16.04.2009

Aufstehn
für ein freies Internet

CCC will "Zensursula" besuchen

Der Chaos Computer Club (CCC) will morgen (Freitag) vormittag gegen die von Familienministerin Ursula "Zensursula" von der Leyen unter dem Vorwand des "Kampfes gegen Kinderpornographie" betriebene Internet-Zensur demonstrieren. Zum einen enthalten laut CCC die mit Hilfe von schwarzen Listen gesperrten Internet-Seiten oft gar keine Kinderpornographie, zum anderen könnten alsbald "ohne jegliche gesetzliche Grundlage (...) unliebsame Inhalte nach Gutdünken des Bundeskriminalamtes (BKA)" gesperrt und gefiltert werden. Eine Auswertung der finnischen Zensurliste durch einen Internet-Aktivisten ergab jedenfalls, daß von 1.047 gesperrten Internet-Seiten nur neun Seiten eindeutig kinderpornographisches Material enthalten haben sollen.

"Der erste deutsche Zensurvertrag soll unter Dach und Fach gebracht werden," erklärt der CCC in seinem Aufruf zur morgigen Mahnwache vor dem Bundespresseamt. Dort will "Zensursula" mit fünf der größeren Internet-Provider Verträge zur Sperrung von Internet-Seiten unterzeichnen und dies hernach als persönlichen Erfolg vor der Öffentlichkeit vermarkten.

Welche Seiten gesperrt werden sollen, ist auch den Internet-Providern nicht bekannt, da diese erst danach vom BKA täglich aktualisierte schwarze Listen zugestellt bekommen sollen. Da die schwarzen Listen geheim bleiben sollen, ist keinerlei demokratische Kontrolle über diesen Eingriff in die grundgesetzlich verbriefte Meinungs- und Medien-Freiheit möglich.

Nach Einschätzung des CCC werden die fünf Internet-Provider "knallhart erpreßt." Ihnen werde gedroht, ansonsten in einem Atemzug mit Kinderschändern genannt zu werden. Dabei sei allgemein bekannt, daß Kindesmißbrauch mit den geplanten schwarzen Listen nicht bekämpft werden kann. Die Verbreitung von Bildern und Filmen mißbrauchter Kinder ließe sich einfacher verhindern: Ginge es ihr wirklich darum, könnte "Zensursula" die Betreiber der Server mit den Mitteln des Rechtsstaats belangen. Die Strafverfolgungsbehörden könnten die Anbieter und Produzenten effektiv verfolgen, tun es aber nicht. Denn eine bessere Ausstattung und mehr Zusammenarbeit der Ermittler sind nicht geplant. Damit entsteht erst der angeblich rechtsfreie Raum, der als Vorwand zur Einführung der Internet-Zensur genutzt werden kann.

Nach Auswertung verschiedener schwarzer Listen aus anderen Staaten wie beispielsweise Australien fand Florian Walther heraus, daß die meisten wegen Kinderpornographie gesperrten Webseiten auf Servern in den USA, Kanada, Australien und Europa liegen, "also in Staaten, in denen eine strafrechtliche Verfolgung durchaus möglich ist".

Im Aufruf des CCC heißt es:
"Wer keine Lust mehr hat auf die dreisten Lügen, wer was dagegen hat, dass Zensursula mit dem BKA geheime Sperrlisten ohne jegliche Gesetzesgrundlage vereinbart, wer offenen Verfassungsbruch nicht toleriert, wer ein unzensiertes Internet genauso wichtig findet wie wir, der nimmt seinen Hund, seine Kinder und alle seine Freunde und Kollegen am Freitag, dem 17. April 2009, mit zum Reichstagsufer am S-Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte.

Wir wissen, dass 9 Uhr eine Herausforderung ist, aber die Devise lautet: Aufstehn für ein freies Internet!

Wann?

  • Am Freitag, den 17. April 2009
  • Zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr

Wo?

  • Vor dem Presse- & Besucherzentrum der Bundesregierung
  • Reichstagsufer 14 | U- und S-Bhf. Berlin-Friedrichstraße

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Easterhegg des CCC in Hamburg
      Ein Treffen nicht nur für Computerfreaks (13.04.09)

      wikileaks.de gesperrt
      Beginn der Internet-Zensur in Deutschland? (11.04.09)

      Greenpeace in Frankreich bespitzelt
      Kam der Auftrag von EdF? (1.04.09)

      Hausdurchsuchung bei Inhaber der Domain wikileaks.de
      Aktionismus gegen Kinderpornographie
      als Vorwand für politische Zensur (25.03.09)

      Ohne V-Leute würde NPD zusammenbrechen
      Baden-Württembergs Innenminister Rech plaudert (8.03.09)

      Bundesverfassungsgericht stoppt Wahl-Computer
      Die Manipulierbarkeit von elektronischen Speichersystemen,
      'Wikipedia' und Internet-Umfragen (3.03.09)

      Aktionismus gegen Kinderpornographie
      zielt auf Zensur des Internets
      Im Visier ist das letzte Kommunikationsfeld
      für freie linke Nachrichten (1.02.09)

      Schweizer Atomwaffen-Skandal
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      Neues "Verbraucherinformationsgesetz"
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      Totalüberwachung der Konten (21.11.04)

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      "Rot-Grün" im Überwachungswahn (8.05.03)

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