30.01.2008

Wald-AIDS im Jahr 2007

und das Elend der Politik

Auch im zweiten Jahr von "Schwarz-Rot" vegetierte der Wald ebenso elend dahin wie in den Jahren von "Rot-Grün" - 1998 bis 2005 - und in den Jahren zuvor. Sein Elend spiegelt das Elend der Politik, die seit langem fast ausschließlich den Interessen der Wirtschaft dient.

Waldschäden von 1983 bis 2007

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Wald-AIDS, die anhaltende Immunschwäche der deutschen Wälder, hat sich in den 1980er Jahren bis Mitte der 1990er Jahre bis zu einem Niveau verschlimmert, das nun mit klimabedingten Schwankungen seit rund 10 Jahren stagniert. Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß die Verbrechen noch Jahre lang fortgesetzt werden könnten, ohne den Kollaps des Ökosystems Wald zu riskieren.

Der Zustand der Waldböden verschlechtert sich durch unaufhörlichen Schadstoffeintrag immer mehr. Seit rund fünf Jahren hat dabei der Eintrag giftiger Luftschadstoffe aus der Landwirtschaft jene aus Kraftwerken, Straßenverkehr und Hausheizungen überflügelt. Hauptverursacher von Wald-AIDS ist heute vor allem die mit staatlichen Subventionen weiter und weiter gesteigerte Massentierhaltung. Ammoniak-Emissionen und die Überdüngung der Felder mit Gülle sind die Folge. Durch Wind und Regen wird der Chemikalien-Cocktail in die Wälder verfrachtet. Das Wurzelgeflecht der Bäume und die dort lebenden Mikroorganismen, die für das Überleben der Bäume unabdingbar sind, werden mehr und mehr geschädigt. Von dieser Anklage ausgenommen kann lediglich die Ökolandwirtschaft werden, die feste Bestandsobergrenzen pro Fläche einhält.

Daß ein "Waldschadensbericht" für 2007 überhaupt von der Bundesregierung vorgelegt wurde, ist hauptsächlich der Umwelt-Organisation BUND zu verdanken. Denn im Juli 2006 kündigte der zugleich für Landwirtschaft und Wald zuständige Minister Horst Seehofer an, die bislang jährlichen "Waldschadensberichte" nur noch alle vier Jahre zu veröffentlichen. Nachdem der BUND nun auf der Grundlage von Daten aus den Bundesländern eine eigene Auswertung veröffentlichte, zog Seehofer augenblicklich nach. Während die Daten übereinstimmen, versucht Seehofer jedoch das Bild rosa zu färben und verkündet forsch eine "leichte Erholung für den deutschen Wald".

70 Prozent - also über zwei Drittel - des deutschen Waldes ist nach wie vor krank. Rund 25 Prozent der Bäume sind sogar schwer geschädigt. Bei ihnen fehlt mehr als ein Viertel der normalen Blatt- oder Nadelmasse. Dies zeigt sich auch darin, daß die dahinsiechenden Bäume irgendwann absterben. Allerdings ist der Zustand der Bäume nur mit geübtem Auge zu erkennen, zumal die Bäume vor dem Absterben rechtzeitig aus den Wäldern entnommen werden.

Laut den offiziellen Daten ging der Anteil der schwer geschädigten Bäume von 28 Prozent (2006) auf 25 (laut BUND: 26) Prozent zurück. Dafür wuchs der Anteil der Bäume der mittleren Schadensklasse von 40 auf 45 Prozent. Eichen sind sogar zu 86 Prozent krank und davon 49 Prozent schwer geschädigt. Bei der Buche sind es 85 Prozent, davon 39 Prozent schwer geschädigt.

Vor allem in Hessen und Sachsen haben sich die Schäden im Vergleich zu 2006 dramatisch ausgeweitet. So stieg in Hessen der Anteil schwer geschädigten Fichten im Verlauf des vergangenen Jahres von 20 auf 30 Prozent, bei Buchen von 43 auf 48 Prozent und bei Eichen von 44 auf 50 Prozent. In Sachsen erhöhte sich der Anteil der Fichten mit der höchsten Schadensklasse von 12 auf 18 Prozent, bei Kiefern von 12 auf 15 und bei Eichen von 29 auf 42 Prozent.

Wie bereits in den vergangenen Jahren muß erneut darauf hingewiesen werden, daß in den amtlichen Erhebungen lediglich die noch existierenden Bäume berücksichtigt und im Jahresverlauf entfernte nicht einbezogen werden. Zudem werden Sturm-, Hitze-, Trockenheits- und Insektenschäden als "Naturereignisse" eingestuft und in den offiziellen Statistiken nur unzureichend berücksichtigt.

Wenn in den vergangenen Jahren immer wieder von offizieller Seite versucht wurde, Waldschäden mit dem Klimawandel oder mit einer Borkenkäferplage zu erklären, muß immer wieder dagegen gehalten werden, daß ein gesunder Wald selbst extreme Hitzesommer wie jenen von 2003 unbeschadet übersteht. Auch der Borkenkäfer wird erst für kranke Wälder zur Gefahr. In gewissem Umfang gilt dies auch für Sturmschäden: Durch die Zerstörung des Wurzelgeflechts ist die Standfestigkeit der Bäume beeinträchtigt. Die verheerende Wirkung des Sturms Kyrill beruhte vielerorts auf vorgeschädigten und damit sturmanfälligen Fichtenwäldern. Rund 37 Millionen Kubikmeter Sturmholz fielen an und mußten eilig aus den Wäldern entfernt werden.

In verschiedenen Bundesländern wird seit Jahren mit purer Symptombekämpfung auf die Probleme reagiert. Um den massiven Säureeinträgen aus Landwirtschaft und Verkehr zu begegnen, wird beispielsweise der Waldboden in Baden-Württemberg weitflächig gekalkt. In Nordrhein-Westfalen wird mit verstärktem Holzeinschlag versucht, Ursachenbekämpfung durch Aktionismus zu ersetzen.

Gerade in Hinblick auf die herannahnde Klimakatastrophe ist ein intakter Wald als sogenannte Kohlendioxid-Senke von großer Bedeutung. Im Holz der Bäume wird der Kohlenstoff, der aus dem aufgenommenen Kohlendioxid abgespalten wird, gespeichert. Doch da die "schwarz-rote" Regierung ebenso wie die vorangegangenen nur leere Versprechungen zum Klimaschutz abgibt, ist von dieser Seite auch heute keine Hilfe für den deutschen Wald zu erwarten. So heißt es im aktuell veröffentlichten "Waldschadensbericht" wieder einmal: "Die Belastung mit Luftschadstoffen, insbesondere mit Stickstoff- verbindungen, ist weiterhin zu hoch."

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Wald-AIDS in Baden-Württemberg
      Nur drei Jahre seit 1983 waren schlimmer... (24.11.07)

      Wald-AIDS im Jahr 2006
      Haupverursacher Landwirtschaft (25.01.07)

      Seehofer will die jährlichen
      "Waldschadensberichte" canceln (14.07.06)

      Wald-AIDS im Jahr 2005
      Der Waldzustandsbericht und die Ursachen (22.01.06)

      Der Wald hat AIDS
      "Rot-Grün" schaut zu (18.03.05)

      'Wald-AIDS so schlimm wie nie zuvor' (8.12.04)

      'Wald-AIDS - Zustand schlimmer als 1983' (19.10.04)

      'WWF sieht "Rot-Grün" auf dem Holzweg'
      "Holz-Charta" offenbart Mißachtung der Wälder (3.09.04)

      'Der Wald hat AIDS'
      Aktuelle Befunde am Krankenbett (28.06.04)

      'Auch "Rot-Grün" kann nicht länger leugnen:
      Dem Wald geht's immer schlechter' (12.12.03)

      'Waldsterben trotzt Künast
      Optimismus allein nützt nichts' (23.10.03)

      'Waldsterben virulent' (29.08.03)

      'Künast zum Haartest?' (15.07.03)

 

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