3.12.2009

Erwartungen an den Klimagipfel
in Kopenhagen?

Entscheidend sind nicht Worte, sondern Taten

Im Vorfeld des ab kommendem Montag, 7. Dezember, in Kopenhagen stattfindenden Welt-Klimagipfels wurden die Erwartungen in den Mainstream-Medien bereits sehr tief gehängt. Um so leichter wird es fallen, etwaige wolkige Absichtserklärungen als großartige Erfolge zu verkaufen. Doch gleichgültig, ob das Gipfeltreffen in einem Fiasko enden wird, ob Unverbindliches in Vereinbarungen hineingeschrieben wird oder ob gar "substantielle" Verpflichtungen vertraglich "fest"-geschrieben werden - entscheidend für die Zukunft dieses Planeten ist nicht, welche Worten auf irgendwelchen Treffen fallen, sondern welche Taten zwischen solchen Medien-Ereignissen den Klimawandel bremsen oder ihn im Gegenteil sogar forcieren.

Und die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, daß auf die Worte von hohen PolitikerInnen ebenso wenig Verlaß war, wie auf die Wahlversprechungen eines Barack Obama aus den Jahren 2007 und 2008.

Bereits vor über zwanzig Jahren war klar, wohin der ungehemmte Ausstoß von Klimagasen führen würde - auch wenn eine Vielzahl von WissenschaftlerInnen noch bis vor wenigen Jahren die Realität des globalen Treibhaus-Effektes in Abrede stellten. Bereits der 1987 veröffentlichte Bericht "Our common future" einer UN-Kommission enthielt eine deutliche Warnung vor den drohenden menschengemachten Klimaveränderungen auf unserem Planeten.

1990 fand eine gleichnamige UN-Konferenz im norwegischen Bergen statt. Resultat: Das Jahr 1990 wurde als Referenzjahr festgelegt, von dem ab "Verpflichtungen" zur Reduzierung von Klimagasen gerechnet werden sollten. Ein Beschluß über Maßnahmen, zu denen sich die teilnehmenden Staaten verpflichten könnten, wurde verschoben.

1992 fand die vielzitierte Konferenz in Rio statt. Es wurde eine "Rahmenkonvention" verabschiedet - wiederum ohne konkrete Verpflichtungen.

1993 wurde William "Bill" Clinton US-Präsident und zusammen mit seinem Vize Al Gore deklarierte er die Initiative für ein Weltklima-Abkommen mit dem Ziel, bis 2010 eine weltweite Minderung der Treibhausgase um 50 Prozent zu erreichen.

Ab 1995 startete - in Berlin - die Serie der Weltklimakonferenzen. Von Beginn an aber trat die US-amerikanische Delegation als Bremser auf. Der als klimapolitischer Hoffnungsträger gehandelte Al Gore erschien schon gar nicht mehr zur Konferenz, um nicht in Verlegenheit zu kommen, dafür gerade stehen zu müssen.

Das Klimaprotokoll, das seine Bezeichnung einer dieser Konferenzen in Kyoto (1997) verdankt, war in seinen Grundelementen im Jahr 2001 fertig. Mittlerweile war George W. Bush US-Präsident geworden. Aber schon zuvor war klar, daß die USA das Abkommen nicht mittragen würden, obwohl es in seinen Verpflichtungen weit hinter den von ihnen selbst einst vertretenen Zielsetzungen zurückblieb - im Schnitt sechs Prozent Emissionsminderung bis 2012. Und das allein für Industriestaaten, obwohl das von der UN eingesetzte 'Intergovernmental Panel on Climate Change' (IPCC) eine weltweite Minderung um mindestens 40 Prozent bis 2020 als erforderlich erachtet.

Das Kyoto-Protokoll selbst trat erst im Februar 2005 in Kraft, weil erst durch den Beitritt Rußlands das vereinbarte Staatenquorum erreicht war. Zu diesem Zeitpunkt waren die weltweiten Klimagas-Emissionen seit 1990 um etwa 40 Prozent gestiegen - schneller als je zuvor, und das trotz des zwischenzeitlichen Zusammenbruchs der russischen Wirtschaft.

Mittlerweile ist bekannt, daß mit dem Kyoto-Protokoll die versprochenen Ziele nicht erreicht wurden und im Gegenteil der weltweite Ausstoß von Kohlendioxid - auch in Deutschland - in den vergangenen Jahren weiterhin zunahm oder allenfalls stagnierte. Neben dem Fehlen einer positiven Wirkung - die PR-Wirkung einmal beiseite gelassen - , macht sich nun jedoch eine erschreckende negative Wirkung bemerkbar: Urwälder werden abgeholzt, weil entsprechend dem Kyoto-Protokoll Wiederaufforstung finanziell gefördert wird - der Schutz der Urwälder aber nicht.

In Studien wiesen WissenschaftlerInnen um Gustavo da Fonseca von der Organisation 'Conservation International' sowie der University of California nach: Das Kyoto-Protokoll treibt die Rodung intakter Regenwälder voran. Damit wird der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre zusätzlich gesteigert.

Ursächlich ist der Teil des Kyoto-Protokolls der den internationalen Emissions-Handel regelt. Doch dieser diente den Industrienationen bislang lediglich zu einer weiteren verdeckten Subventionierung der Strom-Konzerne. Ebenso profitieren nun Staaten und Konzerne, die Regenwälder abholzen, um dort Holz- oder Palmöl-Plantagen anpflanzen, weil die Setzlinge später Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden. Sie stellen dann - im Neusprech sogenannte - Kohlendioxid-Senken dar, die den Ausstoß der Kohlendioxid-Quellen, also: der Kraftwerke und Industrie, ausgleichen sollen. Doch dieser Ausgleich findet nur auf dem Papier statt, da die vorangegangene Zerstörung nicht in die Berechnung eingeht.

Staaten, die ihre Regenwälder schützen, gehen leer aus - eine Gesetzeslücke, die naive Gemüter als unbeabsichtigt interpretieren mögen. "Wer nichts verkaufen kann, da seine Wälder intakt sind, der holzt jetzt eben erst ab, damit auch diese Länder am Carbon Trading verdienen", beschrieb der Wissenschaftler Gustavo da Fonseca die seiner Ansicht nach pervertierte Situation.

Die USA drücken sich nach wie vor, überhaupt auch nur auf dem Papier irgendwelche konkreten Verpflichtungen zur Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes einzugehen. US-Präsident Barack Obama versucht geschickt, darüber hinwegzutäuschen, indem er "nationale Klima-Ziele" verkündet. Nebenbei wischt er das Kyoro-Protokoll beseite und wird mit seinen neuen Versprechungen, die noch vager sind als die im Kyoto-Protokoll enthaltenen, in den Mainstream-Medien gefeiert. Es ist allerhöchste Zeit, daß sich die Erkenntnis um die Folgenlosigkeit sämtlicher bisherigen 14 internationalen Klimakonferenzen verbreitet. Ihre einzige Wirkung bestand darin, den Regierungen als Feigenblatt für nationale Untätigkeit zu dienen - nach dem Motto "global reden - national aufschieben" wie es Hermann Scheer, Präsident von Eurosolar und Träger des Alternativen Nobelpreises, ausdrückte.

So bleibt nurmehr die Hoffnung, daß sich weltweit eine Basisbewegung zum Schutze des Klimas bildet, die all die Maßnahmen durchsetzt, von denen auf Gipfeltreffen nur geredet wird. Eine zweite - vage - Hoffnung bleibt, daß die Weltwirtschaftskrise zu einem Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen führt und so zumindest für einen gewissen zeitlichen Aufschub sorgt, bis sich eine solche weltweite Allianz gegen Regierungen und wirtschaftliche Interessen durchsetzen kann.

Mit den bislang als "ambitioniert" dargestellten Zielvorgaben, die im Vorfeld der Klimakonferenz von von Kopenhagen in den Mainstream-Medien kursieren, könnte nicht einmal die als äußerstes Limit eingeschätzte "Zwei-Grad-Grenze" eingehalten werden. Der renommierte US-amerikanische Klimaforscher James Hansen weist darauf hin, daß es auf der Erde zuletzt vor über einer Million Jahren um zwei Grad wärmer war und der Meeresspiegel um mehrere Meter höher lag. Hansen meint in einem aktuellen Interview mit dem britischen 'Guardian', es wäre das kleinere Übel, wenn in Kopenhagen kein Ergebnis zustande käme. Denn jedes Abkommen, das unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen ausgehandelt würde, sei für diesen Planeten schlechter als gar keines. Wenn - wie von vielen Seiten hoffnungsfroh erwartet - ein Abkommen herauskäme, das dem von Kyoto gliche, wäre dies laut Hansen ein Desaster: "Der gesamte Ansatz ist so grundfalsch, daß es besser wäre, die Situation neu zu bewerten."

Auch Hansen bewertet den von etlichen Regierungen präferierten Emissions-Handel als Irrweg. Er vergleicht diesen mit dem Ablaßhandel der katholischen Kirche im Mittelalter, der keineswegs die Nachfrage nach Ablaßscheinen bremste. Hansen wurde aktuell in seiner Skepsis bestätigt, da nun gerade in Dänemark ein betrügerischer Handel mit Emissions-Rechten aufflog. Kriminelle hatten eine Gesetzes-Lücke bei der Mehrwertsteuer ausgenutzt.

Nach dem Rat des von Tausenden von KlimawissenschaftlerInnen unterstützten IPCC müßten in den Industrieländern die Klimagas-Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent unter die Werte von 1990 und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent unter die Werte von 1990 reduziert werden. Die USA gehen mit einer Position in die Verhandlungen, ihre Emissionen bis 2020 um 17 Prozent gegenüber den Werten von 2005 zu senken. Dies bedeutet umgerechnet auf das Referenzjahr 1990 eine Senkung um nur 3 Prozent. Dabei beträgt der Anteil der USA an den globalen Klimagas-Emissionen derzeit 20,2 Prozent. Die EU verspricht eine Reduktion um 20 Prozent bis 2020 gegenüber dem Referenzjahr 1990 und will auf 30 Prozent erhöhen, falls sich andere Staaten bewegen. Doch selbst wenn am Ende in Kopenhagen die von IPCC geforderten 25 bis 40 Prozent vereinbart würden, gibt es nach den bisherigen Erfahrungen mit solchen Versprechen keinen Anlaß, auf deren Einhaltung zu vertrauen.

Nach Berechnungen des Beratungsunternehmen EcoFYS ist im Gegenteil zu erwarten, daß sich die Klimagas-Emissionen bis 2040 gegenüber dem Referenzjahr 1990 verdoppeln. Damit würde sich dieser Planet voraussichtlich um 3 bis 4 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts erwärmen und käme so auf jeden Fall in den gefährlichen Bereich. Erst ab 2040 würden - ein Abkommen vorausgesetzt - die Emissionen wieder sinken.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Klimawandel beschleunigt
      Ost-Antarktis verliert Eis (2.12.09)

      Klima: Ökosysteme in Südostasien
      immer stärker beeinträchtigt (7.10.09)

      BUND kritisiert IAA:
      Ausgestellte Serienmodelle nicht klimaverträglich (17.09.09)

      Schmelzen des Arktis-Eises
      und Gefahr des Klima-Kollaps (3.09.09)

      Klimaschutz durch Verzicht auf Fleisch
      Vegetarische Ernährung könnte bis 2050 die Klima-Kosten
      um über 20.000 Milliarden US-Dollar reduzieren (17.07.09)

      Klima:
      Zerstörung der Korallenriffe in der Karibik (24.06.09)

      Klima-Konferenz in Bonn wie zu erwarten ohne Ergebnisse
      Obama produziert nur heiße Luft (12.06.09)

      Klima:
      Unverminderter Gletscherschwund in den Alpen (10.04.09)

      Neue Klimastudie: Beschleunigtes Tempo
      Kipp-Punkt näher als bislang vorhergesehen (16.02.09)

      Lebensgrundlage der Weltmeere bedroht
      Klimawandel entzieht den Sauerstoff (9.02.09)

      Klima: Naturkatastrophen sorgen für
      wachsende Kosten der Versicherungs-Konzerne
      2008 war schadenreichstes Jahr seit über 100 Jahren (30.12.08)

      Klima: Erneut Extremsituation in der Arktis
      PolitikerInnen handeln entgegen ihren Versprechungen (18.09.08)

      Alte Wälder schlucken mehr Kohlendioxid
      Wald-AIDS in Deutschland beschleunigt Klimawandel (17.09.08)

      Sturm geerntet
      Hurrican 'Ike' verursacht Schäden
      von 80 bis 100 Milliarden US-Dollar (14.09.08)

      Klima vor Kipp-Punkt
      Erdgeschichte: Plötzliche klimatische Veränderungen... (7.09.08)

      Wissenschaftliche Studie:
      Intensität der Wirbelstürme nimmt zu (4.09.08)

      Baden-Württemberg: Klima verändert sich schneller
      als von wissenschaftlichen Prognosen vorhergesagt (23.06.08)

      EEG bremst erneuerbare Energien:
      Wachstum der Photovoltaik stagnierte 2007 in Deutschland (6.05.08)

      WWF: Eis der Arktis schmilzt schneller als erwartet
      Bereits im Sommer 2013 eisfrei? (25.04.08)

      Klimaforscher James Hansen: Erde an kritischem Punkt (6.04.08)

      Emissionshandel kein Instrument für Klimaschutz:
      487 Millionen Tonnen mehr Kohlendioxid (2.04.08)

      Agro-Treibstoffe
      In "Bio"-Diesel steckt Sojaöl aus Urwaldzerstörung (2.04.08)

      Gigantischer Eisblock bricht in der Antarktis ab
      Klimakatastrophe rückt näher (25.03.08)

      Tempo des Klimawandels steigt
      Beschleunigtes Schmelzen der Gletscher (15.03.08)

      Klimawandel in der Antarktis
      bedroht Königspinguine (26.02.08)

      Auch die Antarktis schmilzt schneller als bisher erwartet (14.01.08)

      Deutsche nehmen Klimaschutz ernst
      70 Prozent befürworten Erneuerbare Energien vor Ort (20.12.07)

      Bali: Eine Bilanz (15.12.07)

      Nordpol schmilzt schneller als je zuvor
      Klimakatastrophe ist nicht nur ein Wort (13.12.07)

      Klima: Tigermücke nördlich der Alpen
      Klimakatastrophe bringt Tropenkrankheiten (26.11.07)

      Bundesregierung blockiert beim Klimaschutz
      Kraft-Wärme-Kopplung per Gesetz ausgebremst (14.11.07)

      Jugendalkoholismus, Existenzangst
      und Klimakatastrophe (26.10.07)

      Bundesregierung predigt Klimaschutz und bremst Ökostrom
      Zuwachs bei Blockheizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung
      wird weiter blockiert (24.10.07)

      Der große Betrug mit "Bio-Sprit"
      Agro-Treibstoffe heizen die Klimakatastrophe an (13.09.07)

      Arktis-Eis schmilzt dramatisch schnell
      Mit Vollgas in die Klimakatastrophe (2.09.07)

      Kabinettsklausur in Schloß Meseberg
      Ein Gipfel an Klima-Heuchelei (25.08.07)

      Jahrhundertüberschwemmungen in China
      Wetter-Chaos weltweit (12.07.07)

      Erneuerbare Energien
      mit gebremstem Wachstum (8.07.07)

      UN warnt vor weiterer Ausbreitung der Wüsten
      Rückkopplung mit Klimakatastrophe (29.06.07)

      Wasser,
      globale Umweltzerstörung und Klimakatastrophe (14.05.07)

      Verkehr verursacht 80 Milliarden Euro an externen Kosten
      Staat subventioniert Straßenverkehr
      und fördert Klimakatastrophe (8.05.07)

      Ökosteuer wirkungslos
      Heuchelei beeindruckend (16.04.07)

      Anstieg beim Kohlendioxidausstoß
      Seit Jahren nur leere Versprechen (2.04.07)

      EU bremst Klimaschutz (9.03.07)

      Klimakatastrophe und Monsune
      Dürreperioden und sintflutartige Niederschläge wechseln sich ab
      (2.12.06)

      Wilma und die
      kommende Klimakatastrophe (24.10.05)

      Alpen zerbröseln
      Klimakatastrophe rückt näher (5.10.06)

      Nordpol schmilzt
      Klimakatastrophe rückt näher (19.09.06)

      Klimakatastrophe und Polarmeere
      Neue wissenschaftliche Erkenntnisse (17.05.05)

      Klimakatastrophe zeigt sich
      bereits an Erwärmung der Ozeane (26.02.05)

      Deutscher "Klimaschutz"
      ohne Substanz (15.02.05)

      War da was?
      Klima? - kein Thema! (5.09.04)

      Vorgeschmack
      für Boscastle und Istambul (17.08.04)

      Mit uns die Sintflut
      Hurrikan "Charley" wütete in Florida (15.08.04)

      Vorgeschmack
      oder Vorhölle (7.08.04)

      Vorgeschmack
      auf die Klimakatastrophe (18.07.04)

      MONITOR:
      Rot-Grüne Klimapolitik? (5.06.04)

 

neuronales Netzwerk