15.04.2009

Auch Fässer mit Pestiziden,
Arsen und Blei
im "Versuchs-Endlager" Asse II

In dem einsturzgefährdeten "Versuchs-Endlager" für radioaktiven Müll, Asse II, in Niedersachsen befinden sich auch tonnenweise Giftstoffe und Pestizide. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bestätigte am Mittwoch einen Bericht des Magazins 'stern'.

Laut 'stern' lagert in dem ehemaligen Bergwerk 497 Kilogramm hochgiftiges Arsen. Bereits ein Zehntel Gramm kann für einen Menschen tödlich sein. Außer dem Halbmetall Arsen seien weiter hochgiftige Stoffe wie Pestizid-Restbestände, Quecksilber und "Tonnen von Blei" in der Asse eingelagert worden.

Giftige Stoffe wie Arsen, Quecksilber und Blei seien "grundsätzlich" in dem eingelagerten radioaktiven Abfall enthalten, sagte BfS-Sprecher Florian Emrich. Der frühere Asse-Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, habe "Hinweise auch auf eingelagerte arsenhaltige Pflanzenschutzmittel" gegeben, räumte Emrich ein. Unter den mehr als 126.000 Atommüllfässer befinden sich laut 'stern' gut ein Dutzend Fässer mit hochgiftigen Pestizid-Restbeständen unter anderem aus Bayern.

In das einsturzgefährdete "Versuchs-Endlager" dringt mindestens seit 1988 - wie erst in jüngster Zeit öffentlich eingestanden wurde - Wasser ein. Der Zufluß hat sich auf insgesamt zwölfeinhalb Kubikmeter pro Tag ausgeweitete. Bei Kontakt mit Wasser können die Giftstoffe ebenso wie die vermutlich in Asse II eingelagerten rund acht Kilogramm Plutonium zu einer Gefahr werden.

Zur Zeit inventarisiert das BfS die im Laufe der Jahre angelieferten Abfälle. Dies soll dazu dienen, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der zu großen Teilen illegal eingelagerte Müll rückgeholt werden muß. "Es ist schon bemerkenswert, daß es Hinweise auf eingelagerte Pflanzenschutzmittel gibt", sagte Emrich. Noch vor zwei Monaten hatte das BfS vor "Überraschungen" bei der Erkundung der Abfall-Fässer gewarnt. Das BfS übernahm zum Jahresanfang die Verantwortung für Asse II. Der frühere Betreiber, das Helmholtz Zentrum, das im Auftrag des Bundeswissenschaftsministeriums unter Annette Schavan zuständig war, wurde wegen der illegalen Machenschaften abgelöst.

Das BfS prüft zurzeit verschiedene Optionen zur Sanierung des rund 100 Jahre alten Bergwerks, das durch einsickerndes Wasser immer instabiler wird. Möglicherweise muß der eingelagerte Müll wieder an die Oberfläche rückgeholt werden. Dies könnte milliardenschwere Kosten und jahrelange Sanierungsarbeiten nach sich ziehen.

Udo Dettmann, Sprecher des Asse-II-Koordinationskreises, drängt auf lückenlose Aufklärung. "Es kann nicht mehr nur um den Atommüll gehen, sondern wir wollen jetzt wissen, was da unten sonst noch drin liegt." Über die Einlagerung von Arsen zeigte sich Dettmann "ziemlich überrascht und schockiert".

Neben der Gefahr durch eindringendes Wasser besteht ein nicht unerhebliches Risiko, daß sich Teile der eingelagerten Abfälle selbst entzünden und danach in die Biosphäre gelangen. So wurde in der elsässischen ehemaligen Kalimine Stocamine bei Mulhouse 1998 auf der Grundlage neuester Erkenntnisse mit der Einlagerung von Giftmüll begonnen. Stets hatte es geheißen, bei Stocamine handele es sich um die sicherste und beste Deponie Frankreichs, in die zwar hoch giftiges aber absolut unbrennbares Material "entsorgt" werde.

Über Asse II hieß es in den Broschüren der Atomlobby: "Um ganz sicher zu gehen, wurden zur Endlagerung auch nur solche Salzgebirge in Betracht gezogen, von denen man weiß, daß über die sie mit der Erdoberfläche verbindenden Schächte keinerlei Wassereinbruch zu befürchten ist."

Im September 2002 bemerkten Bergleute der neben Stocamine liegenden Kaligrube giftigen Rauch, einige Bergarbeiter trugen gesundheitliche Schäden davon. Sie verließen das Bergwerk, das dann auch für immer geschlossen werden musste, denn das "Unmögliche" war eingetreten. Der laut Werksleitung "absolut nicht brennbare Giftmüll" brannte über Wochen und war kaum mehr zu löschen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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