16.08.2007

Börsen in Panik

Wartet der Crash noch bis September?

Gestern schien die Einschätzung noch gut begründet, "daß der wirkliche Test erst im September kommen wird."1 - doch nun geht alles schneller als selbst SkeptikerInnen zu prophezeien wagten.

Eine erneute Pump-Aktion der Fed mit sieben Milliarden US-Dollar und Nachrichten über weitere Banken und Investoren, die in Schieflage gerieten, entfachte heute (Donnerstag) eine Panik an den internationalen Börsen. Auch der DAX brach massiv ein. Seit dem 9. August addieren sich allein die Interventionen der Fed auf ein Volumen von 71 Milliarden US-Dollar.

Insbesondere Hiobsbotschaften aus den USA hatten heute die Börsen in Panik versetzt: Unter anderem wurde die Nachricht in Windeseile verbreitet, auch die US-Hypothekenbank Countrywide Financial, der größte US-Anbieter von Baufinanzierungen, sei in Schieflage geraten. Nach Einschätzung von von Merrill Lynch steht die Bank vor dem Bankrott. Zudem kursierten Berichte, daß die Ratingagentur Moody's vor dem Zusammenbruch eines großen Hedgefonds gewarnt habe. Eine der größten Private-Equity-Firmen der Welt, KKR & Co, die in Deutschland unter anderem den "Grüne Punkt", die Kfz-Kette A.T.U. und Teile von Pro Sieben Sat1 besitzt, mußte einen Firmenkauf mangels Kredit abblasen. Für Ängste sorgt auch der weitere Anstieg der Ölpreise.

In Tokio verloren die Aktien der zweitgrößten japanischen Bank Mizuho Financial vorübergehend mehr als sieben Prozent. Der auf dem US-Markt in Absatz-Schwierigkeiten geratene Auto-Konzern Toyota mußte einen Kursverlust von 2,6 Prozent hinnehmen. Weiter wird berichtet, daß morgen ein Verfall an den Terminmärkten bevorstehe.

Besonders an den asiatischen Börsen gab es heute kein Halten mehr: In Manila brach der Index um sechs Prozent ein, in Taipeh waren es 4,56 Prozent, in Seoul ließen Panikverkäufe die Börse um fast sieben Prozent abstürzen, so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte der Tokioter Börse gab um 1,99 Prozent nach. In Shanghai verlor der Index 2,14 Punkte. In Sydney fing sich die Börse nach anfänglichem Verlust von fünf Prozent und schloß mit einem Minus von 1,5 Prozent.

Der DAX hatte bis zum frühen Nachmittag 2,75 Prozent auf 7.240 Punkte. Er schloß mit 7.270. Die Verluste gingen zwar über die gesamte Bandbreite, die Banken-Kurse gehörten jedoch zu den größten Verlierern. Die Aktien der Deutschen Bank fielen in der Spitze um 4,2 Prozent, die der Commerzbank um 3,7 Prozent und die der Hypo Real Estate um 7,5 Prozent. Gegen abend konnten die Kurse mit erheblichem Aufwand ein wenig stabilisiert werden. Gegenüber ihren Jahreshöchstkursen haben die Finanztitel inzwischen mehr als 20 Prozent verloren. Der MDax weitete seine Verluste bis zum Mittag auf 3,6 Prozent aus und notierte bei 9..598 Zählern. Er fiel zum Abend fiel er um 4,4 Prozent auf 9.508 Punkte Der TecDax brach bis Mittag um 4,9 Prozent auf 831 Punkte ein und schloß bei 833 Punkten. Das Umsatzvolumen erreichte fast 15 Milliarden Euro. Die ARD meldete bereits "Panikverkäufe" und "Ausverkauf".

An der Wall Street brachen die Kurse bereits heute (Donnerstag) morgen auf breiter Front ein. Der Dow-Jones fiel in der ersten Stunde des Handels um 1,27 Prozent auf 12 696,29 Punkte. Der Index war am Vortag erstmals seit April auf unter 13 000 Punkte abgerutscht. Der weltweit bekannteste Börsenindex sackte damit gegenüber seinem erst vor wenigen Wochen verbuchten Höchststand von 14 000 Punkten um mehr als neun Prozent ab. Der S&P-500-Index gab um 1,24 Prozent nach. Der NASDAQ-Index sank um 1,28 Prozent.

Auch an den lateinamerikanischen Börsen herrschte Panik. Die Leitindizes in Brasilien, Argentinien und Chile starteten mit Verlusten von teils mehr als fünf Prozent in den Handel. Die Investoren trennten sich massiv von Staatsanleihen dieser Länder und flüchteten in die vermeintlich sicheren US-Anleihen.

Manche Kommentatoren versuchten heute zu beschwichtigen: Von einem Börsen-Crash könne mit Fug und Recht erst die Rede sein, wenn die Kurse an einem Tag um mehr als 10 Prozent einbrechen. Es wird spannend, welche Beschwichtigungsformeln in der kommenden Woche zu hören sein werden.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu auch unsere Artikel:

      Bankenkrise kappt Konjunktur
      Stimmungsbarometer der Manager verdüstert sich (15.08.07)

      EZB pumpte auch heute Milliarden
      EZB-Chef Trichet: Bankenkrise beendet
      Deutsche-Bank-Chefvolkswirt: Es kommt noch dicker (14.08.07)

      Finanzkrise zieht Kreise
      EZB pumpt weitere 48 Milliarden in den Geldmarkt
      Deutsche Bank und Commerzbank hängen mit drin (13.08.07)

      Viel Geld - viel Vertrauen?
      Viel Geld ins schwarze Loch gepumpt (11.08.07)

      Mit beschleunigtem Tempo Richtung Weltwirtschaftskrise
      EZB mußte heute 95 Milliarden Euro in den Geldmarkt pumpen
      (9.08.07)

      1929 oder 1931?
      Deutsche Bankmanager mit Fracksausen (3.08.07)

      US-Immobilienkrise erfaßt deutsche Bankenbranche
      Weltweite Schockwellen (1.08.07)

      Crash an US-Börse
      Beginn der Weltwirtschaftskrise? (27.07.07)

 

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