15.08.2007

Bankenkrise kappt Konjunktur


Stimmungsbarometer der Manager verdüstert sich

Die Stimmung von Spitzenmanagern ist in Folge der Bankenkrise auf den tiefsten Stand seit 2002 gesunken. Der Goldman Sachs Confidence Index ist in den letzten zwei Wochen dramatisch gefallen.

Der Goldman Sachs Confidence Index beruht auf den Einschätzungen von Spitzenmanagern zum Geschäftsklima und gilt als wichtiger Indikator für die Stimmung in der Wirtschaft. Die Erhebung der Investmentbank Goldman Sachs ergab nach einem rasanten Aufschwung in den vergangenen Quartalen einen Einbruch von 57 auf 33 Punkte.

Für die großen drei US-amerikanischen Auto-Konzerne GM (General Motors, zu dem auch Opel gehört), Ford und Chrysler haben sich die bereits zu Beginn dieses Jahres düsteren Aussichten weiter verdunkelt. Es zeichnet sich bereits ab, daß die in Folge der Bankenkrise verschärfte Kreditvergabe an private Kunden zu weiterer Kaufzurückhaltung führt. Über 80 Prozent der Autokäufe in den USA sind kreditfinanziert. Vor wenigen Tagen erst wurde bekannt, daß der Marktanteil von GM, Ford und Chrysler in den USA erstmals unter die Marke von 50 Prozent gesunken ist. Die anhaltende Krise der amerikanischen Auto-Konzerne ist weit von einem Ende entfernt.

Laut 'Financial Times Deutschland' hat an den Börsen ein regelrechter "Ausverkauf" eingesetzt. Trotz der gestrigen warmen Worte des EZB-Chefs Jean-Claude Trichet, die "Krise auf den Finanzmärkten" sei beendet, hält die Nervosität an den Börsen an, Aktien und Währungen sind unter heftigem Druck, Investoren befürchten weitere Ausfälle insbesondere wegen sogenannter ABCP-Papiere und laut ExpertInnen sind besonders die Landesbanken wie WestLB und SachsenLB bedroht.

Die SachsenLB ist mit ihrem Conduit Ormond Quay aktiv, bei der WestLB steht der New Yorker Ableger Brightwater und deren ABCP-Vehikel Greyhawk unter verschärfter Beobachtung. "Die Deutschen Insitute sind am ehesten möglichen Liquiditätsproblemen ausgesetzt", schreiben die Analysten des unabhängigen Researchhauses Creditsights in einem aktuellen Bericht. "Die Institute hängen am Haken. Das ist ein weiterer Risikofaktor."

Gestern forderte die Bankenkrise offenbar ein neues Opfer: Die spanische Bank Santander soll mit Milliardenkrediten in US-amerikanischen Hypothekenmarkt engagiert sein. Die hochriskanten Kredite summieren sich laut der Zeitung 'ABC' vom gestrigen Dienstag auf bis zu 2,2 Milliarden Euro. Die Darlehen stammten dem Bericht zufolge aus der Autofinanzierungs-Sparte Drive. Santander hatte jedoch wiederholt erklärt, daß die hochriskanten Drive-Kredite voll abgesichert seien. Die Santander-Bank hatte erst im vergangenen Jahr 90 Prozent an Drive für 651 Millionen US-Dollar erworben. Die Nachrichten über ein hohes Engagement der Santander-Bank in riskante US-Kredite belastete am Dienstag zeitweise auch den Euro.

Ebenfalls gestern mußte die eingangs zitierte US-Investmentbank Goldman Sachs erneut schwere Verluste bei Hedgefonds eingestehen. Der Aktienkurs der Deutsche Bank gab um 2,9 Prozent auf 94,33 Euro und der Kurs der Commerzbank um 1,5 Prozent auf 29,45 Euro nach. Santander gab um 1,7 Prozent auf 13,52 Euro nach.

Wegen der nach wie vor geringen Liquidität auf dem Kreditmarkt mußten mehrere Vermögensverwalter ihre Fonds einfrieren. Die Sentinel Management Group, die 1,6 Milliarden US-Dollar verwaltet, will keine Anteile mehr zurücknehmen. Die australische Hedge-Fonds-Gesellschaft Basis Capital gab gestern bekannt, daß einer ihrer Flagschiff-Fonds wahrscheinlich mehr als 80 Prozent seines Werts eingebüßt habe. Aus Finanzkreisen ist zu hören, daß auch die Deutsche Bank bei Basis Capital reichlich Geld angelegt hat. Die Deutsche Bank lehnte eine Stellungnahme ab.

Als besonders kritisch gelten zunehmend sogenannte Asset-Backed-Commercial-Papers (ABCP). ABCP sind Wertpapiere mit kurzer Laufzeit, die mit einem Pool an verschiedenen Vermögenswerten wie Konsumentenkrediten, Forderungen oder Hypotheken besichert sind. Laut der Ratingagentur Fitch hat der ABCP-Markt ein Volumen von rund einer Billion US-Dollar. Das entspricht 55 Prozent des US-amerikanischen und 35 Prozent des europäischen Commercial-Paper-Segments. Die zunehmende Risikoscheu der Anleger erschwert inzwischen massiv die Refinanzierung dieser ABCP-Papiere. Wegen ihrer kurzer Laufzeit müssen sie immer wieder erneuert werden, sind also auf einen liquiden Markt angewiesen. Werden die zugrunde liegenden Kredite nicht mehr bedient, erreichen die Ausfälle auch den Markt für ABCP. Aktuell ist wegen der Unsicherheit über die jeweiligen Risikopositionen kaum jemand bereit, neue ABCP zu zeichnen, weshalb der Markt auszutrocknen droht. Da sich Banken und Firmen über diesen Markt refinanzieren, kann ein zeitweiser Zusammenbruch zu ähnlichen Schieflagen führen, wie bei Düsseldorfer Industriekreditbank (IKB). Auch das IKB-Conduit Rhineland Funding war im ABCP-Markt engagiert.

Die Hypotheken-Banken American Home Mortgage, Luminent Mortgage Capital und Aladdin Capital Management sind in Schieflage geraten und die Ausfälle häufen sich. Mehrere kanadische Treuhandgesellschaften räumten ein, Probleme bei der Refinanzierung fälliger ABCP zu haben. Nach Angaben der kanadischen Ratingagentur DBRS haben 17 Emittenten in den vergangenen Tagen ABCP im Volumen von 26,6 Milliarden kanadischen Dollar ausstehen, was rund einem Viertel des gesamten kanadischen ABCP-Marktes von 116 Milliarden kanadischen Dollar entspricht. Die Emittenten haben ihre liquiditätsspendenden Banken aufgefordert, ihnen Gelder zur Verfügung zu stellen. Während einige Banken dem Wunsch der Emittenten nachkamen, lehnten andere dies ab. Zu letzteren gehört die Deutsche Bank.

Auch die 'Zeit' schreibt in ihrer heutigen Ausgabe: "Trotz der Entwarnung durch die Europäische Zentralbank scheint die Finanzkrise noch nicht ausgestanden. Während an der Wall Street der Dow Jones mit Verlusten schloss, eröffnete auch die japanische Börse im Minus."

Und die 'Los Angeles Times' schreibt: "Viele Analysten sagen, daß der wirkliche Test erst im September kommen wird, wenn Private-Equity-Firmen und Investmentbanken Investoren für schätzungsweise 330 Milliarden Dollar Schuldverschreibungen und Darlehen finden müssen, die benötigt werden, um schon angekündigte Firmenübernahmen zu finanzieren."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      EZB pumpte auch heute Milliarden
      EZB-Chef Trichet: Bankenkrise beendet
      Deutsche-Bank-Chefvolkswirt: Es kommt noch dicker (14.08.07)

      Finanzkrise zieht Kreise
      EZB pumpt weitere 48 Milliarden in den Geldmarkt
      Deutsche Bank und Commerzbank hängen mit drin (13.08.07)

      Viel Geld - viel Vertrauen?
      Viel Geld ins schwarze Loch gepumpt (11.08.07)

      Mit beschleunigtem Tempo Richtung Weltwirtschaftskrise
      EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen
      (9.08.07)

      1929 oder 1931?
      Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)

      US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
      Weltweite Schockwellen (1.08.07)

      Crash an US-Börse
      Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)

 

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