenklich jedoch sollte stimmen, daß Sigmar Gabriel, der Goslar - unweit von Asse II - als seinen Wohnsitz bezeichnet, sich nie für die Arbeit und die Argumente der Bürgerinitiativen interessiert hatte. Asse II liegt in Gabriels Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel und dort versuchte Gabriel sich schon vor seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident in der Nachfolge Gerhard Schröders als Umweltpolitiker zu profilieren. Während der 90er Jahre saß Gabriel im Umweltausschuß des niedersächsischen Landtags und interessierte sich nicht für Asse II. In der kurzen Zeit als Ministerpräsident muß er wohl intensiv weg gehört haben, als die ersten Meldungen über Wassereinbrüche im Versuchslager Asse II publik wurden. Seit 2005 ist er nun Bundes-"Umwelt"-Minister. Doch bei der Vorstellung des "Statusberichts" am Dienstag, der die lange Zeit ungehörten Warnungen der Bürgerinitiativen nicht nur bestätigte, sondern zudem illegale Machenschaften offenlegte, zeigte sich Gabriel überrascht. Daß dies jahrelang von Helmholtz-Gesllschaft, niedersächsischen Landesamt für Bergbau und Bundesforschungs-Ministerium gedeckt worden war, nennt er einen "unglaublicher Vorgang". Nun ist Asse II für Gabriel plötzlich die "problematischste Nuklearanlage in ganz Europa".

Reale Konsequenzen hat dies alles jedoch bisher nicht. Bürgerinitiativen und Greenpeace fordern, daß der Atommüll so schnell wie möglich aus dem ehemaligen Bergwerk rückgeholt wird. Denn Asse II droht in absehbarer Zeit einzustürzen. Bereits im November, als Gabriel erstmals öffentlich von Gefahren durch Asse II sprach, wurde die Forderung nach einer Bergung des radioaktiven Mülls laut. Seitdem ist wertvolle Zeit verstrichen. Thomas Erbe von 'Robin Wood' aus Braunschweig und Mitarbeiter im Asse2-Koordinationskreis kommentiert: "Zum Glück ist das Lügengebäude noch vor dem Grubengebäude zusammengebrochen. Ob dies noch rechtzeitig war, um für die Probleme der Asse eine ansatzweise akzeptable Lösung zu finden, ist leider nicht sicher."

Nach wie vor steht der Plan der nunmehr völlig desavouierten atomindustrie-nahen WissenschaftlerInnen im Raum, das Bergwerk mit Magnesiumchloridlauge zu verfüllen und abzudichten. Nicht nur, daß so alle Spuren illegaler Einlagerungen beseitigt würden - ein solches, zudem unerprobtes Vorgehen bietet keineswegs sichern Schutz. Eine Flutung von Asse II mit Magnesiumchloridlauge lehnen unabhängige WissenschaftlerInnen und alle Anti-Atom-Gruppen der Region entschieden ab. Laut vorliegenden Gegengutachten wird die freigesetzte Radioaktivität im Bergwerk in der Folge nach außen ins Grundwasser gepreßt, wenn sich die Hohlräume der Grube durch den Gebirgsdruck nach und nach schließen. Er besteht die Gefahr, daß das Grundwasser radioaktiven kontaminiert wird und daß es zudem zum Austritt radioaktiver Gase an der Erdoberfläche kommt.

Doch Gabriel ist offenbar nicht gewillt, eine Rückholung des radioaktiven Mülls anzuordnen. Statt dessen redet er davon, daß seine sorgfältige, ergebnisoffene Standortsuche erforderlich sei. Dies hören die Bürgerinitiativen aber bereits seit 2005 von Gabriel und dies hörten sie von 1998 bis 2005 von Gabriels pseudo-grünem Vorgänger Trittin. Nun soll ein weiteres Gutachten bis Oktober ermitteln, wie viel Zeit bis zum Einsturz des Bergwerks bleibt. Möglicherweise schwebt Gabriel die Idee vor, die Schächte mit dem Papier von Gutachten zu verfüllen.

Für Samstag, den 12. September, ist eine Demonstration am Standort Asse II angekündigt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unsere Artikel:

      Gefahr durch atomares Versuchslager Asse II nicht länger geleugnet
      Atom-Minister Gabriel: "Zustände in Asse sind unhaltbar"
      Wird das Bergwerk geräumt? (2.09.08)

      Verdacht auf hochradioaktiven Müll im Versuchslager Asse II
      "Brennstäbe in Blechdosen" (29.07.08)

      Skandal-Grube Asse II
      Eindringendes Wasser radioaktiv kontaminiert (12.06.08)

      Kosten für Karlsruher "Atomsuppe" wachsen auf 2,6 Milliarden Euro
      Vorgeschmack auf das bittere Erbe der Atomenergie (16.01.08)

      Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
      Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
      (14.01.08)

      Drohende Umweltkatastrophe durch Atom-Lagerstätte Asse
      Gabriel räumt Gefahren ein (21.11.07)

      Die BI Schacht Konrad weitet den Kampf aus
      Zahlreiche Aktionen gegen Atommülldeponie (4.07.07)

      Niederlage im Kampf gegen Schacht Konrad
      Gericht gibt Atom-Mafia recht (3.04.07)

      Atomares Endlager
      Yucca Mountain gestoppt (22.07.04)

      ItalienerInnen erfolgreich -
      kein Endlager weltweit (2.12.03)

      Endlager-Wahnsinn (28.02.01)

      Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"

      Atom-Ausstieg selber machen!

 

neuronales Netzwerk