28.04.2009

33.000 Euro Schadensersatz
für Berufsverbot

Herbe Blamage für Ministerin Schavan

Das Landgericht Karlsruhe hat heute (Dienstag) entschieden, daß das Land Baden-Württemberg dem jahrelang mit Berufsverbot verfolgten Realschullehrer Michael Csaszkóczy eine Entschädigung in Höhe von knapp 33.000 Euro zahlen muß. Für die heutige Bundes-Bildungs- und Forschungs-Ministerin Annette Schavan, die damals als Kultusministerin des Landes verantwortlich war, ist dies eine herbe Blamage. Bis heute erhielt Csaszkóczy keinerlei Entschuldigung von Seiten der Landesregierung. Die Gewerkschaft GEW, die Betroffenen in seinem Kampf gegen das Berufsverbot unterstützt hatte, bezeichnete das Urteil als "schallende Ohrfeige für die Landesregierung."

2004 hatte Schavan in Baden-Württemberg versucht, die Berufsverbots-Praxis, die aus der Zeit der Kanzlerschaft Willy Brandts stammt und deren rechtliche Grundlagen bis heute nicht abgeschafft wurden, wiederzubeleben. Dem Heidelberger Realschullehrer wurde wegen seines Engagements in der 'Antifaschistischen Initiative Heidelberg' unterstellt, Verfassungsfeind zu sein. Der baden-württembergische "Verfassungsschutz" vermochte jedoch vor Gericht keine überzeugenden Beweise gegen Csaszkóczy vorzulegen. Nachdem bereits der VGH Mannheim dieses Berufsverbot als grundrechtswidrig verurteilt hatte1, hat das Landgericht Karlsruhe mit seinem heutigen Urteil noch einmal in aller Deutlichkeit klargestellt, daß das Verhalten der Landesregierung kein "Betriebsunfall" war, sondern daß die Verantwortlichen sehr wohl die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns hätten erkennen können.

Mit dem aktuellen Urteil wurde erstmals einem Berufsverbots-Opfer Schadensersatz zugesprochen. Das Solidaritäts-Komitee, das den Betroffenen zusammen mit der GEW unterstützt hatte, hofft nun darauf, daß dieses Urteil auch den vielen hundert Opfern der bundesdeutschen Berufsverbotspraxis aus den 1970er und 1980er Jahren - wie etwa LehrerInnen, BriefträgerInnen oder LokfühererInnen - helfen wird. Es will sich weiterhin für die Rehabilitierung und Entschädigung aller Berufsverbots-Betroffenen einsetzen. Darüber hinaus fordert das Komitee, die gesetzlichen Grundlagen für die grundrechtswidrigen Berufsverbote endlich aus den Gesetzbüchern zu streichen.

Ministerin Schavan hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur als Scharfmacherin gegen vermeintliche Verfassungsfeinde hervorgetan. Sie war als Bundesministerin zudem in den Skandal um das Versuchs-Endlager für radioaktiven Müll Asse II verwickelt, wobei sie die Verantwortung trug für die Machenschaften der für Asse II zuständigen Helmholtz-Gesellschaft, München. Auch bei den Auseinandersetzungen um das Aussaat-Verbot fürden Gen-Mais MON 810 erwies sich Schavan als skrupellose Propagandistin der gefährlichen Agro-Gentechnik.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch:

      Sieg gegen Berufsverbot
      Nach vier Jahren Kampf bekommt Linker eine Stelle als Lehrer
      (6.09.07)

      Berufsverbote: Bundesregierung
      ignoriert Menschenrechte (9.08.07)

      Berufsverbot gegen Heidelberger Lehrer
      Auch hessisches Gericht bestätigt Rechtswidrigkeit (2.08.07)

      Wie hält es die Bundesregierung
      mit dem Berufsverbot und europäischem Recht? (31.07.07)

      Berufsverbot von Gericht aufgehoben
      Michael Csaszkóczy darf Lehrer werden (14.03.07)

      Datenschutzbeauftragter interveniert
      zugunsten von baden-württembergischem Berufsverbotsopfer
      (15.08.06)

      Berufsverbot auf Hessen ausgeweitet
      Schulleiter spricht sich für Berufsverbotsopfer aus (21.02.06)

      "Rot-Grün" für Berufsverbot?
      Bundesregierung übernimmt Argumentation von
      Kultusministerin Schavan (18.05.05)

      Hamburger Solidarität für ba-wü Berufsverbots-Opfer (25.11.04)

      Interview mit dem Heidelberger Berufsverbots-Opfer
      Michael Csaszkóczy (4.11.04)

      Protest gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy (3.08.04)

      Berufsverbotsverfahren gegen Realschullehrer in Heidelberg
      (11.02.04)

      Berufsverbote
      - Auch 32 Jahre nach dem Radikalenerlaß keine Entschädigung
      für Opfer (28.01.04)

 

 

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