9.03.2014

Demo am AKW Neckarwestheim
"Atom-Ausstieg sofort!"

Demo am AKW Neckarwestheim, 9.03.2014 - Foto: Klaus Schramm
Auch nach drei Jahren Fukushima-Katastrophe läßt der Protest nicht nach. An der für Baden-Württemberg zentralen Demonstration nahe Heilbronn nahmen 3.300 Menschen teil. Und es war nur eine von vielen Protestaktionen weltweit.

Drei Jahre nach Beginn des Super-GAU in Fukushima demons­trierten am heutigen Sonntag rund 3.300 Menschen für die Realisierung des von der Parteien-Politik versprochenen Atom-Ausstiegs und für die Energie-Wende. Die Demonstration zog vom Kirchheimer Bahnhof über die Neckarbrücke zum nahegelegenen AKW Neckarwestheim. Block II, der 1989 in Betrieb ging, soll nach dem im Sommer 2011 zum zweiten Mal angekündigten Atom-Ausstieg erst im Jahr 2022 stillgelegt werden. Auf selbstgemalten Plakaten war zu lesen: "AKWs jetzt abschalten" oder "Fukushima ist überall".

In den vergangenen zwei Jahren zeigte die Partien-Politik ihre "Ernsthaftigkeit" durch eine stetig zunehmende Sabotage der Energie-Wende. Dabei wurden schon in den vergangenen 14 Jahren - ohne Unterschied welche Farben die jeweilige Regierung darbot - Atomenergie und Stromgewinnung aus Steinkohle und Braunkohle deutlich höher subventioniert als die erneuerbaren Energien.

"Es gibt keine Alternative zum Atom-Ausstieg, es gibt keine Alternative zur Energie-Wende. Statt sie mit immer neuen Bedenken und angeblichen Sachzwängen zu torpedieren, müssen sich Politik und Wirtschaft entschieden hinter die Energie-Wende stellen," sagte Heinrich Blasenbrei-Wurtz, Mitglied des Arbeitskreises Energie im BUND Baden-Württemberg. "Das abschreckende Beispiel von Fukushima ist aktuell: Die Atomkatastrophe dort dauert weiterhin an. Täglich fließen mehrere Hunderttausend Liter radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer."

Die Folgen eines atomaren Unglücks haben die Menschen bereits bei Tschernobyl gespürt. In Fukushima zeichnen sich die Schäden, die der dreifache Super-GAU hinterläßt, ebenfalls schon ab. Die Anzahl der Krebserkrankungen steigt drastisch. Die japanische Regierung betreibt unterdessen eine Vogel-Strauß-Politik. "Durch ein von der japanischen Regierung verabschiedetes Sonder-Geheimhaltungsgesetz wird uns das Recht, die Wahrheit über die AKW-Katastrophe zu erfahren, geraubt. Wie können wir dann der Sorge um die Kinder von Fukushima gerecht werden?", fragte Frau Mako Oshidori, Journalistin und Künstlerin aus Japan. "Sogar bei der Atomkatastrophe von Tschernobyl war die Evakuierungszone für Kinder größer als in Fukushima. Noch immer leben viele Menschen in Gebieten mit einer Strahlung von mehr als einem Millisievert pro Jahr." Oshidori wies darauf hin, daß die Kinder 1986 aus vergleichbar strahlenbelasteten Gebieten in Weißrußland evakuiert wurden - in Japan jedoch nicht. Sie zeigte sich zudem verwundert, daß viele Deutsche immer noch glaubten, Japan sei demokratisch und frei.

Detlev Schauwecker, deutscher Japanologe, der seit 35 Jahren in Japan lebt und sich in der Anti-AKW-Bewegung der Präfekturen Kyoto und Fukui engagiert, sagte in seinem Redebeitrag: "Die Unterdrückung der Pressefreiheit nimmt in Sachen Fukushima zu. AKW-Kritiker werden überwacht und diskriminiert. Unüberhörbare Kritik von außen kann aber auf die japanische Regierung einwirken und die unhaltbaren Zustände verbessern. Helfen Sie Japan, in dem sie ein deutliches Zeichen der Solidarität geben!"

Angesichts der Situation in Japan ist Franz Wagner vom Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn bestürzt über das Vorgehen der deutschen Regierung. "Sowohl Landes- als auch Bundesregierung schützen weiterhin die Atomwirtschaft vor den Bürgern und glauben, es wird schon keiner merken," kritisiert Wagner. "Land und Bund betreiben Vernebelung statt Verantwortung und bauen auf Kommissionen statt Konzepte."

Auch bei dem im Jahr 2000 verkündeten "Atom-Ausstieg" war die Hoffnung geweckt worden, die Atomkraftwerke würden - wenn auch nicht sofort so doch in den kommenden Jahrzehnten - stillgelegt werden. Es hieß, der Atom-Ausstieg sei "unumkehrbar." Diese Illusion wurde im Herbst 2010 durch "Schwarz-Gelb" hinweggefegt, doch erneut scheinen sich große Teile der deutschen Bevölkerung durch ein unverbindliches Versprechen vertrösten zu lassen. Neun der 17 bis zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima in Deutschland betriebenen Atom-Reaktoren sollen auf de facto unbestimmte Dauer weiterbetrieben werden dürfen. Dabei kann der nächste Super-GAU schon morgen in Deutschland - möglicherweise in Baden-Württemberg - geschehen.

Die DemonstrantInnen in Neckarwestheim tauschen mit der japanische Anti-Atom-Initiative 'Bye-Bye Genpatsu' aus Kyoto Solidaritäts-Botschaften aus. Darin heißt es: "Wir wollen eine Welt ohne Atomkraftwerke schaffen - in Japan sowie in der gesamten Welt! Wir wollen dafür mit Euch zusammen weiter kämpfen!"

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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