28.12.2007

2007:
Negativ-Rekord
bei bedrohten Arten

2007 war für Fauna und Flora ein schlechtes Jahr. Die Zahl der bedrohten Arten auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) erreichte einen neuen Negativ-Rekord. 39 Prozent aller untersuchten Pflanzen und Tiere - exakt 16.306 Arten - müssen nunmehr als bedroht eingestuft werden. Zum Vergleich: Im Jahr 1996 zählte die Rote Liste noch 10.533 bedrohte Arten. Doch obwohl eine Trendwende im Artenschwund nicht in Sicht ist, brachte das Jahr 2007 auch ein paar gute Nachrichten. Dank intensiver Schutzmaßnahmen gibt es für einige wenige Arten wieder neue Hoffnung.

Zunächst vier Beispiele aus den Reihen der Verlierer des Jahres 2007

Gorilla
Rücksichtlose Wilderei, das tödliche Ebola-Virus und die desolate soziale und politische Situation in den Ländern Zentralafrikas haben die Bestände des Westlichen Gorillas in den letzten 25 Jahren um 60 Prozent schrumpfen lassen. Um ihr Fleisch zu verkaufen, Nahrungskonkurrenten auszuschalten oder Gorilla-Köpfe und -Hände als Trophäen zu verkaufen, werden die Tiere gejagt und zerstückelt. Die Rote Liste stuft den westlichen Tieflandgorilla in diesem Jahr neu als "vom Aussterben bedroht" ein.1

Roter Thunfisch
Einmal mehr haben die europäischen Fischerei-Flotten ihre Fangquoten für den Roten Tunfisch massiv überschritten, allen voran Spanien und Frankreich. Trotz jahrelanger Warnungen geht das Drama um den Roten Thun weiter. Der Bestand dieses Fisches steht vor dem Kollaps. Umweltschutz-Organisationen fordert deshalb ein mindestens dreijähriges Fischereiverbot für den Roten Thunfisch.2

Jaguar
Der Jaguar war ursprünglich vom Süden der USA bis in den Norden Argentiniens zu finden. Sein Verbreitungsgebiet hat sich in den letzten Jahrzehnten um 50 Prozent verringert. Heutige Schätzungen zum Jaguarbestand im Dreiländereck Argentinien-Paraguay-Brasilien liegen fünf- bis sechsmal niedriger als noch 1990. Das Amazonas-Gebiet gilt heute als eines der wenigen Rückzugsgebiete. Doch auch hier lebt der Jaguar riskant, weil der Regenwald für Holz- und Landgewinnung systematisch vernichtet wird.

Rote Korallen
Raubbau, ansteigende Wassertemperaturen und rücksichtslose Fischereimethoden haben längst viele Korallenriffe zerstört. Mit Bodenschleppnetzen, die mit tonnenschweren Ketten und Stahlplatten bewehrt sind, wird der Meeresboden durchpflügt und Korallemriffe abrasiert. Die Folgen für die rote Koralle, die in großen Mengen von der Schmuckindustrie genutzt wird, sind immer deutlicher erklennbar. Dennoch wurde der Antrag, sie ins Washingtoner Artenschutzabkommen aufzunehmen, im Juni von den Vertragsstaaten abgelehnt. So bleibt die Rote Koralle ungeschützt und darf ohne Auflagen weiter gehandelt werden.

In Anbetracht dieses Desasters fällt es schwer, dem einige positive Beispiele gegenüberzustellen.

Bartgeier
Diesen Frühling schlüpften junge Bartgeier in der Schweiz,in freier Wildbahn und erstmals seit 122 Jahren. Im gesamten Alpenraum fliegen heute etwa hundert Bartgeier. Derweil war die Ernährungssituation für Gänsegeier in Spanien im Laufe dieses Jahres zeitweise so schlecht, daß sie auf den Alpenraum ausweichen mußten.

Wolf
In der Lausitz und in Brandenburg wurden im Sommer Welpen geboren, in Niedersachsen hat sich seit über 50 Jahren wieder ein Wolf angesiedelt, und auch aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kommen positive Meldungen. Zugleich mußte beobachtet werden, daß immer wieder Wölfe dem Straßenverkehr zum Opfer fielen. Ein Wolf wurde im Dezember im niedersächsischen Wendland erschossen.

Amurtiger
Zum ersten Mal seit 30 Jahren fanden Forscherteams des WWF Spuren des seltenen Amurtigers nördlich des Flusses Amur. Die bisher umfassendste Zählung von Amurtigern zeigte, daß manche Tiere über 900 Kilometer nach Norden wanderten. Einige überquerten zudem die Grenze nach China. Die Tigerwanderung ist ein gutes Zeichen: Die bisherigen Lebensräume im Süden sind offensichtlich besetzt, die Population breitet sich deshalb nach Norden aus.

Orchidee
Im September 2007 beschloß Vietnams Provinz Hue, einen Nationalpark einzurichten und neue Schutzgebiete zu schaffen. Damit vergrößert sich das bestehende Netz aus immergrünen Wäldern, in denen bereits mehrmals neue Tier- und Pflanzenarten gefunden wurden. So auch dieses Jahr: BiologInnen entdeckten fünf bislang unbekannte Orchideenarten.

Schildkröte
Wiederentdeckung am Mekong: ForscherInnen stießen in Kambodscha auf eine der größten und seltensten Süßwasserschildkröten, Cantors Riesenweichschildkröte. Neben einem 11 Kilogramm schweren Weibchen fand das Team auch frisch geschlüpfte Jungtiere. Bis dahin galt die seltene Art bereits als ausgestorben. Vermutlich leben auch in Vietnam, Laos und Thailand noch einzelne Exemplare.

Vielleicht geben diese positiven Beispiele Mut, sich gegen die weitere Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten zu engagieren.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe unseren Artikel:

      Artenvernichtung beschleunigt
      Gorillas und viele andere Arten immer seltener (12.09.07)

2 Siehe unseren Artikel:

      ICCAT-Konferenz segnet Zerstörung der Ozeane ab
      Keine Chance für den Roten Thunfisch (18.11.07)

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Schlechte Chancen für Indiens Tiger
      Hilfe von Seiten der Politik? (11.12.07)

      Orang-Utans sterben für Agro-Treibstoffe
      Palmöl vernichtet Regenwälder (20.10.07)

      Die letzten Westpazifischen Grauwale
      werden vor Sachalin ausgerottet (19.07.07)

      Mittelmeer-Delphin kurz vor der Ausrottung
      Auch das Mittelmeer wird leergefischt (2.07.07)

      Beschleunigtes Amphibiensterben
      Ein Drittel aller Amphibien vom Aussterben bedroht (8.03.07)

      Das Überleben des afrikanischen Elefanten
      ist in Gefahr / Elefantenwilderei auf Höchststand
      seit fast 20 Jahren (4.03.07)

      Delphine als Hai-Köder (2.01.07)

      Fast alle Walfang-Nationen fälschen die Zahlen (24.05.05)

      Amazonas-Vernichtung nimmt weiter zu
      Bei Präsident Lula ist der Lack ab (19.05.05)

      Schmetterlinge in Deutschland
      80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)

      Osterhase bedroht (27.03.05)

      Letzte Ausfahrt vor dem Aussterben
      Pardelluchs vom Aussterben bedroht (10.03.05)

      Geld statt Wölfe in Norwegen
      Geld statt Eisbären in Grönland (28.01.05)

      'Bundesadler plumbum' (14.01.05)

      'Urwaldschutz ist zugleich Orang-Utan-Schutz' (21.09.04)

      'Auch Elefanten wieder von der Ausrottung bedroht' (15.09.04)

      'Eisbär leidet unter Pestiziden' (13.09.04)

      Rotbauchunke reloaded (30.07.04)

      Tag der Weißtannen-Agonie (25.04.04)

      Apollofalter
      the scream of the butterfly (19.05.03)

 

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