7.04.2014

Bienensterben international
Industrielle Landwirtschaft untergräbt
Lebensgrundlagen

Die Biene - ein Indikator für das Überleben der Menschheit
Das erstmals 2003 von überregionalen Medien beachtete Bienensterben greift im Norden Europas um sich. Laut einer heute von der EU-Kommission veröffentlichten Studie in siebzehn EU-Staaten starben im Winter 2012/2013 in Deutschland 13,6 Prozent der Bienenvölker.

Im Vergleich hierzu betrugen die Verluste in Deutschland im Frühling und Sommer 3,8 Prozent. Im Winter konnte in Süd- und Osteuropa eine geringere Rate des Bienensterbens verzeichnet werden. Schlechter als in Deutschland stand es hingegen im Norden und Nordwesten Europas.

Europas ImkerInnen verzeichnen durch das Bienensterben Umsatzeinbußen von rund 140 Millionen Euro jährlich. Der Schaden, der in der Landwirtschaft durch fehlende Bestäubung entsteht, ist noch viel größer. Er wird auf 20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. "Müsste das Bestäuben von Hand erledigt werden, würde jeder Apfel so viel kosten wie eine Schweizer Uhr," erklärte der Dokumentarfilmer und Bienen-Experte Markus Imhoff am Montag auf einer Konferenz in Brüssel.

Das seit 2003 auftretende Phänomen, daß Bienen vermehrt nicht zurück in ihre Stöcke finden oder verenden, ist nun offenbar auch der Europäischen Kommission zu Ohren gekommen. Bei der Lebensmittelbehörde EFSA, die auf vielfältige Weise mit der Agro-Industrie verfilzt ist und die daher einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Pestiziden in der industriellen Landwirtschaft jahrelang geleugnet hat, mußte inzwischen eine Spezialabteilung einsetzen, die "mögliche Ursachen" erforschen soll.

Mittlerweile räumt die EFSA ein, drei Pestizide aus der Gruppe der Neonikotinoide stellten "etliche Risiken für Bienen" dar. Die Nervengifte, die in der industriellen Landwirtschaft eingesetzt werden, um Insekten, unerwünschte Pflanzen und Pilze zu töten, sind 7000-fach giftiger als das altbekannte Agro-Gift DDT.

In Luxemburg ist eine dramatische Entwicklung zu verzeichnen: Ein Rückgang bei den Bienenvölkern allein in den Jahren 2010 bis 2013 um über 40 Prozent. Die Zahl der Bienenvölker ist laut Greenpeace Luxemburg von 5.580 auf 3.258 Einheiten gesunken.

Im Mai 2013 erließ die EU-Kommission ein zunächst auf zwei Jahre befristetes Verbot der drei gefährlichsten Pestizide für bestimmte Einsatzformen wie etwa auf Feldern bestimmter blühender Arten. Auf Rübenäckern und Feldern mit Wintergetreide dürfen sie allerdings weiter ausgebracht werden.

ImkerInnen und UmweltschützerInnen geht dieses Mini-Verbot nicht weit genug. Die Pestizid-Produzenten Syngenta und BayerCropScience klagten hingegen vor dem Europäischen Gerichtshof. Sie bestreiten, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und ihren Pestiziden gibt. Auch die Agrar-Verbände, die von den Großkonzernen der industriellen Landwirtschaft dominiert werden, setzen alle Hebel und LobbyistInnen in Bewegung. Sie beklagen Umsatzeinbußen von 17 Milliarden Euro jährlich durch das teilweise Pestizid-Verbot.

Doch auch in den USA (siehe unseren Artikel v. 6.03.07) und im Nahen Osten kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Massensterben von Bienen, bei denen bis zu 85 Prozent aller Bienenvölker verendeten. Jahr für Jahr sterben in den USA in jedem Winter mindestens 30 Prozent der von ImkerInnen gehaltenen Bienenvölker.

Immer mehr kritische WissenschaftlerInnen zeigen auf, daß die Folge-Erscheinungen wie etwa der vermehrte Befall durch die Varroa-Milbe auf den Einsatz von Pestiziden zurückzuführen ist.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Das Aussterben der Bienen kann
      plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)

      Rote Liste wird länger
      Auch Okapi-Bestände stark geschrumpft (26.11.13)

      Honig darf verunreinigt werden
      Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu (25.10.13)

      Flächenfraß
      Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche (13.10.13)

      Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig
      Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)

      Pestizide vernichten Amphibien
      Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)

      Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
      ist "mangelhaft" (25.10.12)

      EU-Kommission versucht Gen-Honig
      durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)

      Bio-Lebensmittel
      - nur ein Mythos? (4.09.12)

      Flächenfraß weiter lebensgefährlich
      BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)

      Bio-Landwirtschaft
      Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)

      Artenvernichtung
      Osterhase gefährdet? (4.04.12)

      Gerichtsurteil zu Gen-Honig
      Niederlage für ImkerInnen (28.03.12)

      Greenpeace deckt auf
      Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)

      Artenvernichtung beschleunigt
      Elefant und Nashorn in höchster Gefahr (3.03.12)

      Artenvernichtung
      Rote Liste wird länger (10.11.11)

      Gartenrotschwanz bald ausgerottet
      Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)

      Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
      Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig" (29.07.11)

      Neu im Supermarkt:
      Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
      Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)

      UN-Artenschutzkonferenz in Nagoya
      Mehr als nur wohlklingende Beschlüsse? (30.10.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)

      Artenschutzkonferenz zündet nächste Stufe
      zur Zerstörung der Lebensgrundlagen (18.03.10)

      Greenpeace: Salate nach wie vor
      stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)

      Bio-Landwirtschaft
      Option für Klimaschutz
      und Sicherung der Welternährung (26.01.10)

      Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch in den USA
      US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr (18.11.09)

      Bienensterben:
      Pestizide bislang verharmlost (25.06.09)

      Braunschweiger Gericht mag Gen-Honig
      Imker verliert Klage gegen BVL (12.02.09)

      Bienensterben:
      Bayer-Insektizid Clothianidin bleibt verboten (10.02.09)

      Bienentod im Maisfeld
      Guttationswasser gefährlicher als Beizmittel-Staub (5.02.09)

      Gentechnik auf dem Acker
      Honig wird zu Sondermüll (30.09.08)

      Italien verbietet Bienengift Clothianidin
      Druck der ImkerInnen erfolgreich (19.09.08)

      Steigende Pestizidbelastung
      bei konventionellem Obst und Gemüse
      Politik fördert weiterhin einseitig agro-industrielle Landwirtschaft
      (24.07.08)

      Maiswurzelbohrer erneut in Südbaden
      Millionen Bienen im Frühjahr sinnlos vergiftet (23.07.08)

      Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
      Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)

      Augsburger Verwaltungsgericht:
      Kein Schutz für Imker vor Gen-Mais
      Koexistenz obsolet (1.06.08)

      Umweltverbrechen Mais-Anbau
      Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser (18.05.08)

      Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
      Zusammenhang mit Bienensterben nun doch nachgewiesen
      (17.05.08)

      Bienensterben in Baden
      Ursache Agro-Chemikalien? (27.04.08)

      Bio-Mandarinen deutliche besser
      Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)

      Bienen-AIDS auch in Deutschland?
      ImkerInnen wehren sich gegen Anbau von BT-Mais (13.03.07)

      Bienen-AIDS in den USA
      Ist Gentechnik die Ursache? (6.03.07)

      Paprika mit Pestiziden
      Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast (2.07.04)

      Bayer und BASF
      wegen Bienensterben angeklagt (19.02.04)

      Obst- und Gemüse
      aus dem Bio-Laden (21.09.03)

      Bienensterben
      und noch ein Insektizid (14.08.03)

      Bienentod durch Imidacloprid
      Bayer-Konzern verliert Prozeß (10.07.03)

      Nach dem Bienensterben
      nun auch ein Rückgang bei den Hummeln (18.06.03)

      Bienensterben zweite Stufe (6.06.03)

      Bienensterben
      nimmt bedrohliche Ausmaße an (30.05.03)

 

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